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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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zurückschaute, sah sie die
beiden Matrosen mit gleichmäßigen Flossenschlägen folgen. Eine lange Zeit schwammen
sie geradeaus, während sich die Korallenlandschaft unter ihnen allmählich veränderte.
    Das Meer wurde tiefer und die
Türme massiver. Sie ragten wie ein Wald aus kahlen Baumstämmen in die Höhe.
Ihre Farben waren dunkler, gedämpfte Braun-und Blautöne bestimmten das Bild.
Das Wasser schien kälter zu werden, oder vielleicht war das auch nur Einbildung.
In den Abständen zwischen den Säulen bewegten sich viele kleine Lichter.
    „Habt ihr dieses Gefunkel bei
eurem ersten Tauchgang auch gesehen?“, fragte Randori.
    Serails Stimme klang ein wenig
scheppernd durch das Mikrofon: „Nein. Ich frage mich, was das ist. In den
Berichten der anderen Expeditionen stand nichts von schwimmenden Glühpunkten,
oder?“
    „Richtig, keine Einträge“, bestätigte
Lazarus.
    „Ich schlage vor, dass wir uns das
näher ansehen.“ Randori tauchte entschlossen nach unten, und als sie tiefer
kam, wurde das Wasser regelrecht kalt für diese tropischen Bezirke. Sie spürte,
wie eine starke Strömung sie erfasste, und glitt schnell auf die massigen
Pfeiler zu. Bald trieb eines der Lichter in ihrer Nähe vorbei. Zu ihrer
Überraschung war es ein winziger Fisch mit durchsichtiger Haut. In seinem Bauch
befand sich eine leuchtende Kugel, ansonsten schien er keine Substanz zu
besitzen. Es waren keine inneren Organe zu erkennen, auch keine Augen, keine
Mundöffnung. Das Wesen wirkte wie eine Transporthülle für das Licht, das von
ihm ausstrahlte.
    Randori stellte fest, dass es sich
im gleichen Tempo neben ihr herbewegte, von der Strömung getrieben. Sie konzentrierte
sich ausschließlich auf das winzige Geschöpf, so dass sie fast gegen den
Pfeiler geprallt wäre, auf den sie beide zuschwammen. Der Leuchtfisch wurde
gegen eine der Atemöffnungen gespült, von denen die Säule bedeckt war. Er
zappelte ein wenig. Dann wurde er regelrecht eingesogen. Randori zuckte
zusammen und wich von dem Korallenturm zurück. Sie wollte nicht riskieren, dass
mit ihren Fingern das gleiche geschah.
    Das Drama hatte sich zu schnell
abgespielt, um es genau zu beobachten. Hatte die Säule das Tierchen tatsächlich
gefressen? Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Randori den Eindruck gehabt,
die Körperhülle des Wesens habe sich von selbst aufgelöst. Fast so, als sei der
Leuchtfisch mit der Korallensubstanz zu einer Einheit verschmolzen. Suchend
schaute Randori sich nach einem weiteren Exemplar um, an dem sie den Ablauf
genauer beobachten konnte.
    Zu ihrer Überraschung strahlte in
diesem Moment ein zweiter Leuchtfisch ungefähr vier Meter unter ihren Füßen
auf. Hatte der Korallenturm das Tierchen an einer anderen Stelle wieder ausgespuckt?
Neugierig folgte Randori dem davontreibenden Wesen.
    Es dauerte nicht lange, bis der
nächste Riesenpfeiler vor ihnen auftauchte. Diesmal war Randori vorbereitet.
Als das Lichtgeschöpf die Korallenoberfläche berührte, schob sie schnell das
Gummi ihrer Taucherflosse dazwischen. Tatsächlich konnte sie sehen, dass sich
die Hauthülle des Tierchens schon in Auflösung befand. Obwohl der Kontakt zur
Säule unterbrochen war, setzte sich die Verwandlung fort, bis das fischartige
Geschöpf nicht mehr vorhanden war und an seiner Stelle drei winzige
Energiebälle im Wasser trieben. Randori starrte fasziniert auf das seltsame
Phänomen, als sie plötzlich grob am Arm gepackt und zur Seite gerissen wurde.
Die Lichtpunkte berührten die Säule und verschwanden.
    Erschrocken und wütend fuhr
Randori im Wasser herum. Caravan schwebte neben ihr. Er hielt noch immer ihren
Arm mit hartem Griff. Sein Gesicht war ausdruckslos, seine Augen schienen durch
sie hindurch zu sehen. Randori fühlte, wie ein nervöser Schauer sie überlief.
„Was ist passiert?“, fragte sie ins Mikrofon, während sie Caravans Hand
abschüttelte.
    „Ich bin mir nicht sicher“, hörte
sie Serails Stimme in ihrem Tauchhelm. „Er hat sich eine Art Muschelkolonie
angesehen, aber dann hat er mitbekommen, was du tust, und ist plötzlich völlig
ausgeflippt. Was hast du getan?“
    „Keine Ahnung. Ich schätze, dein
Getrauter hat gerade seine erste nichtmenschliche Reaktion gezeigt. Darauf
haben wir doch gewartet, richtig?“ Sie wedelte mit der Hand vor Caravans Gesicht
herum, und er schaute sie verwirrt an. „Tja, er ist wieder zurück und weiß
anscheinend auch nicht, was passiert ist.“
    „Untersucht das näher“, schaltete
sich Lazarus aus

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