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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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diesem Augenblick suchten die Soldaten des Herrn von Besins Heinrich und seine Vorhut aus der Stellung zu vertreiben, die sie unter dem Tor und in den benachbarten Häusern eingenommen hatten.
    Heinrich empfing sie mit dem Schwerte in der Hand.
    Doch die Belagerten waren die Stärkeren; es gelang ihnen, Heinrich und die Seinigen bis jenseits des Grabens zurückzutreiben.
    »Ventre-saint-gris!« rief der König; »ich glaube, meine Fahne weicht zurück; wenn es so ist, werde ich sie selbst tragen.«
    Und mit großartiger Anstrengung entriß er seine Standarte dem Träger, hob sie hoch in die Luft und drang zuerst wieder, halb umwickelt von ihren flatternden Falten, in den Platz ein.
    »Habe doch Angst,« sagte er, »zittre doch nun, Feigling!«
    Die Kugeln pfiffen und platteten sich mit scharfem Klatschen auf seiner Rüstung ab und durchlöcherten die Fahne mit dumpfem Ton. Herr von Turenne, Mornay und tausend andere stürzten dem König nach durch das offene Tor. Die Kanonen schwiegen außen, es galt nun, Leib gegen Leib zu kämpfen. Trotz des Klirrens der Waffen, trotz des Musketenfeuers, trotz des Zusammenschlagens der Schwerter hörte man Herrn von Besins rufen: »Verrammelt die Straßen, macht Gräben, feuert von den Zinnen der Häuser!«
    »Oh!« sagte Herr von Turenne, der nahe genug war, um ihn zu hören, »die Belagerung der Stadt ist aus, mein armer Besins.«
    Und gleichsam, um diese Worte zu begleiten, feuerte er eine Pistole auf ihn ab und verwundete ihn am Arm.
    »Du täuschest dich, Turenne, du täuschest dich,« erwiderte Herr von Vesins; »es gilt zwanzig Belagerungen in Cahors; ist eine abgetan, so bleiben noch neunzehn.«
    Herr von Vesins verteidigte sich fünf Tage und fünf Nächte, von Straße zu Straße, von Haus zu Haus. Fünf Tage und fünf Nächte hindurch befehligte Heinrich wie ein Feldherr, schlug sich wie ein Soldat, fünf Tage und fünf Nächte schlief er, den Kopf auf einem Stein, erwachte er, die Axt in der Faust.
    Endlich in der Nacht des fünften Tages schien der entkräftete Feind der protestantischen Armee einige Ruhe geben zu müssen. Nun war Heinrich der Angreifende; man überwältigte einen verschanzten Posten, der siebenhundert Mann kostete; beinahe alle guten Offiziere wurden hierbei verwundet; Herr von Turenne wurde von einer Büchsenkugel in die Schulter getroffen, Mornay bekam einen Stein auf den Kopf und wäre beinahe getötet worden.
    Der König allein ward nicht verwundet; auf die Furcht, die er anfangs empfunden und so heldenmütig besiegt hatte, war eine fieberhafte Aufregung, eine beinahe wahnsinnige Kühnheit gefolgt; alle Riemen und Haken seiner Rüstung waren sowohl durch seine eigene Anstrengung als durch die Streiche der Feinde zerbrochen; er schlug so mächtig, daß jeder Streich seinen Mann tötete.
    Als dieser letzte Posten erobert war, drang der König vollends durch die Ringmauer ein, hinter sich Chicot, der, schweigsam und düster, seit fünf Tagen an seiner Seite das furchtbare Gespenst einer Monarchie emporwachsen sah, die bestimmt war, die Monarchie der Valois zu ersticken.
    »Nun, was denkst du, Chicot?« sagte der König, sein Helmvisier aufschlagend, und als ob er in der Seele des armen Botschafters lesen könnte.
    »Sire,« brummte Chicot voll Traurigkeit, »ich denke, daß Ihr ein wahrer König seid.«
    »Und ich, Sire,« rief Mornay, »ich denke, Ihr seid ein Unvorsichtiger; wie! Ihr habt die Panzerhandschuhe herab und das Visier hoch, während man von allen Seiten auf Euch schießt; seht, seht, abermals eine Kugel!«
    In diesem Augenblick schnitt in der Tat eine Kugel pfeifend eine Feder von Heinrichs Helmstutz ab.
    In demselben Moment und als sollte Mornay vollkommen recht gegeben werden, ward der König von einem Dutzend feindlicher Büchsenschützen umzingelt, die Herr von Besins hier in Hinterhalt gelegt hatte; sie schossen tief und richtig.
    Das Pferd des Königs wurde getötet, Mornays Bein zerschmettert. Der König fiel; zehn Schwerter erhoben sich über ihm. Chicot allein war aufrecht geblieben, er sprang vom Pferde und schlug mit seinem Raufdegen ein so schnelles Rad, daß er die Vordersten zurücktrieb.
    Dann hob er den König auf, der im Zeug seines Pferdes verwickelt war, führte ihm sein eigenes Pferd zu und sagte: »Sire, Ihr werdet dem König von Frankreich bezeugen, daß ich, wenn auch den Degen gegen ihn gezogen, doch niemand berührt habe.«
    Heinrich zog Chicot an sich, umarmte ihn, Tränen in den Augen und sagte:

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