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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Durchgang unmöglich war, und ließ ihn erst durch, nachdem der Gaskogner sein Ehrenwort gegeben hatte, das Pfeifen habe ihm gegolten.
    Freudig erregt, endlich eine Kundschaft zu haben, wie sie sie sich schon lange glühend für den unglücklichen Rosenstock Amors wünschte, der durch den » Kühnen Ritter « entthront worden war, ließ die Wirtin Ernauton auf der Schneckentreppe hinaufsteigen, die zu dem geschmücktesten und diskretesten der Türmchen führte.
    Frau Fournichon folgte dem jungen Manne Schritt für Schritt, sie trieb ihn von der Treppe ins Vorzimmer und vom Vorzimmer in das Türmchen, mit Augen, die durch verliebtes Blinzeln ganz klein wurden; dann zog sie sich zurück.
    Ernauton blieb, die rechte Hand am Türvorhang, die linke auf der Klinke und zum Gruß halb gebückt, stehen.
    Er hatte in dem wollüstigen Dämmerlicht des nur durch eine einzige Kerze von rosenfarbenem Wachs erleuchteten Türmchens eine zierliche, weibliche Gestalt erblickt, die stets, wenn nicht Liebe, doch wenigstens Aufmerksamkeit oder gar Verlangen heischt. Auf Kissen zurückgelehnt, ganz inSamt und Seide gehüllt, war diese Dame, deren kleiner Fuß über das Ende des Ruhebettes heranging, beschäftigt, an der Kerze den Rest eines kleinen Aloezweiges zu verbrennen, dessen Rauch sie zuweilen, um ihn einzuatmen, ihrem Gesichte näher brachte, wobei sie auch mit diesem Rauch die Falten ihres Kapuchon und ihre Haare füllte, als wollte sie sich ganz von dem berauschendem Dampfe durchdringen lassen.
    An der Art und Weise, wie sie den Rest des Zweiges ins Feuer warf, wie sie ihr Kleid auf ihren Fuß hinabzog und ihre Kopfbedeckung auf ihr verlarvtes Gesicht fallen ließ, erkannte Ernauton, daß sie ihn hatte eintreten hören und in ihrer Nähe wußte. Sie hatte sich jedoch nicht umgewendet.
    Ernauton wartete einen Augenblick; sie wandte sich nicht um.
    »Madame,« sagte der junge Mann mit weicher Stimme. »Madame, Ihr habt Euren untertänigen Diener rufen lassen, hier ist er.«
    »Ah! sehr gut, ich bitte, setzt Euch, Herr Ernauton!« – »Verzeiht, Madame, ich muß Euch vor allem für die Ehre danken, die Ihr mir erweist.«
    »Ah! das ist artig, Ihr habt recht, Herr von Carmainges, und ich denke, Ihr wißt doch noch nicht, wem Ihr dankt?« – »Madame, Ihr habt das Gesicht unter einer Larve, die Hand unter Handschuhen verborgen und mir im Moment meines Eintritts den Anblick eines Fußes entzogen, der mich sicher wahnsinnig verliebt in Euch gemacht hätte,« sagte Ernauton, allmählich näherkommend, »ich sehe nichts, was mir eine Erkennung gestattet, und ich kann nur erraten.«
    »Und Ihr erratet, wer ich bin?« – »Die, nach der sich mein Herz sehnt, die meine Einbildungskraft jung, schön, mächtig und reich macht, zu reich und zu mächtig sogar, als daß ich glauben könnte, was mir begegnet, sei eine Wirklichkeit, und ich träumte nicht in diesem Augenblick.«
    »Habt Ihr viel Mühe gehabt, hier hereinzukommen?« – »Nein, Madame, der Zugang ist mir sogar viel leichter geworden, als ich gedacht hätte.«
    »Es ist wahr, für einen Mann ist alles leicht, nur für eine Frau ist das anders.« – »Ich bedaure sehr,« Madame, daß Ihr Euch so viele Mühe gemacht habt, und kann Euch nur meinen untertänigsten Dank dafür darbringen.«
    Doch die Dame schien schon zu einem andern Gedanken übergegangen zu sein.
    »Was sagtet Ihr, mein Herr?« versetzte sie nachlässig, während sie einen Handschuh auszog, um eine bewunderungswürdige runde Hand mit zart zugespitzten Fingern zu zeigen. – »Ich sagte, Madame, ohne Eure Züge gesehen zu haben, wisse ich, wer Ihr seid, und ohne eine Täuschung zu befürchten, könnte ich Euch sagen, daß ich Euch liebe.«
    »Ihr glaubt also dafür stehen zu können, daß ich wirklich die bin, die Ihr hier zu finden erwartetet?« – »In Ermangelung des Augenscheins sagt es mir mein Herz.«
    »Ihr kennt mich also?« – »Ich kenne Euch, ja.«
    »In der Tat, Ihr, ein Mann, der kaum aus der Provinz hier gelandet ist, Ihr kennt schon die Frauen von Paris?« – »Von allen Frauen von Paris, Madame, kenne ich bis jetzt nur eine einzige.«
    »Und diese bin ich?« – »Ich glaube es.«
    »Und woran erkennt Ihr mich?« – »An Eurer Stimme, an Eurer Anmut, an Eurer Schönheit.«
    »An meiner Stimme, ich begreife das, denn ich kann sie nicht verstellen; an meiner Anmut, ich will dieses Wort als Kompliment nehmen; doch an meiner Schönheit, diese Antwort kann ich nur als Hypothese zulassen.« – »Warum

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