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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Möglichkeit.
    Greg runzelte die Stirn. «Sind Sie sicher?»
    «Ja.» D. D. warf einen skeptischen Blick auf die Jungen. «Aber beeilen Sie sich. Tempo, wenn ich bitten darf.»

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    42 . Kapitel
    Danielle
     
    Wie lang sind zehn Minuten? Einem Kind kommen sie wie eine Ewigkeit vor. In der Schule entsprechen sie einem Fünftel der Unterrichtsstunde. Aber wenn einem die Hände gefesselt sind, und man tappt durch ein fremdes Haus …
    Ich stand im Flur und wartete, dass sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Nach einer endlos scheinenden Nacht schimmerte am Morgenhimmel erstes Licht. In einer halben Stunde würde es hell sein. Ob wir dann noch lebten?
    Evan war in einem der Zimmer. Ich konnte ihn murmeln hören. Ein agitiertes Kauderwelsch. Insgesamt gab es im Obergeschoss vier Zimmer, für den Jungen und das Mädchen jeweils eins, eines für Gäste und das Elternschlafzimmer. Die traditionelle Aufteilung eines Hauses im Kolonialstil.
    Wo sich Andrew gerade aufhielt, wusste ich nicht. Mit dem Rücken zur Wand schlich ich auf die Tür zu, die, wie ich hoffte, zum Elternschlafzimmer führte. Ich musste Evans Eltern finden. Wenn sie ansprechbar wären, würden wir vielleicht zu dritt …
    Weshalb war Sheriff Wayne damals zu uns gekommen? Ich hatte ihn nicht danach gefragt, als er Jahre später bei mir zu Gast gewesen war. Dass er als Sheriff am Tatort zu sein hatte, erschien mir nur natürlich.
    Aber unser Haus lag abgelegen, die nächsten Nachbarn waren weit entfernt, und ich hatte nicht die 911 gewählt.
    Meine Mutter vielleicht? Meine Schwester oder mein Bruder?
    Es gab bestimmt eine logische Erklärung. Die gab es immer.
    Ich hörte jemanden weinen, schaute durch eine Tür und blickte in einen dunklen Raum mit großen Möbelstücken. In der Mitte stand ein Doppelbett, und darauf erkannte ich die Konturen einer Frau. Sie weinte leise.
    «Hallo?», flüsterte ich.
    «Wer ist da?», fragte sie so leise wie ich.
    «Sind Sie Evans Mutter?» Ich trat auf sie zu und sah mich ängstlich um. Da war ein freistehender Spiegel, hinter dem sich Andrew womöglich versteckt halten mochte. Oder hinter dem riesigen Zierfarn. Im Badezimmer nebenan vielleicht oder im begehbaren Kleiderschrank.
    «Andrew ist nicht hier», flüsterte die Frau, als hätte sie meine Gedanken erraten. «Ich bin Victoria.»
    «Danielle.»
    Ich lief zu ihr rüber und sah, dass ihr Hände und Füße mit Kabelbindern gefesselt waren. Ich brauchte ein Messer, eine Schere, irgendetwas Scharfes.
    «Was hat er mit Ihnen vor?», fragte ich, unschlüssig, was ich als Nächstes tun sollte.
    «Weiß ich nicht. Ich habe ihn engagiert, damit er meinem Sohn hilft. Dann hatten wir eine Affäre. Nichts Ernstes. Dass er mich deshalb verschleppt hat, glaube ich nicht.»
    «Wo hat er Sie geschnappt?»
    «Im Krankenhaus.»
    «Mich auch.»
    «Waren Sie auch seine Geliebte?», fragte sie.
    «Nein, wir waren nur einmal miteinander aus. Aber wie es scheint, macht er mich dafür verantwortlich, dass die Seele seines Vaters in der Hölle schmort. Wir brauchen eine Schere», zischte ich.
    «Im Badezimmer nebenan. Oberste Schublade im Schrank neben dem Waschbecken.»
    Ich war überrascht, wie kontrolliert sie in dieser Situation reagierte. Aber mit einem Sohn wie Evan hatte sie ja wahrscheinlich auch jede Menge Übung.
    «Bin gleich wieder da», versprach ich.
    «Danke», murmelte sie vertrauensvoll. Wir waren nicht allein. Gemeinsam würden wir es vielleicht schaffen, zusammen mit Evan aus dem Haus zu fliehen und die Polizei zu alarmieren.
    Ich fand die Schublade, zog sie auf und kramte mit den im Rücken gefesselten Händen darin herum.
    Plötzlich dröhnte eine Stimme durchs Haus:
«Oh Danny girl. My pretty, pretty Danny girl.»
    Vor Schreck warf ich mich vor die Wand. Wieder dröhnte diese Stimme, unnatürlich laut. Sie hallte mir im Schädel wider, sodass ich den Schall nicht orten konnte. Ein Megaphon, dachte ich. Andrew hielt sich irgendwo im Haus versteckt und fand offenbar Gefallen daran, mich mit einem Megaphon zusätzlich unter Druck zu setzen. Was für ein krankes Schwein …
    «Oh Danny girl. My pretty, pretty Danny girl»
, grölte er. «Rate mal, woher ich dieses Lied kenne, Danielle? Woher weiß ich wohl, dass dies die letzten Worte deines Vaters waren?»
    Ich erinnerte mich, der Polizei darüber Auskunft gegeben zu haben, und stieß mich von der Wand ab. Dass mein Vater diese Liedzeile gesungen hatte, wusste Sheriff Wayne von mir.
    Und

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