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Die fünfhundert Millionen der Begum

Die fünfhundert Millionen der Begum

Titel: Die fünfhundert Millionen der Begum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den besten Ausweg zu suchen, fuhr er dann fort. Leute ohne Muth und Vaterlandsliebe würden vielleicht vorziehen, zurückzuweichen und den Angreifern die neue Heimat zu überlassen. Ich bin jedoch im voraus überzeugt, daß solche kleinmüthige Vorschläge in den Herzen meiner Mitbürger kein Echo finden werden. Die Männer, welche die Tragweite der von den Gründern France-Villes erstrebten Ziele begriffen und sich den Gesetzen der Musterstadt unterwerfen konnten, diese Männer sind nothwendig auch Leute, die Kopf und Herz auf dem rechten Flecke haben. Als aufrichtige und streitbare Vertreter des Fortschrittes werden sie gern Alles thun, dieses Gemeinwesen ohnegleichen, dieses preiswerthe Denkmal, das der Kunst, das Menschenlos zu verbessern, errichtet wurde, zu retten! Ja, es ist ihre Pflicht, auch das Leben in die Schanze zu schlagen für die Sache, die sie vertreten!«
    Ein ungeheurer Beifallssturm folgte diesen mannhaften Worten.
    Verschiedene Redner schlossen sich den Aeußerungen Colonel Hendons vollinhaltlich an.
    Doctor Sarrasin betonte die Nothwendigkeit der sofortigen Constituirung eines Vertheidigungsrathes, der unter unentbehrlicher Geheimhaltung seiner Operationspläne die dringendsten Maßnahmen aus eigener Machtvollkommenheit zu treffen habe. (Ohne Discussion angenommen.)
    Während der Sitzung brachte ein Rathsmitglied noch in Anregung, daß es sich empfehlen möchte, für die ersten Arbeiten einen vorläufigen Credit von fünf Millionen Dollars auszuwerfen. Alle Hände erhoben sich zustimmend.
    Um zehn Uhr fünfundzwanzig Minuten schloß die Versammlung und schon wollten sich die Bewohner Frauce-Villes nach der Erledigung der Anführer-Wahl zurückziehen, als sich ein unerwarteter Zwischenfall ereignete.
    Die eben leerstehende Tribüne erklomm ein Unbekannter von sehr fremdartiger Erscheinung.
    Der Mann schien wie durch Zauberei emporgeschnellt. Sein energisches Gesicht verrieth die gewaltigste Aufregung, während sein Auftreten die ruhigste Entschlossenheit zeigte. Die halbzersetzte Kleidung voller Schmutz und Schlamm und die noch blutige Stirne ließen erkennen, daß er manche Fährlichkeiten überwunden haben möge.
    Bei seinem Anblick blieben Alle stehen. Durch nicht mißzudeutende Handbewegungen gebot der Unbekannte der Versammlung Ruhe.
    Wer war er? Woher kam er? Niemand, selbst Doctor Sarrasin nicht, dachte daran, ihn darum zu fragen.
    Ueber seine Persönlichkeit erhielt man doch bald einigen Aufschluß.
    »Ich bin aus Stahlstadt entflohen, sagte er, Herr Schultze hatte mich zum Tode verurtheilt. Gottes Gnade verdanke ich es, bis zu Euch gelangt zu sein, um in Zeiten eine Rettung zu versuchen. Mein verehrter, väterlicher Freund, Doctor Sarrasin, wird gewiß bestätigen, daß man, wenn mein jetziges Aussehen mich auch ihm selbst unkenntlich macht, zu Marcel Bruckmann einiges Vertrauen haben kann!
    – Marcel! riefen der Doctor und Octave wie aus einem Munde
    Beide eilten auf ihn zu….
    Eine erneute Handbewegung hielt sie zurück.
    In der That, das war der wunderbar errettete Marcel. Nachdem er, eben als er besinnungslos zusammenbrach, das Gitter des Canals gesprengt, riß die Strömung seinen fast leblosen Körper mit sich fort. Zum Glück schloß jenes Gitter auch die Umwallung von Stahlstadt ab, und zwei Minuten später wurde Marcel draußen auf den Bachesrand geworfen – jetzt ein freier Mann, wenn er noch einmal auflebte.
    Lange Stunden hindurch lag der muthige Jüngling ohne Bewegung, in finsterer Nacht und einsamer Gegend ohne alle Hilfe.
    Als er wieder zu sich kam, war es schon hell geworden. Allmälich kehrte ihm auch die Besinnung wieder. Gott sei Dank, endlich war er dem vermaledeiten Stahlstadt entronnen und kein Gefangener mehr! Alle seine Gedanken strebten zu Doctor Sarrasin, seinen Freunden, seinen Landsleuten.
    »Zu ihnen! Zu ihnen!« rief er laut.
    Mit äußerster Anstrengung gelang es Marcel, sich aufzurichten.
    Zehn Meilen trennten ihn von France-Ville, zehn Meilen, die er ohne Eisenbahn, Pferd oder Wagen durch das rings um Stahlstadt verlassene Land zurücklegen mußte. Ohne sich einen Augenblick Ruhe zu gönnen, überwand er diese Strecke und langte um zehn ein Viertel Uhr bei den ersten Häusern der Stadt des Doctor Sarrasin an.
    Hier klärten ihn schon die Maueranschläge über die Lage auf. Er erfuhr, daß die Bewohner von der ihnen drohenden Gefahr Kenntniß hatten; er sagte sich aber auch, daß diese weder wissen konnten, wie nahe sie über ihnen schwebte, noch viel

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