Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
Anstrengung:
    »Natürlich, ich werde es zurückgeben, und das wird sogar eine große Erleichterung für uns sein. Du siehst, wessen man uns schon beschuldigt ... Wahrhaftig, es kommt noch so weit, daß man an sich selber zweifelt; ich würde hundert Sous geben, um es heute abend nicht mehr in meinem Sekretär zu haben. Und außerdem hätte man es auf jeden Fall zurückgeben müssen.«
    Da Doktor Cazenove am nächsten Tag in Bonneville seine sonnabendlichen Krankenbesuche machte, sprach Frau Chanteau gleich zu ihm von dem großen Dienst, den er ihnen aus Freundschaft erweisen sollte. Sie gestand ihm die Sachlage ein, bekannte, daß das Geld beim Zusammenbruch der Fabrik verschlungen worden war, ohne daß man jemals den Familienrat befragt hatte; dann sprach sie mit Nachdruck von der geplanten Heirat, vom Band der Liebe, das sie alle vereinte und das der Skandal eines Prozesses zerreißen würde.
    Bevor der Doktor seine Hilfe zusagte, wünschte er mit Pauline zu sprechen. Seit langem fühlte er, daß sie ausgebeutet, nach und nach aufgezehrt wurde; wenn er aus Furcht, ihr Kummer zu bereiten, bis dahin hatte schweigen können, so war es jetzt, da man versuchte, ihn zum Mitschuldigen zu machen, seine Pflicht, sie zu warnen. Die Angelegenheit wurde im Zimmer des jungen Mädchens besprochen. Die Tante wohnte dem Beginn der Unterredung bei; sie hatte den Doktor begleitet, um zu erklären, daß die Heirat jetzt von der Mündigkeitserklärung abhänge, denn niemals würde Lazare einwilligen, seine Cousine zu heiraten, solange man ihn beschuldigen könne, die Rechnungslegung umgehen zu wollen. Dann zog sie sich zurück und tat so, als wolle sie keinen Druck auf die Gedanken jener ausüben, die sie schon jetzt ihre innigst geliebte Tochter nannte. Sogleich flehte Pauline ganz gerührt den Doktor an, ihnen den heiklen Dienst zu erweisen, dessen Notwendigkeit man soeben in ihrer Gegenwart erläutert hatte. Vergeblich versuchte er, sie über ihre Lage aufzuklären: sie entäußere sich, sie begäbe sich jeglichen Regreßanspruchs. Er ließ sogar seine Angst vor der Zukunft, vor dem völligen Ruin, vor Undankbarkeit und vor viel Leid durchblicken. Bei jedem Pinselstrich, mit dem er das Bild immer schwärzer malte, erhob sie Einspruch, weigerte sie sich zuzuhören, zeigte eine fieberhafte Eile. Opfer zu bringen.
    »Nein, lassen Sie es mich nicht bereuen. Ich bin ein Geizhals, wenn es auch nicht so aussieht, es fällt mir schon schwer genug, mich zu überwinden ... Sollen sie alles nehmen! Ich überlasse Ihnen den Rest, wenn sie mich dafür mehr lieben wollen.«
    »Kurzum«, fragte der Doktor, »Sie berauben sich also aus Freundschaft für Ihren Cousin?«
    Sie errötete, ohne zu antworten.
    »Und wenn Ihr Cousin Sie später einmal nicht mehr lieben sollte?«
    Fassungslos schaute sie ihn an. Ihre Augen füllten sich mit schweren Tränen, und aus ihrem Herzen brach der Schrei empörter Liebe hervor:
    »O nein! O nein! Warum bereiten Sie mir solchen Schmerz!«
    Da willigte Doktor Cazenove ein. Er fühlte nicht den Mut in sich, aus diesem großen Herzen die Illusion der Liebe durch eine Operation zu entfernen. Nur zu rasch würde sich die Härte des Daseins zeigen.
    Frau Chanteau führte den Feldzug mit einer erstaunlichen intriganten Überlegenheit. Dieser Kampf verjüngte sie. Sie war von neuem nach Paris gereist und hatte die notwendigen Vollmachten mitgenommen. Rasch wurden die Mitglieder des Familienrates für ihre Ideen gewonnen; sie hatten sich im übrigen niemals Gedanken um ihre Aufgabe gemacht: Sie brachten ihr die übliche Gleichgültigkeit entgegen. Die Verwandten von der Seite der Quenus, die Vettern Naudet, Liardin und Delorme, waren ihrer Meinung; und von den drei Verwandten von der Seite Lisas brauchte sie nur Octave Mouret zu überzeugen, weil sich die beiden anderen, Claude Lantier und Rambaud, die zur Zeit in Marseille waren, damit begnügt hatten, ihr eine schriftliche Zustimmung zu schicken. Sie hatte allen eine rührende und verworrene Geschichte erzählt, von der Zuneigung des alten Arztes von Arromanches für Pauline, von seiner vermutlichen Absicht, dem jungen Mädchen sein Vermögen zu hinterlassen, wenn man ihm gestattete, sich ihrer anzunehmen. Was Saccard betraf, so gab er ebenfalls nach, nachdem ihn Frau Chanteau dreimal besucht und auf den großartigen Gedanken gebracht hatte, die Buttersorten des Cotentin dank eines neuen Transportsystems aufzukaufen. Und so wurde Pauline durch den Familienrat für

Weitere Kostenlose Bücher