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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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sagen:
    »Pauline, bist du da? ... Komm doch und richte mich ein wenig auf, ich kann so nicht liegenbleiben ... Versuchen wir es auf der linken Seite, ja?«
    Rührung überkam ihn, er bat sie um Verzeihung, daß er nicht nett zu ihr gewesen. Zuweilen wollte er, daß sie Mathieu hereinließ, damit er weniger allein sei, denn er bildete sich ein, daß die Anwesenheit des Hundes günstig für ihn sei. Aber er hatte vor allem in Minouche eine treue Gefährtin, denn sie schwärmte für abgeschlossene Krankenzimmer, sie verbrachte jetzt die Tage in einem Sessel gegenüber dem Bett. Die allzu heftigen Klagen schienen sie jedoch zu befremden. Wenn er schrie, blieb sie auf ihrem Schwanz sitzen und sah zu, wie er litt, mit ihren runden Augen, in denen das unwillige Erstaunen einer in ihrer Seelenruhe gestörten weisen Person glänzte. Warum machte er all diesen unangenehmen und unnützen Lärm?
    Jedesmal wenn Pauline Doktor Cazenove hinausbegleitete, bat sie ihn flehentlich:
    »Können Sie ihm denn nicht eine Morphiumspritze geben? Mir bricht das Herz, wenn ich ihn höre.«
    Der Doktor weigerte sich. Wozu? Der Anfall würde um so heftiger wiederkommen. Da das Salizylpräparat das Übel anscheinend verschlimmert hatte, wollte er lieber kein neues Heilmittel versuchen. Jedoch sprach er davon, die Milchkost auszuprobieren, sobald das akute Stadium des Anfalls vorüber wäre. Bis dahin absolute Diät, harntreibende Getränke und nichts sonst.
    »Im Grunde«, wiederholte er, »ist er ein Schlemmer, der die guten Bissen zu teuer bezahlt. Er hat Wild gegessen, ich weiß es, ich habe die Federn gesehen. Um so schlimmer schließlich! Ich habe ihn genügend gewarnt; soll er nur leiden, da er sich lieber vollstopft und das Risiko dabei in Kauf nimmt! Noch weniger angebracht aber wäre es, mein Kind, wenn Sie sich wieder legen müßten. Seien Sie vorsichtig, nicht wahr? Ihre Gesundheit verlangt noch Schonung.«
    Sie schonte sich kaum, widmete ihm all ihre Stunden, und der Begriff der Zeit, ja selbst des Lebens ging ihr verloren in den Tagen, die sie bei ihrem Onkel zubrachte, während in ihren Ohren die Klage dröhnte, von der das Zimmer erschauerte. Diese Pflichtbesessenheit war so groß, daß sie darüber Lazare und Louise vergaß, sie wechselte nur im Vorübereilen ein paar Worte mit ihnen und begegnete ihnen nur in den wenigen Minuten wieder, da sie durch das Eßzimmer ging. Übrigens waren die Arbeiten an den Buhnen beendet, heftige Regenfälle hielten die jungen Leute seit einer Woche im Haus zurück; und wenn ihr plötzlich wieder der Gedanke kam, daß sie zusammen waren, freute sie sich, die beiden in ihrer Nähe zu wissen.
    Niemals war Frau Chanteau so beschäftigt erschienen. Sie nutzte, so sagte sie, das Durcheinander, in das die Anfälle ihres Gatten die Familie stürzten, um ihre Papiere durchzusehen, ihre Abrechnungen zu machen, ihre Briefschaften zu erledigen. Deshalb schloß sie sich am Nachmittag in ihrem Zimmer ein und überließ Louise sich selbst, die sogleich zu Lazare hinaufging, weil ihr vor dem Alleinsein graute. Das war jetzt zur Gewohnheit geworden, sie blieben bis zum Abendessen in dem großen Zimmer des zweiten Stockwerks zusammen, in jenem Zimmer, das für Pauline so lange ein Raum des Lernens und der Freude gewesen war. Das schmale Eisenbett des jungen Mannes stand immer noch da, hinter dem Wandschirm verborgen, während das Klavier sich mit Staub bedeckte und der ungeheure Tisch unter einem Wust von Papieren, Büchern und Broschüren verschwand. Mitten auf dem Tisch, zwischen zwei Packen getrockneter Algen, stand eine Buhne, groß wie ein Spielzeug, mit dem Messer aus Tannenholz geschnitzt, das an das Meisterstück des Großvaters erinnerte, an die Brücke, die in ihrem Glaskasten das Eßzimmer zierte.
    Lazare zeigte sich seit einiger Zeit nervös. Seine Handwerker hatten ihn aufgebracht, er hatte sich der Arbeiten entledigt wie einer allzu schweren Fron, ohne die Freude zu genießen, seine Vorstellung endlich verwirklicht zu sehen. Andere Pläne beschäftigten ihn, verworrene Zukunftspläne, der Gedanke an Ämter in Caen, an Werke, die dazu bestimmt waren, ihn sehr weit nach oben zu bringen. Aber er unternahm noch immer keine ernsthaften Schritte, er verfiel wieder in einen Müßiggang, der ihn verbitterte, ihn von Stunde zu Stunde kraft und mutloser werden ließ. Dieses Unbehagen steigerte sich durch den tiefen Schock, den er durch Paulines Krankheit davongetragen, durch ein ständiges Bedürfnis nach

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