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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ihnen nicht mit dem Auge folgen konnte. Ich meinte allerdings ein Dutzend nur halb ausgeführte Elemente des Ketan zu erkennen. Der Kampf war zu Ende, als der eine Junge den anderen mit dem Schlafenden Bären an Handgelenk und Schulter packte. Erst als der Junge seinem Gegner den Arm auf den Rücken drehte und ihn nach unten drückte, erkannte ich, dass Tempi denselben Griff damals bei der Wirtshausschlägerei in Crosson angewandt hatte.
    Die Jungen gingen auseinander und zwei Söldner in roten Kitteln, vermutlich ihre Lehrer, traten zu ihnen und redeten auf sie ein.
    Vashet beugte sich mit dem Kopf zu mir. »Wie fandest du die beiden?«
    »Sie waren sehr schnell«, sagte ich.
    Sie sah mich an. »Aber?«
    »Aber sie haben auch viele Fehler gemacht.« Ich dämpfte meine Stimme. »Nicht gleich am Anfang, aber dann.« Ich zeigte auf den einen Jungen. »Er hatte die Füße zu nah beieinander. Und der andere beugte sich zu weit vor und stand ebenfalls nicht sicher. Deshalb konnte sein Gegner ihn auch mit dem Schlafenden Bären überwältigen.«
    Vashet nickte und schien erfreut. »Sie haben wie junge Hunde gekämpft, denn sie sind selber noch jung und platzen vor Tatendrang. Frauen stellen sich geschickter an. Unter anderem deshalb kämpfen wir besser.«
    Ich sah sie erstaunt an. »Frauen kämpfen besser?«, fragte ich vorsichtig, denn ich wollte sie nicht kränken.
    »Im Allgemeinen ja«, antwortete sie sachlich. »Es gibt natürlich Ausnahmen, aber insgesamt kämpfen Frauen besser.«
    »Aber Männer sind stärker«, erwiderte ich. »Und größer. Sie haben längere Arme.«
    Vashet musterte mich belustigt. »Bist du denn stärker und größer als ich?«
    Ich lachte. »Nein. Aber du musst zugeben, dass Männer insgesamt größer und stärker sind.«
    Vashet zuckte mit den Schultern. »Das fiele ins Gewicht, wenn Kämpfen dasselbe wäre wie Holzhacken oder Heuen. Genauso könntest du sagen, ein Schwert sei besser, je länger und schwerer es ist. Alles Unsinn. Es mag für Raufbolde und Schläger gelten. Für den Söldner ist entscheidend zu wissen,
wann
er kämpfen muss. Die Männer sind oft so voller Wut, dass sie es nicht spüren. Frauen sind einsichtiger.«
    Ich wollte etwas sagen, aber dann dachte ich an Dedan und schwieg.
    Ein Schatten fiel über uns und ich blickte auf. In höflicher Entfernung stand ein hochgewachsener Mann im roten Söldnergewand. Er hielt die Hand an den Griff seines Schwertes.
Einladung.
    Vashet antwortete mit den Gesten für
Bedauern
und
Ablehnung.
    Der Mann entfernte sich und ich sah ihm nach. »Was werden die anderen denken, wenn du nicht kämpfen willst?«
    Vashet schnaubte verächtlich. »Der wollte nicht wirklich kämpfen. Damit hätte er sich lächerlich gemacht und meine Zeit vergeudet. Nein, er wollte nur zeigen, dass er sich traut, mich zum Kampf aufzufordern.« Sie seufzte und warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Wenn die Männer so angeben, entfernen sie sich vom Lethani.«
    Als Nächstes kämpften zwei Söldner gegeneinander. Der Unterschied war deutlich. Jede Bewegung war sauber und zielgerichtet. Die beiden Jungen waren wie flatternde Spatzen übereinander hergefallen, die Männer und auch die darauffolgenden Paare kämpften mit geradezu tänzerischer Eleganz.
    Die meisten Kämpfe wurden mit den Händen ausgetragen. Sie endeten, wenn einer der Kontrahenten aufgab oder von einem Schlag betäubt zu Boden ging.
    In einem Kampf schlug ein Mann seiner Gegnerin die Nase blutig. Der Kampf wurde sofort abgebrochen. Vashet verdrehte die Augen,ohne dass ich wusste ob wegen der Frau, die sich auf die Nase hatte schlagen lassen, oder wegen des Mannes, weil er die Frau verletzt hatte.
    Einige Kämpfe wurden auch mit Holzschwertern ausgetragen. Sie waren schnell zu Ende, da bereits eine leichte Berührung des Gegners mit dem Schwert als Sieg galt.
    Zwei Frauen schlugen klackend aufeinander ein und berührten einander genau im selben Moment. »Wer hat diesmal gewonnen?«, fragte ich.
    »Niemand«, sagte Vashet.
    »Warum kämpfen sie nicht noch einmal, wenn der Kampf unentschieden ausgegangen ist?«
    Vashet sah mich stirnrunzelnd an. »Er ist nicht unentschieden ausgegangen. Drenn wäre an ihrem Lungendurchstich in wenigen Minuten gestorben, Lasrel erst in einigen Tagen, wenn ihre Bauchwunde zu eitern angefangen hätte.«
    »Also hat Lasrel gewonnen?«
    Vashet bedachte mich mit einem vernichtenden Blick und wandte sich dem nächsten Kampf zu.
    Der hochgewachsene Adem, der Vashet zum Kampf

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