Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
Ariel.«
    Der Wirt legte dem Jungen eine Hand auf den Arm. »Ehrlich gesagt: Ich mag dich, Aaron. Ich halte dich für ungewöhnlich klug, und ich möchte nicht mit ansehen müssen, wie du dein Leben wegwirfst.« Er atmete tief durch und sah dem Schmiedelehrling ins Gesicht. Seine Augen waren von einem erstaunlichen Grün. »Ich weiß, wie dieser Krieg begonnen hat. Ich kenne die Wahrheit darüber. Und wenn du die erst mal gehört hast, wirst du längst nicht mehr so begierig sein, loszulaufen und dafür dein Leben zu lassen.«
    Der Wirt wies auf einen der freien Stühle an dem Tisch des Chronisten und lächelte so reizend wie ein waschechter Märchenprinz. »Na, was sagst du dazu?«
    Aaron starrte ihn einen ganzen Moment lang an, und dann huschte sein Blick wieder zu dem Schwert hinauf. »Wenn Ihr es wirklich seid …« Er verstummte, aber sein Gesichtsausdruck verwandelte es in eine Frage.
    »Ich bin es wirklich«, versicherte ihm Kote.
    »… könnte ich dann bitte Euren Mantel sehen, der keine bestimmte Farbe hat?«, fragte der Lehrling und setzte ein Grinsen auf.
    Das reizende Lächeln des Wirts wurde so brüchig wie eine gesplitterte Glasscheibe.
    »Da verwechselst du Kvothe mit Taborlin dem Großen«, schaltete sich der Chronist ein. »Taborlin besaß diesen Mantel, der keine bestimmte Farbe hatte.«
    Aaron wandte sich mit verwirrtem Blick zu dem Schreiber um. »Und was hatte Kvothe?«
    |38| »Einen Schattenmantel«, antwortete der Chronist. »Wenn ich mich recht erinnere.«
    Der Junge wandte sich wieder zum Tresen um. »Könnt Ihr mir dann Euren Schattenmantel zeigen?«, fragte er. »Oder ein klein wenig Magie? So was wollte ich immer schon mal sehen. Ein bisschen Feuer oder Blitz würde mir schon genügen. Ich will Euch ja nicht erschöpfen.«
    Ehe der Wirt darauf antworten konnte, brach Aaron in Gelächter aus. »Ich mache doch bloß Spaß, Mr. Kote.« Er grinste nun wieder, breiter als zuvor. »Aber Himmel Herrgott, einen so guten Lügner wie Euch hab ich wirklich noch nie erlebt. Selbst mein Onkel Alvan konnte so einen Klopper nicht auftischen, ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen.«
    Der Wirt senkte den Blick und grummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
    Aaron griff über den Tresen und legte Kote seine breite Hand auf die Schulter. »Ich weiß, Ihr wollt mir nur helfen, Mr. Kote«, sagte er herzlich. »Ihr seid ein guter Mensch, und ich werde mir das, was Ihr gesagt habt, durch den Kopf gehen lassen. Ich habe es auch nicht eilig, Soldat zu werden. Ich will mir nur klar werden, welche Möglichkeiten mir offen stehen.«
    Der Schmiedelehrling schüttelte den Kopf. »Heute morgen versuchen aber auch wirklich alle, mir einen Bären aufzubinden. Ich schwör’s. Meine Mutter hat behauptet, sie hätte die Schwindsucht. Rose hat behauptet, sie wäre schwanger.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und kicherte. »Aber Eure war echt mit Abstand die dickste Lüge, das muss ich Euch lassen.«
    »Nun ja, weißt du …«, sagte Kote und brachte ein mattes Lächeln zustande, »ich hätte deiner Mutter nicht mehr in die Augen sehen können, wenn ich es nicht wenigstens versucht hätte.«
    »Und Ihr hättet es vielleicht sogar geschafft, wenn Ihr es mit etwas versucht hättet, das man eher glauben könnte«, erwiderte der Lehrling. »Aber jeder weiß doch, dass Kvothes Schwert aus Silber war.« Er wies mit einem Blick auf das an der Wand hängende Schwert. »Und es hieß auch nicht ›Torheit‹. Es hieß ›Kaysera, der Dichtermörder‹.«
    Da zuckte der Wirt ein wenig zusammen. »Dichtermörder?«
    |39| Aaron nickte. »Jawohl. Und Euer Schreiber hat recht. Er hatte sich den Umhang aus Spinnweben und Schatten machen lassen und trug an allen Fingern Ringe. Wie heißt es noch?
     
    An der ersten Hand trug er Ringe aus Stein,
    Eisen, Bernstein, Holz und Bein.
    Nie gesehen –
     
    Der Schmiedelehrling runzelte die Stirn. »Der Rest fällt mir nicht mehr ein. Da war noch irgendwas mit Feuer …«
    Der Wirt blickte unergründlich. Er sah auf seine Hände hinab, die auf dem Tresen lagen, und nach kurzem Schweigen rezitierte er:
     
    Nie gesehen die Ringe der zweiten Hand.
    Einer war Blut in fließendem Band,
    Einer aus Luft, ganz flüsterdünn,
    Und der Eisring war fehlerhaft innendrin.
    Ganz matt schien der Ring aus Feuer bloß,
    Und der letzte Ring war namenlos.
     
    »Genau«, sagte Aaron und lächelte. »Und von denen habt Ihr keinen hinterm Tresen, oder?« Er stellte sich auf die Zehenspitzen, wie um

Weitere Kostenlose Bücher