Die Fünfundvierzig
sagte plötzlich der König zu dem Prälaten, der weggehen wollte, denn er sah, daß die Königinmutter blieb und mit ihrem Sohne zu reden wünschte, »sagt, wie geht es Eurem Bruder du Bouchage?«
»Sire, ich weiß es nicht.«
»Wie, Ihr wißt es nicht?«
»Nein, ich sehe ihn selten, oder vielmehr gar nicht,« erwiderte der Kardinal.
Eine ernste, traurige Stimme erscholl im Hintergrunde des Gemachs.
»Hier bin ich, Sire,« sagte diese Stimme.
»Ah! er ist es,« rief Heinrich; »nähert Euch, Graf, nähert Euch!«
Der junge Mann gehorchte.
»Ei, bei Gott!« sagte der König, indem er ihn voll Erstaunen anschaute, »bei meinem adligen Wort, das ist kein Körper mehr, sondern ein wandernder Schatten.«
»Sire,« erwiderte der Kardinal, selbst erstaunt über die Veränderung, die in der Haltung und dem Gesichte seines Bruders vorgegangen war, »Sire, er arbeitet viel.«
Der Kardinal erriet aus der Haltung des Königs, daß er mit du Bouchage allein zu sein wünschte, und schlich sich sacht weg.
Der König sah ihn aus einem Augenwinkel weggehen und blickte dann nach seiner Mutter, die unbeweglich blieb. Es waren im Salon nur noch die Königinmutter, Herr von Epernon, der ihr tausend Artigkeiten sagte, und du Bouchage. An der Tür stand Loignac, der, halb Höfling, halb Soldat, mehr seinen Dienst als irgend etwas anderes tat.
Der König setzte sich und hieß du Bouchage durch ein Zeichen näher hinzutreten.
»Graf,« sagte er, »warum verbergt Ihr Euch so hinter den Namen, wißt Ihr nicht, daß es mir Vergnügen macht, Euch zu sehen?«
»Dieses Wort ist eine große Ehre für mich, Sire,« erwiderte der junge Mann, indem er sich achtungsvoll verbeugte. »Woher kommt es denn, daß man Euch nicht mehr im Louvre sieht?«
»Man sieht mich nicht mehr?«
»In der Tat, nein, und ich beklagte mich darüber bei Eurem Bruder, dem Kardinal, der noch gelehrter ist, als ich glaubte. Henri, dein Bruder hat dich bei seiner Abreise mir wie einen Freund empfohlen; ich will für dich ein älterer Bruder sein; sei offenherzig, unterrichte mich; ich versichere dir, du Bouchage, daß für alles, mit Ausnahme des Todes, meine Macht und meine Zuneigung für dich ein Mittel finden werden.«
»Sire,« erwiderte der junge Mann, indem er dem König zu Füßen sank, »macht mich nicht verwirrt durch den Ausdruck einer Güte, die ich nicht zu erwidern weiß; für mein Unglück gibt es kein Mittel, denn mein Unglück ist meine einzige Freude.«
»Du Bouchage, du bist ein Narr und tötest dich durch Einbildungen, das sage ich dir.«
»Ich weiß es wohl,« antwortete der junge Mann.
»Aber sprich doch,« rief der König etwas ungeduldig, »wünschest du eine Heirat zu machen, willst du einen Einfluß ausüben?«
»Sire, es handelt sich darum, Liebe einzuflößen, und Ihr seht, daß die ganze Welt nicht die Macht besitzt, mir diese Gunst zu verschaffen. Ich allein kann sie erlangen und für mich allein erlangen.«
»Warum dann verzweifeln?«
»Weil ich fühle, daß ich sie nie erreichen werde.«
»Versuche es, mein Kind; du bist reich, du bist jung, du bist schön; wer ist die Frau, die dem dreifachen Einfluß der Schönheit, der Jugend und der Liebe zu widerstehen vermag? Es gibt keine, du Bouchage, es gibt keine.«
»Wie viele Menschen würden Eure Majestät an meiner Stelle für ihre übermäßige Nachsicht und Gnade segnen! Von einem König, wie Eure Majestät, geliebt zu sein, ist beinahe so viel, wie von Gott geliebt zu sein.«
»Du nimmst also an; gut! Sage nichts, wenn du verschwiegen sein willst; ich werde Erkundigungen einziehen; ich werde Schritte tun lassen; du weißt, was ich für deinenBruder getan habe, ebensoviel werde ich für dich tun. Hunderttausend Taler sollen mich nicht aufhalten.«
Du Bouchage ergriff die Hand des Königs, drückte sie an seine Lippen und sagte: »Eure Majestät verlange eines Tages mein Blut, und ich werde es bis zum letzten Tropfen vergießen, um ihr zu beweisen, wie dankbar ich für die Gunst bin, die ich ausschlage.«
Heinrich III. wandte sich ärgerlich auf den Absätzen um.
»In der Tat,« sagte er, »diese Joyeuse sind halsstarriger als die Valois; da ist einer, der mir alle Tage sein langes Gesicht und seine schwarz umkreisten Augen bringen wird; das wird erfreulich sein; es sind ohnehin schon so viele heitere Gesichter bei Hofe!«
»Oh! Sire, dem soll nicht so sein,« rief der junge Mann, »ich werde das Fieber meiner Wangen wie eine lästige Schminke abwischen, und jeder soll,
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