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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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spät.«
    Herr von Saint-Aignan konnte nichts Sicheres angeben, aber er ahnte eine große, verborgene Gefahr. Man brach auf. Der Herzog stellte sich an die Spitze, Herr von Saint-Aignan behielt das Zentrum, und Joyeuse übernahm die Nachhut.
    Doch es trennten sich von der Gruppe noch zwei- bis dreitausend Mann, entweder durch ihre Wunden geschwächt oder durch die Anstrengungen zu sehr ermattet, und legten sich verlassen, trostlos, von finsterer Ahnung ergriffen, im Grase oder am Fuße der Bäume nieder. Bei ihnen blieben auch die demontierten Reiter, deren Pferde sich nicht fortschleppen konnten oder auf dem Marsche verwundet worden waren. Es waren um den Herzog von Anjou kaum noch dreitausend hinreichend kräftige und kampffähige Soldaten versammelt.

Die Reisenden.
    Während dieses Unglück, der Vorläufer eines noch viel größeren, in Erfüllung ging, kamen zwei Reisende auf vortrefflichen Pferden in einer kühlen Nacht aus dem Tore Brüssels und ritten in der Richtung von Mecheln vorwärts. Sie bewegten sich nebeneinander; sie hatten ihre Mäntel eingebunden und scheinbar keine Waffen, abgesehen von einem flämischen Messer, dessen messingenen Griff man am Gürtel des einen glänzen sah.
    Diese Reisenden ritten ihres Weges, jeder seinem Gedanken folgend, ohne ein Wort auszutauschen.
    Wer sie auf der vom Monde beleuchteten Landstraße so friedlich hätte traben sehen, würde sie für gute Leute gehalten haben, die es drängte, nach einer guten Tagereise ein gutes Bett zu finden.
    Doch man hätte nur einige durch den Wind von ihrem Gespräche abgelöste Sätze zu hören brauchen, um diese irrige Meinung aufzugeben.
    Und das seltsamste von allen Worten, die sie austauschten, war auch ihr erstes, als sie ungefähr eine halbe Meile von Brüssel entfernt sein mochten.
    »Madame,« sagte der stärkere zu dem schlankeren Gefährten, »Ihr habt in der Tat recht gehabt, diese Nacht aufzubrechen; wir gewinnen sieben Meilen durch unsern Marsch und kommen nach Mecheln gerade in dem Augenblick, in dem aller Wahrscheinlichkeit nach das Resultat des Handstreichs auf Antwerpen bekannt sein wird. Man wird sie dort in der ganzen Trunkenheit des Triumphes finden. In zwei kurzen Tagemärschen erreichen wir Antwerpen, und zwar ohne Zweifel zur Stunde, wo der Prinz sich von seiner Freude erholt und die Gnade haben wird, auf den Boden zu schauen, nachdem er sich bis in den siebenten Himmel erhoben.«
    Der Gefährte, der von dem andern Madame genanntwurde, erwiderte mit einer zugleich ruhigen, ernsten und sanften Stimme: »Mein Freund, glaubt mir, Gott wird müde sein, diesen elenden Prinzen zu beschützen, und ihn grausam schlagen; beeilen wir uns also, unsere Pläne in Ausführung zu bringen, denn ich gehöre nicht zu denen, die an das Schicksal glauben, und ich denke, die Menschen haben frei über ihren Willen und über ihre Handlungen zu gebieten. Wenn wir nicht handeln und Gott handeln lassen, so war es nicht der Mühe wert, so schmerzlich bis auf diesen Tag zu leben.«
    In diesem Augenblick pfiff ein eisiger Nordwest vorüber.
    »Ihr schauert, Madame,« sagte der ältere von den Reisenden; »nehmt Euren Mantel!«
    »Nein, Remy, ich danke; du weißt, ich fühle weder mehr die Schmerzen des Körpers noch die Qualen des Geistes.«
    Remy schlug die Augen zum Himmel auf und blieb in ein düsteres Nachdenken versunken. Zuweilen hielt er sein Pferd an und wandte sich auf seinen Steigbügeln um, während ihm seine Gefährtin stumm wie eine Reiterstatue voranritt.
    Nach einem von diesen Halten, und als ihr Gefährte sie wieder eingeholt hatte, sagte sie: »Nu siehst niemand mehr hinter uns?« – »Nein, Madame, niemand.«
    »Der Reiter, der uns in der Nacht in Valenciennes einholte und sich nach uns erkundigte, nachdem er uns so lange beobachtet hatte?« – »Ich sehe ihn nicht mehr.« »Aber mir scheint, ich habe ihn gesehen, ehe wir Mons erreichten.« – »Und ich, Madame, weiß sicher, daß ich ihn gesehen habe, ehe wir nach Brüssel kamen.«
    »Nach Brüssel, sagst du?« – »Ja; doch er wird in dieser Stadt angehalten haben.«
    »Remy,« sagte die Dame, indem sie sich ihrem Gefährten näherte, als fürchtete sie, man könnte sie auf dieseröden Straße hören, »kam es dir nicht vor, als gliche er ...« – »Wem?«
    »Seiner Haltung nach wenigstens, denn ich habe sein Gesicht nicht gesehen, dem unglücklichen jungen Mann.« – »Oh! nein, nein, Madame,« erwiderte Remy hastig, »nicht im geringsten; wie hätte er überdies

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