Die Fünfundvierzig
Gott behüte mich, ich denke das nicht.«
»Und Ihr habt unrecht,« versetzte die Dame, indem sie sich zum erstenmal gegen Ernauton umwandte und auf seine Augen ihre unter der Maske flammenden Augen heftete und dabei vor dem entzündeten Blicke des jungen Mannes eine wunderbar verführerische Taille entwickelte, die sich in runden, wollüstigen Linien auf dem Samt des Ruhebettes hervorhob. – Ernauton faltete die Hände und rief: »Madame! Madame! Ihr spottet meiner.«
»Wahrhaftig, nein,« erwiderte sie mit demselben freien, ungebundenen Ton, »ich sage, daß Ihr mir gefallen habt, und das ist die Wahrheit.« – »Mein Gott!«
»Habt Ihr denn nicht selbst gewagt, mir zu erklären, daß Ihr mich liebt?« –'»Als ich Euch dies erklärte, wußte ich nicht, wer Ihr wart, Madame, und nun, da ich es weiß, bitte ich Euch demütig um Verzeihung.«
»Ah! nun fängt er an zu faseln,« murmelte die Name voll Ungeduld. »Bleibt doch, was Ihr seid, sagt doch, was Ihr denkt, oder Ihr werdet machen, daß ich bedaure,hierher gekommen zu sein.« – Ernauton fiel aus die Knie. »Sprecht, Madame, damit ich mich überzeuge, daß dies alles nicht ein Spiel ist, und vielleicht werde ich dann wagen, zu antworten.«
»Es sei; vernehmt, welche Pläne ich mit Euch habe,« erwiderte die Dame, indem sie mit der einen Hand Ernauton zurückschob, während sie mit der andern die Falten ihres Kleides symmetrisch ordnete. »Ich finde Geschmack an Euch, doch ich kenne Euch noch nicht. Ich habe nicht die Gewohnheit, meinen Neigungen zu widerstehen, bin aber auch nicht so albern, Irrtümer zu begehen. Wären wir von gleichem Stande gewesen, so hätte ich Euch bei mir empfangen und nach meiner Bequemlichkeit studiert, ehe Ihr meine Absichten geahnt haben würdet. Bei Euch war dies unmöglich; man mußte das anders einrichten und aufs Geratewohl diese Zusammenkunft herbeiführen. Ihr wißt nun, woran Ihr Euch in Beziehung aus mich zu halten habt. Werdet meiner würdig, das ist alles, was ich Euch empfehle.« – Ernauton verwickelte sich in Beteuerungen. »Oh! ich bitte, weniger Hitze, Herr von Carmainges,« sagte die Dame mit nachlässigem Tone, »es ist nicht der Mühe wert; vielleicht ist es nur Euer Name, was mir, als wir uns zum ersten Male trafen, aufgefallen ist und mich angesprochen hat. Im ganzen glaube ich entschieden, daß ich nur eine Laune für Euch habe, und daß dies vorübergehen wird. Glaubt indessen nicht, zu fern von der Vollendung zu sein, und verzweifelt nicht! Ich kann die vollkommenen Menschen nicht leiden, Oh! ich bete dagegen die ergebenen Leute an. Beachtet dies wohl, schöner Kavalier.«
Ernauton war außer sich; diese hochmütige Sprache, diese Gebärden voll Wollust und Weichheit, diese stolze Überlegenheit, dieses Hingeben ihm gegenüber von einer so vornehmen Person bereiteten ihm zugleich die höchste Wonne und den tiefsten Schrecken.
Er setzte sich zu der schönen, stolzen Gebieterin seinesHerzens, die ihn gewähren ließ, und suchte seinen Arm hinter die Kissen zu schieben, auf die sie sich lehnte.
»Mein Herr,« sagte sie, »es scheint, Ihr habt mich gehört, aber Ihr habt mich nicht verstanden. Ich bitte, keine Vertraulichkeiten, bleiben wir jeder an seinem Platz. Es ist sicher, daß ich Euch eines Tages das Recht verleihen werde, mich die Eurige zu nennen, doch Ihr habt dieses Recht noch nicht.«
Ernauton stand bleich und unwillig aus und erwiderte: »Entschuldigt mich, Madame, ich mache nichts als Albernheiten, denn die Gewohnheiten von Paris sind mir noch fremd. Wenn bei uns in der Provinz eine Frau sagt: ›Ich liebe, so liebt sie und sträubt sich nicht. Sie nimmt ihre Worte nicht zum Vorwand, um einen Mann zu ihren Füßen zu demütigen. Das ist Pariser Sitte, das ist Euer Recht als Prinzessin. Ich füge mich in dies alles. Es fehlte mir nur die Gewohnheit, doch die Gewohnheit wird kommen.«
Die Dame hörte ihn stillschweigend an; es war sichtbar, daß sie Ernauton aufmerksam beobachtete, um zu wissen, ob sein Unwille am Ende in wirklichen Zorn überginge.
»Ah! ah! Ihr ärgert Euch, glaube ich,« sagte sie mit stolzer Miene.
»Ich ärgere mich in der Tat, Madame, doch über mich selbst; denn ich empfinde für Euch, Madame, keine vorübergehende Laune, sondern Liebe, eine sehr wahre und sehr reine Liebe. Ich suche nicht Eure Person, denn ich würde sie begehren, wenn dem so wäre, sondern ich suche Euer Herz zu gewinnen. Ich werde mir auch nie verzeihen, Madame, daß ich heute durch Freiheiten
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