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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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In dieser einfachen Handbewegung lag eine solche Wut, dass sich mir der Magen zusammenzog.
    Eines begriff ich nun: Niemand verließ Felurian, niemand. Sie fesselte die Männer an sich, bis sie unter der Anstrengung der Liebe zuihr körperlich und geistig zerbrachen. Sie ließ die Männer erst gehen, wenn sie ihrer müde war, und wenn sie sie dann wegschickte, trieb die Trennung die Männer in den Wahnsinn.
    Ich war machtlos. Ich war nur Felurians Spielzeug – das liebste, weil neueste. Es mochte eine Weile dauern, bis sie meiner überdrüssig wurde, aber die Zeit würde kommen. Und wenn sie mich dann entließ, würde ich vor lauter Sehnsucht nach ihr den Verstand verlieren.

Kapitel 97

Blut und bittere Reue
     
    I ch saß zwischen seidenen Kissen und war drauf und dran, die Selbstkontrolle zu verlieren. Kalter Schweiß brach mir aus, und ich presste die Lippen zusammen. Zorn regte sich in mir. Mein Verstand war im Lauf meines bisherigen Lebens das Einzige gewesen, auf das ich mich immer hatte verlassen können, das Einzige, über das ich uneingeschränkt verfügt hatte.
    Ich spürte, wie meine Gefasstheit ins Wanken geriet und an ihre Stelle eine animalische Lust trat, die jeden anderen Gedanken verdrängte.
    Zwar wehrte sich der Teil von mir, der noch Kvothe war, verzweifelt dagegen, doch mein Körper reagierte unwillkürlich auf Felurians Gegenwart. Getrieben von einer schrecklichen Faszination sah ich mich durch die Kissen zu ihr kriechen. Mein Arm schlang sich um ihre schlanke Taille, und ich beugte mich gierig über sie, um sie zu küssen.
    Entsetzt heulte ich innerlich auf. Man hat mich geschlagen und ausgepeitscht, mit Messern angegriffen und dem Hunger preisgegeben. Aber mein Verstand gehört mir, egal was mit meinem Körper oder darum herum passiert. Ich warf mich gegen die Stäbe eines unsichtbaren Käfigs aus Mondlicht und Verlangen.
    Und irgendwie gelang es mir, mich zurückzuhalten. Mein Atem stürzte aus meinem Mund, als wollte er in Panik daraus entfliehen.
    Felurian sank auf die Kissen zurück und hob das Gesicht zu mir. Ihre blassen Lippen waren vollkommen, die von Lidern verschatteten Augen hungrig.
    Ich zwang mich, den Blick von ihrem Gesicht abzuwenden, dochwohin hätte ich blicken sollen? An Felurians glattem, zartem Hals zitterte ihr erregter Puls. Ihre eine Brust stand mir rund und voll entgegen, die andere fiel der Neigung ihres Körpers folgend ein wenig zur Seite. Beide Brüste hoben und senkten sich im Rhythmus ihres Atems und zeichneten im Kerzenschein sanft bewegte Schatten auf ihre Haut. Hinter dem hellen Rosa ihrer Lippen sah ich ihre makellos weißen Zähne …
    Ich schloss die Augen, aber das machte alles nur noch schlimmer. Die Hitze ihres Körpers schlug mir entgegen wie die Glut eines Feuers. Ich spürte die Haut ihrer Hüften weich an meiner Hand. Felurian bewegte sich unter mir, und ihre Brust streifte ganz leicht die meine. Ich spürte ihren Atem an meinem Hals, erschauerte und begann zu schwitzen.
    Ich öffnete die Augen wieder. Felurian starrte mich an. Ihre Miene war unschuldig, fast gekränkt, als könne sie nicht verstehen, warum ich sie zurückwies. Ich versuchte den Zorn anzufachen, der sich in mir regte. Niemand durfte mir so mitspielen, niemand. Mühsam beherrschte ich mich. Felurian runzelte leicht die Stirn, als sei sie verärgert oder wütend oder als müsse sie sich konzentrieren.
    Sie hob die Hand und berührte mein Gesicht, den Blick unverwandt auf mich gerichtet, als versuche sie etwas zu lesen, das tief in mir geschrieben stand. Ich wollte vor ihrer Berührung zurückweichen, allein ich zitterte am ganzen Körper. Schweißtropfen fielen von meiner Haut auf die seidenen Kissen und auf ihren flachen Bauch unter mir.
    Zärtlich berührte Felurian meine Wange, zärtlich beugte ich mich zum Kuss hinunter. Da zerbrach etwas in mir.
    Die letzten vier Jahre meines Lebens waren auf einmal verschwunden, und ich befand mich wieder auf den Straßen von Tarbean. Drei Jungen mit fettigen Haaren und gemeinen Augen, die alle größer waren als ich, hatten mich aus dem Versteck gezerrt, in dem ich geschlafen hatte. Zwei hatten mich an den Armen gepackt und drückten mich auf den Boden. Ich lag in einer eiskalten Pfütze. Es war früher Morgen und die Sterne waren verschwunden.
    Der eine Junge hielt mir den Mund zu, aber das war nicht nötig. Ich lebte bereits seit einigen Monaten in der Stadt und hätte sowiesonicht um Hilfe gerufen. Im besten Fall wäre niemand gekommen. Im

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