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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Beize; doch seit der Kunde von dem Tode Aurillys, die dem Prinzen zugekommen war, man wußte nicht wie, hatte sich der Prinz in einen mitten im Parke liegenden Pavillon zurückgezogen. Dieser Pavillon, ein für jedermann, mit Ausnahme der Vertrauten des Prinzen, unzugänglicher Aufenthaltsort, war unter dem Blätterwerke wie verloren und wurde kaum über den riesigen Hagebuchen und durch dir dichten Hecken sichtbar.In diesen Pavillon hatte sich der Prinz seit zwei Tagen zurückgezogen; die ihn nicht kannten, sagten, der Kummer, den ihm Aurillys Tod verursache, habe ihn bewogen, sich in solche Einsamkeit zu versenken; die ihn kannten, behaupteten, in diesem Pavillon gehe ein schändliches, höllisches Werk vor, das eines Morgens an den Tag kommen werde.
    Beide Annahmen waren um so wahrscheinlicher, als der Prinz in Verzweiflung zu sein schien, wenn ihn ein Geschäft oder ein Besuch nach dem Schlosse rief. Sobald dieser Besuch empfangen, oder dieses Geschäft abgemacht war, kehrte er in seine Einsamkeit zurück, wo er nur von zwei Kammerdienern bedient wurde, die seit seiner Geburt bei ihm waren.
    »Wenn der Prinz in dieser Laune ist,« sagte Henri, »so werden die Feste nicht sehr heiter sein.«
    »Sicher nicht,« erwiderte der Fähnrich, »jeder wird Mitleid mit dem Schmerz des Prinzen zu haben wissen, der in seinem Stolze und in seiner Zuneigung getroffen worden ist.«
    Henri fuhr fort zu fragen, ohne es zu wollen, und nahm ein seltsames Interesse an diesen Fragen; der Tod Aurillys, den er bei Hofe gekannt und in Flandern wiedergesehen hatte; die Gleichgültigkeit, mit der ihm der Prinz den Verlust, den er erlitten, mitgeteilt; die Abgeschlossenheit, in der der Prinz, wie man sagte, seit diesem Tode lebte, dies alles stand für ihn, ohne daß er wußte wie, mit dem geheimnisvollen, düsteren Gewebe in Verbindung, mit dem seit einiger Zeit die Ereignisse seines Lebens verflochten waren.
    »Und man weiß nicht,« fragte er den Fähnrich, »man weiß nicht, wie dem Prinzen die Nachricht von dem Tode Aurillys zugekommen ist?«
    »Nein.«
    »Aber erzählt man sich denn nichts hierüber?«»Oh! gewiß, Ihr wißt, wahr oder falsch, man erzählt sich immer etwas.«
    »Nun, so laßt hören.«
    »Der Prinz soll unter den Weiden beim Flusse gejagt und sich von den andern Jägern entfernt haben – denn er tut alles sprungweise, er erhitzt sich, läßt sich fortreißen bei der Jagd wie beim Spiel, wie im Feuer, wie im Schmerz –, als man ihn plötzlich mit bestürztem Gesichte zurückkommen sah.
    »Die Höflinge fragten ihn, in der Meinung, es handle sich nur um ein Jagdabenteuer.
    »Er hielt zwei Rollen Gold in der Hand.
    »,Begreift ihr das, meine Herren?' fragte er mit bebender Stimme, ,Aurilly ist tot, Aurilly ist von den Wölfen gefressen worden'.
    »Alles schrie laut auf.
    »,Nein' sagte der Prinz, ,es ist so, oder der Teufel soll mich holen; der arme Lautenspieler war immer mehr ein großer Musiker als ein guter Reiter; es scheint, sein Pferd ist mit ihm durchgegangen, und er ist so in eine Schlucht gestürzt, daß es ihm den Tod brachte; am andern Tage fanden zwei Reisende, die an dieser Schlucht vorüberkamen, seinen Leichnam halb von den Wölfen gefressen, und zum Beweise, daß die Sache sich wirklich so zugetragen hat, und daß nicht Räuber die Schuld tragen, dient, daß hier die zwei Rollen Gold sind, die er bei sich trug, und die man gewissenhaft zurückgebracht hat.'
    »Da man nun niemand diese Rollen hatte bringen sehen,« fuhr der Fähnrich fort, »so vermutete man, sie seien dem Prinzen von den beiden Reisenden zugestellt worden, die ihm, als sie ihm am Ufer des Flusses begegneten und ihn erkannten, die Kunde von dem Tode Aurillys mitgeteilt haben sollen.«
    »Das ist seltsam,« murmelte Henri.
    »Um so seltsamer,« sagte der Fähnrich, »als man sagt – ist es wahr? ist es eine Erfindung? –, man habe denPrinzen die kleine Pforte des Parkes auf der Seite der Kastanienbäume öffnen und durch diese Pforte etwas wie zwei Schatten hereinkommen sehen. Der Prinz hat also zwei Personen, zwei Reisende wahrscheinlich, in den Park eingelassen; seit dieser Zeit ist der Prinz in seinen Pavillon ausgewandert, und wir haben ihn nur flüchtig erblickt.«
    »Und niemand hat die beiden Reisenden gesehen?« fragte Henri.
    »Ich,« erwiderte der Fähnrich. »Als ich nämlich beim Prinzen die Abendparole für hie Schloßwache holte, begegnete ich einem Mann, der mir nicht dem Hause Seiner Hoheit anzugehören schien; doch ich

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