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Die Fünf Tore 1 - Todeskreis

Titel: Die Fünf Tore 1 - Todeskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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In der dreimonatigen Eingewöhnungszeit zwar noch nicht, aber danach kann sie jeden Monat kommen.«
    »Sie wird das Bindeglied zwischen der Pflegemutter und dem Jugendamt sein«, erklärte Jill Hughes.
    »Und wie soll ich das bezahlen?«, murmelte Gwenda Davis. »Was ist mit den Reisekosten und allem? Und wer soll sich um Brian kümmern, während ich weg bin? Ich habe wirklich genügend andere Dinge zu tun, müssen Sie wissen …«
    Sie verstummte. Im Zimmer war es plötzlich ganz still. Nur von draußen hörte man den Verkehrslärm und das Prasseln des Regens.
    »Von mir aus.« Matt zuckte gelangweilt die Achseln. »Sie können mich hinschicken, wohin Sie wollen. Es ist mir egal. Alles ist besser, als wieder bei ihr und Brian zu landen.«
    Gwenda Davis wurde rot. Mallory schaltete sich ein, bevor sie etwas sagen konnte. »Wir lassen dich nicht im Stich, Matt«, versprach er. »Wir werden dafür sorgen, dass du zu anständigen Leuten kommst.«
    Die Richterin war verärgert. »Du kannst dich nun wirklich nicht beklagen«, fauchte sie und sah Matt über den Rand ihrer Brille hinweg streng an. »Ich finde, du solltest dankbar sein, dass wir dir überhaupt so eine Chance bieten. Und ich warne dich. Wenn deine Pflegemutter mit deinen Fortschritten unzufrieden ist oder du ihre Gastfreundschaft missbrauchst, wirst du sofort zu uns zurückkehren. Und dann landest du in der Besserungsanstalt. Ist das klar?«
    »Ja, klar.« Matt warf einen Blick zum Fenster. Der graue, endlose Regen ließ kaum Licht durch die Scheibe dringen. »Und wann treffe ich meine Pflegemutter?«
    »Ihr Name ist Jayne Deverill«, sagte die Sozialarbeiterin. »Und sie müsste jede Minute hier sein.«
     
    An der U-Bahn-Haltestelle Holborn wurde die Rolltreppe repariert, und als die Frau die Treppe hinaufstieg, spritzten hinter ihr die Funken von den Schweißarbeiten durch die Luft. Doch Jayne Deverill nahm sie nicht wahr. Sie blieb auf der obersten Stufe stehen, die lederne Handtasche fest unter den Arm geklemmt, und sah sich missbilligend um.
    Jemand rempelte sie an, und eine Sekunde lang flackerte etwas Dunkles in ihren Augen auf. Doch gleich darauf ging sie ruhig die Straße entlang. Sie trug hässliche, altmodische Lederschuhe und bewegte sich hölzern, als stimmte etwas mit ihren Beinen nicht.
    Mrs Deverill war eine kleine Frau, mindestens fünfzig Jahre alt, und sie trug ihr weißes Haar kurz geschnitten. Ihre Haut war noch nicht sehr runzlig, aber sie wirkte irgendwie leblos. Sie hatte harte, eiskalte Augen, und ihre Wangenknochen traten deutlich hervor. Es war schwer, sich vorzustellen, dass sie jemals lächelte. Gekleidet war sie in ein graues Kostüm, und ihre Bluse war bis zum Hals zugeknöpft. Am Hals trug sie eine silberne Kette, am Revers ihrer Kostümjacke steckte eine silberne Brosche, die wie eine Eidechse geformt war.
    Mrs Deverill merkte nicht, dass sie verfolgt wurde.
    Der Mann mit dem Kapuzenanorak war keine zehn Schritte hinter ihr. Er war zwanzig Jahre alt, hatte fettige blonde Haare und ein schmales, krank aussehendes Gesicht. Er hatte sofort erkannt, dass die Frau vom Land kam. Er wusste nicht, wer sie war, und es war ihm auch egal. Ihn interessierten an ihr nur zwei Dinge: ihre Handtasche und ihr Schmuck.
    Der Mann hoffte, dass sie die belebte Hauptstraße verlassen und in eine der stilleren Seitenstraßen abbiegen würde. Es war ihm ein paar Minuten seiner Zeit wert, sie zu verfolgen. Er war immer noch hinter ihr, als die Frau an einer Ecke stehen blieb und dann nach links abbog. Er lächelte. Das war perfekt. Die Straße war leer, rechts und links lagen keine Geschäfte, nur Anwaltskanzleien und öffentliche Gebäude. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass wirklich niemand in der Nähe war, und griff dann in die Tasche seines schäbigen Anoraks. Sekunden später holte er ein gezahntes Messer heraus und wog es in der Hand. Er genoss das Gefühl der Macht, das es ihm gab. Dann rannte er los.
    »He, du da!«, brüllte er.
    Die Frau blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
    »Her mit der Tasche! Und ich will auch die Kette …«
    Einen Moment lang geschah nichts.
    Dann drehte sich Jayne Deverill um.
     
    Zehn Minuten später nippte Jayne Deverill ein wenig atemlos an der Tasse Tee, die man ihr angeboten hatte. Sie saß im Verhandlungsraum des Jugend- und Familiengerichts, in dem sich auch Matt befand.
    »Bitte entschuldigen Sie meine Verspätung«, sagte sie. Sie hatte die tiefe, ein wenig heisere Stimme von jemandem,

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