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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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fällt es ihm schwer, an einem Ort zu verharren. Manchmal nutzt er das Angebot, das ihm das Wasser macht, und bewegt sich ein Stück weit vorwärts.« Sie sah mich an und lächelte ganz unschuldig. »Und wenn er sich bewegt, denkt er dabei an diesen Jungen.«
    Ich wusste nicht, was ich von dieser Geschichte halten sollte, und daher versuchte ich, das Thema zu wechseln. »Wie hast du denn gelernt, den Steinen zu lauschen?«
    »Du würdest staunen, was einem alles zu Ohren kommt, wenn man sich nur die Zeit nimmt, zuzuhören.« Sie wies auf das mit Steinen übersäte Bachbett. »Versuch’s doch mal. Man weiß nie, was man da zu hören kriegt.«
    Ich wusste zwar nicht, was für ein Spielchen sie da spielte, sah mich aber nach einem passenden Stein um, krempelte mir einen Ärmel auf und griff ins Wasser.
    »Hör ihm zu«, forderte mich Denna ganz ernsthaft auf.
    Dank meines Studiums bei Elodin konnte ich mit großer Langmut auf Lächerlichkeiten eingehen. Ich hielt mir den Stein ans Ohr und schloss die Augen. Ich überlegte, ob ich so tun sollte, als hörte ich eine Geschichte.
    Dann lag ich plötzlich im Wasser, bis auf die Haut durchnässt. Ich prustete und kämpfte mich wieder hoch, während Denna so heftig lachte, dass sie sich vorbeugen musste und kaum noch stehen konnte.
    Ich ging auf sie zu, aber sie wich vor mir zurück, mit einem kleinen Schrei, der sie noch lauter lachen ließ. Daher blieb ich stehen und wischte mir mit großer Geste Wasser aus dem Gesicht und von den Armen.
    »So schnell gibst du auf?«, neckte sie mich.
    Ich senkte meine Hand wieder ins Wasser. »Ich will den Stein wiederfinden«, sagte ich und tat, als suchte ich danach.
    Denna lachte und schüttelte den Kopf. »So leicht legst du mich nicht rein.«
    »Das ist mein Ernst«, sagte ich. »Ich will seine Geschichte zu Ende hören.«
    »Was war es denn für eine Geschichte?«, fragte sie spöttisch, kam aber nicht näher.
    »Es war eine Geschichte von einem Mädchen, das mit einem mächtigen Arkanisten ein Spielchen zu treiben versuchte«, sagte ich. »Sie machte sich lustig und spottete über ihn. Doch eines Tages traf er sie, da stand sie in einem Bach, und weil er so schön zu reimen begann, witterte sie kein Ungemach. Aber als sie so dumm war, sich sicher zu wähnen, nahm es dann doch noch ein Ende mit Tränen.«
    Ich grinste sie an und zog die Hand aus dem Wasser.
    Sie sah sich eben in dem Moment um, als die Welle sie erfasste. Sie war nur hüfthoch, aber es genügte, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie versank in einem Strudel aus Röcken, Haaren und Luftblasen.
    Die Strömung trug sie zu mir zurück, und ich half ihr lachend auf die Beine.
    Als sie wieder hochkam, sah sie aus, als hätte sie drei Tage lang im Wasser gelegen. »Das war nicht nett!«, ereiferte sie sich. »Gar nicht nett!«
    »Dafür bist du nun die schönste Nixe weit und breit«, sagte ich.
    Sie spritzte Wasser nach mir. »Du kannst mir schmeicheln, so viel du willst, es bleibt dabei: Du hast geschummelt. Ich dagegen hab nur einen ganz regulären Trick angewandt.«
    Sie versuchte mich unterzutauchen, daber diesmal ließ ich mich nicht übertölpeln. Wir rangen eine Zeit lang miteinander, bis wir auf sehr angenehme Weise außer Atem waren. Erst da wurde mir klar, wie nah sie mir war. Und wie schön. Und wie wenig unsere nassen Kleider uns zu trennten.
    Denna schien das in diesem Moment auch zu bemerken, und wir wichen ein Stückchen auseinander, mit einem Male wieder schüchtern. Da frischte der Wind auf und erinnerte uns daran, wie klatschnass wir waren. Denna lief ans Ufer, entledigte sich ohne zu zögern ihres Kleids und warf es zum Trocknen über den Graustein. Sie trug ein weißes Unterkleid, das ihr auf der Haut klebte. Dann kam sie wieder ins Wasser. Im Vorbeigehen versetzte sie mir einen neckischen Stups und stieg dann auf einen glatten, schwarzen Felsblock, der halb untergetaucht in der Mitte des Baches lag.
    Es war der ideale Stein, um sich darauf zu sonnen, glatter Basalt, so dunkel wie ihre Augen. Das Weiß ihrer Haut und des nur wenig verbergenden Unterkleids bildeten einen scharfen Kontrast dazu, es war fast zu hell, um lange hinzusehen. Sie legte sich auf den Rücken und breitete ihr Haar zum Trocknen aus. Die Nässe hinterließ ein Muster auf dem Stein, das den Namen des Windes buchstabierte. Sie schloss die Augen und wandte ihr Gesicht der Sonne zu. Felurian selbst hätte nicht schöner und gelöster aussehen können.
    Nun ging ich ebenfalls ans

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