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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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nicht wie ein Handschuh, sondern wie die Haut. Mehr noch, er war zugleich Knochen, Muskel und Bewegung,alles, was eine Hand ausmacht. Und Caesura war das Schwert. Es war sowohl der Name wie die Sache.
    Ich kann euch nicht sagen, woher ich das weiß. Ich wusste es einfach.
    Außerdem konnte ich, wenn ich schon ein Namenskundiger werden sollte, wohl gefälligst den Namen meines eigenen Schwertes selbst bestimmen.
    Ich hob den Kopf und sah Magwyn an. »Der Name passt sehr gut«, stimmte ich höflich zu. Ich beschloss, meine Meinung für mich zu behalten, bis ich weit weg war von Ademre. »Mich hätte nur interessiert, wie viele Besitzer das Schwert insgesamt hatte. Das sollte ich schließlich wissen.«
    Magwyn sah mich mit einem verärgerten Blick an, der besagte, dass sie meinen herablassenden Ton sehr wohl bemerkte. Doch dann blätterte sie einige Seiten weiter und dann noch einige.
    Und noch einige.
    »Zweihundertsechsunddreißig«, sagte sie. »Du bist der Zweihundertsiebenunddreißigste.« Sie blätterte zum Anfang der Liste zurück. »Lass uns noch einmal anfangen.« Sie holte Luft und begann: »Zuerst kam Chael, der mich zu unbekanntem Zwecke im Feuer schmiedete. Er trug mich, dann legte er mich ab.«
    Ich unterdrückte einen Seufzer. Auch mit meinem guten Gedächtnis als Schauspieler würde es lange, mühsame Tage dauern, bis ich alle Namen auswendig kannte.
    Dann wurde mir plötzlich noch etwas klar. Wenn jeder meiner Vorbesitzer das Schwert im Schnitt zehn Jahre getragen hatte und zwischen den Besitzerwechseln nie mehr als ein, zwei Tage vergangen waren, hieß das, dass das Schwert selbst bei vorsichtiger Schätzung über zweitausend Jahre alt war.
     
    Die nächste Überraschung kam, als ich mich zum Abendessen entschuldigen wollte. Ich wollte schon aufstehen, da erklärte Magwyn, ich müsse bei ihr bleiben, bis ich die ganze Geschichte auswendig gelernt hätte. Jemand würde uns die Mahlzeiten bringen, und schlafen könne ich in einem Gästezimmer.
    Zuerst kam Chael …

Kapitel 126

Der erste Stein
     
    I ch verbrachte drei Tage bei Magwyn, was nicht weiter schlimm war, weil meine linke Hand ohnehin noch heilen musste und ich bis dahin nur sehr eingeschränkt sprechen und kämpfen konnte.
    Ich bilde mir ein, mich wacker geschlagen zu haben. Es wäre mir leichter gefallen, ein ganzes Theaterstück auswendig zu lernen. Ein Theaterstück setzt sich wie ein Puzzle aus einzelnen Teilen zusammen. Der Dialog geht hin und her, die Handlung hat eine Richtung.
    Von Magwyn lernte ich dagegen nur eine lange Liste fremder Namen und zusammenhangsloser Ereignisse, eine endlose Aufzählung, die nur so tat, als sei sie eine Geschichte.
    Doch ich lernte sie auswendig. Am späten Abend des dritten Tages konnte ich sie Magwyn zum ersten Mal fehlerfrei vortragen. Am meisten Mühe kostete es mich, während des Vortrags nicht zu singen. Musik trägt Worte über weite Entfernungen ins Herz und ins Gedächtnis. Das Auswendiglernen war mir leichter gefallen, als ich die Liste in Gedanken zur Melodie einer altvintischen Ballade gesungen hatte.
    Am folgenden Morgen sollte ich sie Magwyn noch einmal vortragen. Nachdem ich auch das geschafft hatte, schrieb sie eine Nachricht für Shehyn, versiegelte sie mit Wachs und scheuchte mich aus ihrer Höhle.
     
    »Wir hatten damit gerechnet, dass Magwyn noch einige Tage mit dir beschäftigt ist«, sagte Shehyn, nachdem sie die Nachricht gelesen hatte. »Vashet ist nach Feant gereist und wird frühestens in zwei Tagen zurückkehren.«
    Das hieß, ich hatte das
atas
doppelt so schnell gelernt, wie sie erwartet hatten. Ich war darauf nicht wenig stolz.
    Shehyn warf einen Blick auf meine linke Hand und runzelte kaum merklich die Stirn. »Wann hast du dir den Verband abnehmen lassen?«, fragte sie.
    »Ich konnte Euch nicht finden, deshalb suchte ich Daeln auf. Er meinte, die Wunde sei gut verheilt.« Ich streckte die Finger meiner nicht mehr verbundenen linken Hand und machte die Geste für
Freude
und
Erleichterung.
»Die Haut spannt nur noch ein wenig, aber Daeln meinte, dass auch das bei sorgfältiger Pflege bald vergeht.«
    Ich sah Shehyn an und erwartete eine Geste der Zustimmung oder Zufriedenheit. Stattdessen sah ich
Unmut
und
Ärger.
    »Habe ich etwas falsch gemacht?«, fragte ich.
Verwirrung, Reue
und
Entschuldigung.
    Shehyn zeigte auf meine Hand. »Man hätte sie gut als Entschuldigung für die Verschiebung deiner Steinprüfung verwenden können«, sagte sie.
Resignation,

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