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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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betrachtete mich lange forschend. »Komm heute Abend in meine Gemächer. Und da ich deine Frage nicht beantworten kann, will ich dir stattdessen eine Frage von mir stellen.«
    »Fragen bedeuten mir fast genauso viel wie Antworten, Euer Gnaden.«

Kapitel 138

Briefe
     
    D a mir bis zu meiner Verabredung mit dem Maer fast fünf Stunden blieben, hatte ich endlich Zeit für einen Besuch in der Unterstadt. Über dem Pferdelift wölbte sich ein herzzerreißend klarer und blauer Himmel. Mit diesem Bild vor Augen machte ich mich auf den Weg zu den VIER KERZEN.
    Im Schankraum herrschte kaum Betrieb, der Wirt bemerkte mich deshalb auf dem Weg zur Hintertreppe gleich. »Halt!«, rief er in gebrochenem Aturisch. »Zahlen! Zimmer nur für zahlende Gäste!«
    Da ich keine Szene machen wollte, trat ich an den Schanktresen. Der Wirt, ein magerer, schmierig wirkender Mann, sprach mit einem starken Lenatti-Akzent. Ich lächelte ihn an. »Ich will nur eine Freundin besuchen. Sie wohnt in Zimmer drei und hat langes, schwarzes Haar.« Ich zeigte mit einer Handbewegung an, wie lang. »Wohnt sie noch hier?«
    »Ah«, sagte er mit einem vielsagenden Blick. »Das Mädchen. Heißt Dinay?«
    Ich nickte, da ich ja wusste, dass Denna ihren Namen so oft wechselte wie andere Frauen die Frisur.
    Der schmierige Mann nickte wieder. »Ja. Schöne, dunkle Augen? Ist für länger verreist.«
    Mir sank das Herz, obwohl ich gewusst hatte, dass ich kaum hoffen durfte, Denna nach so langer Zeit noch hier anzutreffen. »Weißt du, wohin sie gegangen ist?«
    Der Wirt lachte meckernd auf. »Nein. Du und all die anderen Wölfe schnüffeln ihr ständig hinterher. Ich hätte viel Geld damit verdienenkönnen, mein Wissen an euch zu verkaufen. Aber nein, ich weiß es nicht.«
    »Vielleicht hat sie eine Nachricht für mich hinterlassen?«, fragte ich ohne wirkliche Hoffnung. In meinem Quartier in Alverons Burg hatte ich keinen Brief und auch keine sonstige Nachricht vorgefunden. »Ich sollte sie hier besuchen.«
    »Ach wirklich?«, fragte der Wirt spöttisch. Dann schien ihm etwas einzufallen. »Ich glaube, ich habe Zettel gesehen. Vielleicht. Kann nicht gut lesen. Du würdest ihn gerne sehen?« Er lächelte.
    Ich nickte und mein Herz tat einen kleinen Sprung.
    »Sie ist abgereist, ohne Geld im Zimmer zu lassen«, sagte der Wirt. »Siebzehneinhalb Pennys.«
    Ich zog einen Silberrund aus der Tasche und zeigte ihn dem Wirt. Der Wirt wollte ihn nehmen, aber ich legte ihn auf den Tresen und hielt ihn mit zwei Fingern fest.
    Der Wirt eilte in ein Hinterzimmer und blieb eine ganze Weile verschwunden. Endlich kehrte er zurück. In der Hand hielt er ein zusammengefaltetes Blatt Papier. »Habe gefunden«, rief er triumphierend und hielt das Papier hoch. »Keine Verwendung für Papier hier außer Feuermachen.«
    Ich betrachtete das Papierpäckchen und schöpfte wieder Hoffnung. Es war genauso in sich zusammengefaltet wie der Brief, den ich dem Kessler für sie gegeben hatte. Wenn Denna die Faltweise von mir übernommen hatte, musste sie meinen Brief gelesen und mir diese Nachricht hinterlassen haben. Hoffentlich schrieb sie, wohin sie verreist war und wie ich sie finden konnte. Ich schob dem Wirt die Münze zu und nahm den Brief. Draußen eilte ich in den Schatten eines zurückgesetzten Torbogens. Mehr Schutz und Ruhe bot die belebte Straße nicht. Ich riss den Bogen sorgfältig auf, entfaltete ihn und trat näher ans Licht. Dann las ich.
     
    Liebe Denna,
    ich musste die Stadt im Auftrag meines Gönners verlassen. Ich werde einige Zeit weg sein, vielleicht mehrere Spannen. Die Bitte kam ganz plötzlich und ich konnte nicht ablehnen, sonst hätte ich Dich vor meiner Abreise unbedingt noch einmal sehen wollen.
    Ich bedaure vieles von dem, was ich bei unserem letzten Gespräch gesagt habe, und wünschte, ich könnte mich persönlich dafür entschuldigen.
    Ich werde mich gleich nach meiner Rückkehr bei Dir melden.
    Dein Kvothe
     
    Um die achte Stunde begab ich mich in die Gemächer des Maer. Caesura ließ ich diesmal zurück. Ich kam mir ohne Schwert merkwürdig nackt vor. Es ist seltsam, wie schnell man eine solche Gewohnheit annimmt.
    Stapes führte mich in das Wohnzimmer des Maer und Alveron schickte den Kammerdiener zu Meluan mit der Anfrage, ob sie uns Gesellschaft leisten wolle. Ich überlegte müßig, was wohl geschehen würde, wenn sie ablehnte. Ob der Maer dann auch zur Strafe drei Tage lang nicht mit ihr sprach?
    Alveron setzte sich auf ein Sofa und sah mich

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