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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Ein Sonnenstrahl, der durch dunkle Wolken dringt. Ich möchte weinen, kann es aber nicht.
    Es gibt Dinge, die sich, wenn man sie einmal aufgegeben hat, nicht mehr zurückholen lassen.
    Zehn Minuten später habe ich ihn aufs Bett gelegt. Ich ziehe ihn vollständig aus und bearbeite ihn mit Seife und feuchtem Waschlappen. Allerdings weiß ich aus Erfahrung, dass der Gestank noch eine Weile seiner Haut anhaften wird. Später wird er mich fragen, was geschehen ist, und ich werde ihm mit einer frei erfundenen Geschichte antworten. Auch das habe ich gelernt, nämlich die Wahrheit zu verschweigen.
    Ich mache ihn sauber. Ich mache mich sauber. Das Geschirr kommt in die Spülmaschine und wird dann zurück in die Schränke gestellt. Der Teppich kommt zum Sperrmüll. Aber all das kann warten.
    Jetzt, in der Stille danach, kehre ich in sein Schlafzimmer zurück. Im Schein der Lampe bewundere ich seine friedlichen Gesichtszüge, seine Haare, die über der rechten Schläfe einen goldenen Wirbel bilden, seine Lippen, die im Schlaf immer schmollen wie bei einem Säugling. Ich streichele mit den Fingern seine weichen Wangen, nehme seine Hand, die nun keine Schmerzen mehr zufügt oder Zerstörung anrichtet, in meine Hände.
    Und ich frage mich, ob er mich in dieser Nacht tatsächlich umbringen wird.
    Darf ich vorstellen? Evan, mein Sohn.
    Er ist acht Jahre alt.

[zur Inhaltsübersicht]
    3 . Kapitel
    «Im Esszimmer hat’s angefangen», brachte Detective Phil LeBlanc seine Kollegin Detective D. D. Warren auf den neuesten Stand. Phil trug eine Khakihose und ein weißes Polohemd mit einem Ketchupfleck über dem aufgestickten Emblem. Anscheinend hatte er gerade mit seiner Familie gegrillt, als er gerufen worden war. Jetzt deutete er auf einen rechteckigen, für sechs Personen gedeckten Tisch. Auf den Tellern waren noch Essensreste zu sehen, und in der Mitte standen mehrere leere Schalen. D. D. zählte drei leere Bierdosen, zwei am einen Ende des Tisches, eine am anderen.
    Es war ein dunkler Tisch aus altem Eichenholz. Ein hübsches Möbelstück, dachte sie, vielleicht sogar antik. Ganz anders die blauen Klappstühle, dieselben wie draußen auf der Veranda. Die Hausbewohner hatten sich also einen massiven Holztisch leisten können, doch es fehlten noch entsprechende Stühle, was zum Gesamteindruck des frisch gestrichenen, aber seltsam leeren Hauses passte.
    Das Geschirr bestand aus dünnem weißem Melanin. Schlicht, aber in auffälligem Kontrast zu den roten Platzdeckchen und blauen Servietten. Wiederum rot, weiß und blau. Anscheinend das farbliche Generalthema in diesem Haushalt.
    «Vielleicht gab’s Streit», spekulierte Phil. «Sie haben gegessen, ein paar Bier getrunken und sind sich dann in die Haare gekommen. Vielleicht wollte sie weg, und er ist ausgerastet.»
    D. D. nickte nachdenklich und ging zum wiederholten Mal um den Tisch herum. Der Parkettboden schien vor kurzem aufpoliert worden zu sein, er glänzte. D. D. tippte auf umfangreiche Renovierungsarbeiten einer hart arbeitenden Familie aus der Mittelschicht, die die wirtschaftlich schweren Zeiten mit Fleiß zu meistern versucht hatte, um sich eine bessere Zukunft zu schaffen, bis …
    «Wo ist Neil?», erkundigte sie sich nach dem dritten Mitglied ihres Teams.
    «Oben. In den beiden Obergeschossen ist bis vor kurzem noch schwer gewerkelt worden. Da liegt jede Menge Werkzeug herum.»
    D. D. nickte. Nach der Red-Ball-Meldung hatte sie damit gerechnet, den Tatort voller Ermittler vorzufinden. Tatsächlich aber war es relativ ruhig. Wahrscheinlich hatten sich die Kollegen von der Spurensicherung auf die drei Etagen verteilt und andere waren vielleicht schon dabei, Nachbarn zu befragen und Familienangehörige oder Bekannte ausfindig zu machen. In Fällen wie diesem musste alles möglichst schnell gehen.
    «Was wissen wir über die Bewohner?», fragte sie.
    «Mom, Dad, drei Kinder. Für beide Elternteile war es die zweite Ehe. Von wem die Kinder sind, wissen wir noch nicht. Patrick Harrington scheint das Familienoberhaupt gewesen zu sein. Geboren neunzehnachtundsechzig. Seit kurzem arbeitslos. Er hat in einem Baumarkt gearbeitet, der dichtmachen musste.»
    «Wann?» D. D. ging in die Knie, um den Teppich unterm Tisch zu untersuchen. Neutrales Beige; vor kurzem gesaugt.
Putzfimmel
fügte sie der mentalen Strichliste auffälliger Haushaltsmerkmale hinzu, auf der schon
patriotisch
stand.
    «Ein paar Wochen oder so. Aus der Nachbarschaft war zu hören, dass die Harringtons das

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