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Die fünfhundert Millionen der Begum

Die fünfhundert Millionen der Begum

Titel: Die fünfhundert Millionen der Begum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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weniger, von welcher Art dieselbe sei.
    Die von Herrn Schultze beabsichtigte Katastrophe sollte noch heute Abend um elf Uhr fünfundvierzig Minuten hereinbrechen…. jetzt war es fünfzehn Minuten nach Zehn!
    Eine letzte Anstrengung stand ihm noch bevor. Marcel stürmte durch die Stadt, was er nur laufen konnte, und um zehn Uhr fünfundzwanzig Minuten, eben als die Versammlung auseinander gehen wollte, stand er, ohne zu fragen, auf der Tribüne.
    »Nicht nach einem Monate, meine Freunde, rief er, selbst nicht erst nach einer Woche droht Euch das Unheil zu erreichen. Vor Ablauf einer Stunde soll eine Katastrophe ohnegleichen, ein Regen von Eisen und Feuer über Eure Stadt hereinbrechen. Eine wahre Höllenmaschine, welche zehn Meilen weit trägt, wird jetzt, da ich hier spreche, schon gegen sie gerichtet. Ich habe jene mit eigenen Augen gesehen! Mögen Frauen und Kinder Schutz suchen in den festesten Kellern oder bringt sie vorläufig aus der Stadt hinaus auf die Berge. Alle kräftigen Männer müssen sich zum Feuerlöschen bereit halten. Für jetzt ist das Feuer Euer einziger Feind! Weder Armeen noch Soldaten marschiren gegen Euch. Der Gegner, der Euch bedroht verschmäht solch’ alltägliche Angriffsmittel. Wenn sich die Pläne, die Rechnungen eines Mannes, dessen Herrschaft über das Böse anerkannt ist, verwirklichen, wenn Herr Schultze sich nicht zum ersten Male geirrt hat, so wird in France-Ville auf einmal an hundert Stellen Feuer ausbrechen! An hundert Orten werden wir gleichzeitig dem verheerenden Elemente entgegentreten müssen. Was aber auch kommen möge, zuerst gilt es, die Bevölkerung zu retten, denn sollten auch Eure Häuser, Denkmäler, ja schlimmsten Falles selbst die ganze Stadt zugrunde gehen – diesen Verlust vermögen Zeit und Geld ja zu ersetzen!«
    In Europa würde man Marcel für einen Narren gehalten haben. In Amerika pflegt man jedoch kein Wunder der Wissenschaft, und wäre es noch so unerwarteter Natur, von vornherein zu leugnen. Man hörte den jungen Ingenieur ruhig an und schenkte ihm, auf Doctor Sarrasin’s Versicherung hin, vollen Glauben.
    Mehr noch durch den Nachdruck des Redners als durch seine Worte bezwungen, gehorchte ihm die Menge, ohne neue Verhandlungen zu beginnen. Doctor Sarrasin bürgte für Marcel Bruckmann. Das genügte.
    Sofort wurden die nöthigen Verordnungen erlassen, zu deren Verbreitung sich zahlreiche Boten nach allen Seiten zerstreuten.
    Von den Bewohnern der Stadt selbst kehrten die Einen nach ihren Behausungen zurück und flüchteten in die Keller, bereit, die Schrecken eines Bombardements über sich ergehen zu lassen; die Anderen eilten zu Fuß, zu Pferde und zu Wagen hinaus in’s Feld und sammelten sich auf den ersten Abhängen der Cascadenberge. Währenddessen vertheilten sich die kräftigen Männer nach den von dem Doctor Sarrasin bezeichneten Stellen und schafften Alles herzu, was zur Dämpfung einer Feuersbrunst dienen konnte, nämlich Wasser, Sand und Erde.
    Im Sitzungssaale spannen sich die Verhandlungen noch in Form von Zwiegesprächen fort.
    Da schien es aber, als sei Marcel plötzlich von einem Gedanken erfaßt, der nicht aus seinem Gehirn weichen wollte. Er sprach nicht mehr, sondern seine Lippen murmelten nur noch die einzigen Worte:
    »Um drei Viertel zwölf Uhr! Wäre es möglich, daß dieser verfluchte Schultze uns durch seine teuflische Erfindung vernichten sollte?….«
    Plötzlich zog Marcel ein Notizbuch aus der Tasche. Er deutete ringsum an, daß er völlige Ruhe wünsche, und warf mit fieberhaft zitternder Hand einige Ziffern auf das Papier. Dann ward seine Stirne allmälich heiterer und sein Antlitz leuchtete wieder auf.
    »O, meine Freunde, rief er laut, entweder sind diese Zahlen hier Lügner, oder Alles, was wir befürchten, löst sich wie ein Alpdrücken in Nichts auf vor dem Ergebniß eines ballistischen Problems, dem ich lange vergeblich auf den Grund zu kommen suchte. Herr Schultze hat sich geirrt. Die uns drohende Gefahr ist nur ein Traum. Diesmal ist seine Weisheit eitel Dunst. Es wird, es kann nichts von dem eintreffen, was er beabsichtigte! Sein entsetzliches Geschoß wird über France-Ville hinwegfliegen, ohne ihm zu nahe zu kommen, und wenn irgend etwas zu fürchten ist, so ruht das noch im Schoße der Zukunft!«
    Was wollte Marcel hiermit sagen? Niemand verstand ihn.
    Da setzte der junge Elsässer das Resultat seiner eben durchgeführten Rechnung den erstaunten Zuhörern auseinander. Mit klarer, noch schwach zitternder

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