Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
Vom Netzwerk:
Lautstärkeregler etwas höher. Der Ex-Kapitän würde an Bord bleiben
und als ihr Verbindungsmann fungieren. Sie hatten bei dieser Mission keine
weitere Crew mitgenommen. Je weniger Außenstehende in die Sache hineingezogen
wurden, desto besser.
    Caravan trat neben Randori in die
Türöffnung. Er war nackt bis auf das Sauerstoffgerät im Mund. Die Aliens
konnten ihn leichter wiedererkennen, wenn sein Gesicht und sein Körper nicht
verhüllt waren. Randori schaute an ihrem neu designten Anzug mit
unverwüstlicher Kunststoffbeschichtung und integriertem Atemtank hinunter und
bekam ein schlechtes Gewissen. Lazarus hatte den Matrosen mit seiner diplomatischen
Überredungskunst sogar dazu gebracht, auf einen Helm zu verzichten. Das hatte
den Nachteil, dass sie keine Sprachverbindung besaßen.
    „Er sieht aus wie ein Angelköder“,
knurrte Serails Stimme durch das Mikro. „Warum stecken Sie ihm nicht noch einen
Haken durch den Hals, Lazarus?“ Seine anfängliche Ehrfurcht vor dem Kapitän
hatte sich inzwischen in offene Rebellion verwandelt.
    Die zierliche Rokokogestalt im
Pilotensitz drehte sich um. Lazarus sah aus, als könne er kein Wässerchen
trüben. Er war ganz in Weiß erschienen, von der Mozartfrisur bis zu den
Schnallenschuhen – die personifizierte Unschuld. Über den Pilotensitz hatte er
lässig seinen silberbestickten Gehrock geworfen, Vögel und Blumen glitzerten im
künstlichen Licht.
    „Habe ich Caravan gezwungen? Ihr
Getrauter ist ein Mann von bewundernswerter Courage.“
    „Auf seiner Stirn steht in großen
Buchstaben ‚Kommt her und holt mich!’ “
    Lazarus zuckte amüsiert mit den
Schultern. „Genau das ist der Plan.“
    „Das ist ein bescheuerter Plan.“
    „Matrose“, sagte Lazarus
leichthin, „Sie sollten an Ihrer Ausdrucksweise feilen.“
    Serail sah aus, als würde er sich
jeden Moment auf den Kapitän stürzen und ihm sein Kindergesicht einschlagen.
    Randori seufzte und stieß Serail
kurzerhand aus der Luke ins Meer, bevor er sich in Schwierigkeiten brachte. Er
hätte wenig Chancen gegen einen kampfgewohnten Dumas gehabt, erst recht mit
Schwimmflossen an den Füßen. Der junge Mann verschwand mit einem empörten
Schrei. Lazarus grinste und blinzelte ihr zu.
    „Weißt du“, sagte Randori, „das
nächste Mal schaue ich einfach zu, wenn er dir eine reinhaut.“ Sie drehte sich
schwerfällig um und ließ sich ebenfalls aus der Tür fallen.
    Einige Sekunden verlor sie die
Orientierung, als das Wasser über ihr zusammenschlug, aber sie hatte diese
Situation oft genug geübt. Die ersten Handgriffe erledigte sie mechanisch,
überprüfte den Sitz ihres Anzugs, ließ Luft aus den Düsen entweichen und sank
in die Tiefe. Erst dann nahm sie sich Zeit dafür, sich umzusehen.
    Eine sonnendurchflutete Landschaft
breitete sich unter ihr aus. Schlanke Korallenpfeiler standen dicht an dicht
und bildeten einen filigranen Irrgarten aus Pastelltönen und wirbelnden
Luftblasen. Erst schaute sie aus Vogelperspektive darauf herab, dann sank sie
weiter, bis sie zwischen den Streben schwebte. Sie kam sich vor, als sei sie in
eine Tropfsteinhöhle hinein getaucht und nun von einem Gewirr hellblauer
Stalagmiten umgeben. Weiße Wimpernhärchen umschlossen die Porenöffnungen, aus
denen in gleichmäßigem Rhythmus Blasen aufstiegen. Randori konnte spüren, wie
die Luftperlen den dünnen Hightech-Stoff ihres Schutzanzugs entlang sprudelten.
Das ganze Meer fühlte sich wie ein sonnenwarmer Whirlpool an. Wohlig ließ sie
sich vorwärtstreiben, bis sie die beiden Getrauten erreichte, die auf sie gewartet
hatten. „Ich wünschte, ich wäre Caravan. Er kann hier splitternackt
herumschwimmen“, grinste sie und drehte sich genüsslich im Blasengestrudel.
    Serail war nicht für solche
Scherze aufgelegt. „Ich hätte lieber eine klare Sicht. Man kommt sich vor, als
würde man durch eine geschüttelte Seltersflasche schauen. Hinter der nächsten
Säule könnte eine ganze Horde Aliens lauern, ohne dass wir sie bemerken.“
    Randori musste zugeben, dass er
Recht hatte. Die feenhafte Schönheit der Umgebung wiegte einen schnell in
trügerischer Sicherheit. „Wir sollten wohl eine Stelle suchen, wo die Säulen
weniger dicht stehen. Lazarus, hast du uns auf dem Schirm?“ Sie winkte in ihre
Helmkamera.
    „Fünf wedelnde Handschuhfinger“,
bestätigte er.
    „Gut, dann schwimmen wir jetzt
zusammen los.“ Sie ließ wieder Luft in die Auftriebselemente und schwebte nach
oben, bis der Whirlpool-Effekt nachließ. Als sie

Weitere Kostenlose Bücher