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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Ausweg bieten konnte. Dank Alverons Bürgschaft und meinen Erfolgen im Handwerkszentrum war Geldmangel kein Thema mehr für mich. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich wohlhabend. Ich konnte ihr den Ausstieg ebnen …
    »Was ist denn mit deinem Rücken passiert?«, fragte Denna leise und unterbrach damit meine Gedanken. Sie lag immer noch auf dem Felsblock, und ich lehnte daran, die Füße im Wasser.
    »Was meinst du?«, fragte ich und drehte mich törichterweise einmal halb um meine Achse.
    »Dein ganzer Rücken ist voller Narben«, sagte sie. Ich spürte, wie ihre kühle Hand meine sonnengewärmte Haut berührte und an einer Linie entlang fuhr. »Ich hab erst gar nicht gedacht, dass es Narben sind. Sie sind hübsch.« Sie strich an einer anderen Linie auf meinem Rücken entlang. »Es sieht aus, als hätte dich ein Riesenkind mit einem Blatt Papier verwechselt und mit einer Silberfeder Schreibübungen auf deinem Rücken angestellt.«
    Sie nahm ihre Hand wieder fort, und ich wandte mich zu ihr um. »Woher hast du die?«, fragte sie.
    »Ich hab an der Universität Mist gebaut«, antwortete ich leicht verlegen.
    »Sie haben dich auspeitschen lassen?«, fragte sie ungläubig.
    »Zweimal.«
    »Und dennoch bist du da geblieben?«, fragte sie, als ob sie es immer noch nicht fassen könnte. »Nachdem sie dir das angetan haben?«
    Ich tat es mit einem Achselzucken ab. »Es gibt Schlimmeres, als ausgepeitscht zu werden«, sagte ich. »Und was einem dort beigebracht wird, kann ich sonst nirgendwo lernen. Wenn ich etwas wirklich will, braucht es schon mehr als ein bisschen Blut, um mich …«
    Erst da wurde mir klar, was ich da gerade sagte. Die Meister hatten mich auspeitschen lassen. Denna wurde von ihrem Schirmherrn geschlagen. Und dennoch nahmen wir beide nicht Reißaus. Wie sollte ich sie davon überzeugen, dass meine Situation anders war als die ihre? Wie sollte ich sie überzeugen, dass sie ihren Schirmherrn verlassen sollte?
    Denna sah mich neugierig an, den Kopf zur Seite geneigt. »Ja? Was ist, wenn du etwas wirklich willst?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich wollte damit nur sagen, dass ich mich nicht so leicht vertreiben lasse.«
    »Von deiner Hartnäckigkeit habe ich schon gehört«, sagte Denna und bedachte mich mit einem wissenden Blick. »In Imre erzählen sich die Frauen, dass du nichts anbrennen lässt.« Sie setzte sich auf und begann zum Rand des Felsblocks zu rutschen. Dabei verdrehte sich ihr weißes Unterkleid und glitt ihr langsam die Beine hinauf.
    Ich wollte eben etwas zu ihrer Narbe sagen und hoffte immer noch, das Gespräch auf ihren Schirmherrn bringen zu können, als ich bemerkte, dass Denna innegehalten hatte und mich beobachtete, wie ich ihre nackten Beine anstarrte.
    »Ja, was erzählen sie denn genau?«, fragte ich, eher, um irgend etwas zu sagen, als aus tatsächlicher Neugier.
    Sie zuckte die Achseln. »Manche meinen, dass du es darauf angelegt hast, die Jungfrauenschaft von Imre zu dezimieren.« Sie rutschte weiter auf den Rand des Felsblocks zu, und ihr Unterkleid glitt weiter hinauf.
    »Dezimieren würde ja bedeuten: Jedes zehnte Mädchen«, sagte ich und versuchte es damit ins Scherzhafte zu drehen. »Das wäre ein allzu hoch gestecktes Ziel, selbst für mich.«
    »Wie überaus beruhigend«, erwiderte sie. »Bringst du all diesen Frauen …« Sie schnappte kurz nach Luft, als sie an der Seite des Felsblockshinabglitt. Sie fing sich eben wieder, als ich die Hände ausstreckte, um ihr zu helfen.
    »Was bringe ich ihnen?«, fragte ich.
    »Rosen, du Dussel«, erwiderte sie scharf. »Oder hast du diese Seite schon umgeblättert?«
    »Soll ich dich tragen?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte sie. Doch bevor ich nach ihr greifen konnte, war sie schon den Rest des Wegs ins Wasser gerutscht, was ihr Unterkleid ganz kurz in skandalöse Höhen hob. Das Wasser ging ihr nun bis zu den Knien und benetzte nur den Saum ihres Kleids.
    Wir gingen zurück zu dem Graustein und schlüpften schweigend in unsere mittlerweile getrockneten Kleidungsstücke. Denna ärgerte sich über den nassen Saum.
    »Ich hätte dich tragen können, weißt du«, sagte ich leise.
    Denna hielt sich eine Hand an die Stirn. »Schon wieder sieben Worte. Ich werde noch ohnmächtig.« Sie fächelte sich mit der anderen Hand Luft ins Gesicht. »Was soll ich bloß tun?«
    »Mich lieben.« Ich hatte das in meinem leichtfertigsten Tonfall sagen wollen. Neckisch. Scherzhaft. Doch ich beging den Fehler, ihr, als ich das sagte, in die Augen zu

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