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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Miene hatte Loulou beschlossen, sich in die Sonne zu legen, und kehrte den Leuten den Rücken. Fliegen umschwärmten ihn. Da dachte Lazare an die verflossenen Jahre, an das, was nicht mehr war, und das, was an Neuem und Häßlichem in sein Leben getreten war. Er warf noch einen Blick auf den Hof.
    »Mein armer Mathieu!« murmelte er ganz leise.
    Auf der Freitreppe empfing ihn Véronique mit einem Kopfnicken, ohne beim Möhrenputzen innezuhalten. Aber er ging geradewegs ins Eßzimmer, wo sein Vater, erregt vom Lärm der Stimmen, wartete. Pauline rief schon an der Tür:
    »Denk bloß, er ist allein gekommen, Louise ist in Clermont.«
    Chanteau, dessen ruhige Blicke sich aufhellten, befragte seinen Sohn, noch ehe er ihn küßte.
    »Du erwartest sie hier? Wann will sie nachkommen?«
    »Nein, nein«, erwiderte Lazare. »Ich hole sie bei ihrer Schwägerin ab, bevor ich nach Paris zurückkehre ... Ich bleibe vierzehn Tage bei euch, dann ziehe ich wieder los.«
    Chanteaus Blicke brachten eine große stumme Freude zum Ausdruck; und als Lazare ihn endlich küßte, gab er ihm zwei kräftige Küsse zurück. Er hielt es jedoch für notwendig, sein Bedauern auszudrücken.
    »Wie ärgerlich, daß deine Frau nicht hat kommen können, wir hätten uns so gefreut, sie bei uns zu haben! Ein andermal mußt du sie uns dann unbedingt herbringen.«
    Pauline schwieg und verbarg ihre innere Erschütterung unter dem zärtlichen Willkommenslachen. Alles änderte sich also wieder einmal, sie würde nicht fortgehen, und sie hätte nicht zu sagen vermocht, ob sie glücklich oder ärgerlich darüber war, so sehr wurde sie zum Spielball der anderen. Im übrigen lag in ihrer Heiterkeit Trauer, Trauer darüber, daß sie Lazare gealtert wiederfand, mit erloschenem Auge, bitterem Mund. Sie kannte diese Falten gut, die ihm Stirn und Wangen durchschnitten; aber die Furchen hatten sich vertieft, sie erriet daraus, daß Langeweile und Entsetzen sich in ihm verdoppelt hatten. Er schaute sie ebenfalls an. Ohne Zweifel schien es ihm, als habe sie sich entwickelt, an Schönheit und Kraft zugenommen, denn er murmelte, nun ebenfalls lächelnd:
    »Teufel! Ihr habt nicht gelitten während meiner Abwesenheit. Ihr seid alle gut bei Leibe ... Papa wird immer jünger, Pauline sieht prächtig aus ... Komisch, das Haus kommt mir auch größer vor.«
    Er blickte im Eßzimmer in die Runde, so wie er sich prüfend im Hof umgesehen hatte, überrascht und bewegt. Sein Blick blieb schließlich an Minouche hängen, die auf dem Tisch lag, die Pfoten wie zu einem Muff zusammengelegt, so in ihre Katzenglückseligkeit versunken, daß sie sich nicht rührte.
    »Und auch Minouche wird nicht älter«, begann er wieder. »He, du Undankbare, du könntest mich ruhig wiedererkennen!«
    Er streichelte sie, und sie begann zu schnurren, ohne sich deshalb zu rühren.
    »Oh! Minouche kennt nur sich«, sagte Pauline heiter. »Vorgestern hat man ihr wieder fünf Junge getötet. Du siehst, das stört sie kaum.«
    Das Abendessen wurde früher aufgetragen, weil Lazare zeitig zu Mittag gegessen hatte. Trotz der Bemühungen des jungen Mädchens verlief der Abend traurig. Dinge, die nicht gesagt wurden, machten die Unterhaltung befangen; und hin und wieder trat Schweigen ein. Sie vermieden es, ihm Fragen zu stellen, da sie sahen, daß er nur gezwungen antwortete; sie suchten nicht zu erfahren, wie seine Geschäfte in Paris standen und weshalb er sie erst von Caen aus benachrichtigt hatte. Mit einer unbestimmten Bewegung schob er die allzu direkten Fragen beiseite, als wollte er die Antworten auf später verschieben. Als der Tee eingeschenkt war, stieß er nur einen tiefen Seufzer der Befriedigung aus. Wie wohl fühlte man sich hier, und welche Arbeit würde man in dieser großen Ruhe schaffen können! Er erwähnte ein Drama in Versen, an dem er seit sechs Monaten arbeitete. Seine Cousine war höchst erstaunt, als er hinzufügte, daß er es in Bonneville zu vollenden gedächte. Ein Dutzend Tage müßten genügen.
    Um zehn Uhr kam Véronique und sagte, das Zimmer von Herrn Lazare sei fertig. Aber als sie ihn im ersten Stock in dem ehemaligen Gastzimmer einquartieren wollte, das man für das Ehepaar hergerichtet hatte, wurde er ärgerlich.
    »Du glaubst doch nicht, daß ich da drin schlafen werde! Ich schlaf in meinem kleinen Eisenbett.«
    Das Hausmädchen brummte. Warum diese Laune? Nachdem das Bett nun einmal gemacht war, wollte er doch wohl nicht von ihr verlangen, ein anderes herzurichten?
    »Es ist

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