Die Fünfundvierzig
wenn er mich lächeln sieht, glauben, ich sei der glücklichste Mensch.«
»Ja, aber ich, ich werde das Gegenteil wissen, du Starrkopf; und diese Gewißheit wird mich traurig machen.«
»Erlaubt mir Eure Majestät, daß ich mich entferne?« – »Ja, ja, mein Sohn, gehe und suche ein Mann zu sein!«
Der junge Mann küßte dem König die Hand, verbeugte sich vor der Königinmutter, ging stolz an Epernon vorüber, der ihn nicht grüßte, und verließ das Zimmer.
Sobald er die Türschwelle überschritten hatte, rief der König: »Schließt, Nambu!«
Der Huissier, an den dieser Befehl gerichtet war, verkündigte sogleich im Vorzimmer, der König empfange niemand mehr.
Heinrich näherte sich nun Epernon, klopfte ihm auf die Schulter und sagte zu ihm: »Lavalette, du wirst heute abend unter deine Fünfundvierzig Geld austeilen und ihnen Urlaub für eine Nacht und einen Tag geben. Sie sollen sich vergnügen. Bei der Messe! sie haben mich gerettet, gerettet wie das weiße Roß Sullas.«
»Gerettet?« rief Catharina erstaunt.
»Ja, meine Mutter.«
»Gerettet, wovor?«
»Ah! da fragt Epernon!«
»Ich frage Euch, das ist noch besser, wie mir scheint.«
»Nun wohl! Madame, unsere vielgeliebte Base, die Schwester Eures Freundes, des Herrn von Guise... Ah! verteidigt Euch nicht, es ist Euer guter Freund.«
Catharina lächelte wie eine Frau, die sagen will: »Er wird nie begreifen.«
Der König sah dieses Lächeln, preßte die Lippen zusammen und fuhr dann fort: »Die Schwester Eures guten Freundes von Guise hat mir gestern einen Hinterhalt legen lassen.«
»Einen Hinterhalt?«
»Ja, Madame, gestern wäre ich beinahe festgenommen. vielleicht ermordet worden.«
»Durch Herrn von Guise?« rief Katharina.
»Ihr glaubt es nicht?«
»Nein, ich muß es gestehen.«
»Epernon, mein Freund, um der Liebe Gottes willen, erzählt der Frau Königinmutter das Erlebnis: wenn ich selbst spräche, und sie fortwährend so die Achseln zuckte, so würde ich in Zorn geraten, und ich habe wahrhaftig nichts zuzusetzen.«
Dann fuhr Heinrich, sich an Katharina wendend, fort: »Gott befohlen, Madame, Gott befohlen, liebt Herrn von Guise, solange Ihr wollt; ich habe schon Herrn von Salcède vierteilen lassen, wie Ihr Euch erinnern werdet?«
»Gewiß.«
»Nun! die Herren von Guise mögen es machen wie Ihr, sie mögen es nicht vergessen.«
Nachdem er so gesprochen, zuckte er die Achseln noch höher, als seine Mutter sie gezuckt hatte, und kehrte in seine Gemächer zurück.
Rote Feder und weiße Feder.
Es war acht Uhr abends, und traurig hob Briquets Haus seinen dreieckigen Umriß an einem von Lämmerwolken bedeckten Himmel hervor, der offenbar mehr zum Regen als zum Mondschein geneigt war.
Dieses arme Haus, von dem man fühlte, daß seine Seele abwesend war, bildete ein würdiges Gegenstück zu jenem geheimnisvollen Hause, das unsere Leser schon kennen. Es war, als ständen sich die Häuser gähnend gegenüber.
Unfern davon hörte man ein gewaltiges Geräusch von klirrendem Eisen, vermischt mit verworrenen Stimmen, unbestimmtes Gemurmel und Gequieke, als feierten Korybanten in einer Höhle die Mysterien der guten Göttin. Es war ohne Zweifel dieses Geräusch, was einen jungen Mann, der ein veilchenblaues Toquet mit roter Feder und einen grauen Mantel trug, einen hübschen Kavalier, anzog und bewog, einige Minuten stehenzubleiben, wonach er langsam, nachdenkend, den Kopf gesenkt, zu Robert Briquets Hause zurückkehrte.
Diese Symphonie von zusammengestoßenem Eisen rührte von Kasserollen her; das unbestimmte Gemurmel kam von Fleischtöpfen, die auf dem Feuer kochten, und von sich drehenden Spießen; das Geschrei rührte von Meister Fournichon, dem Wirt »Zum kühnen Ritter«, her, der mit der Sorge für seine Öfen beschäftigt war, und das Gequieke von Frau Fournichon, die die Boudoirs der Türmchen zurichten ließ.
Als der junge Mann mit dem veilchenblauen Toquet das Feuer beschaut, den Geruch des Geflügels eingeatmet und die Vorhänge der Fenster geprüft hatte, kehrte er zurück und fing sodann seinen Gang wieder an, der ihn bis zu dem Bach brachte, der die Straße vor Robert Briquets Hause durchschnitt und nach dem geheimnisvollen Gegenüber lief.
Doch, es ist zu bemerken, daß der Spaziergänger, sooft er dahin kam, immer, wie eine pünktliche Schildwache, einen andern jungen Mann ungefähr von demselben Alter fand, der ein schwarzes Toquet mit weißer Feder und einen veilchenblauen Mantel trug und, die Stirn gefaltet, das
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