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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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mich mit einem abschätzenden Blick von Kopf bis Fuß und trat dann unbewusst einen halben Schritt näher. Das war ein Kompliment. Ich wirkte einigermaßen bedrohlich auf sie, und sie wollte so nahe an mich herantreten, dass sie notfalls zuschlagen konnte. Der Abstand war geringer als bei einem Erwachsenen, weil sie kürzere Arme hatte.
    Ich begrüßte sie mit einer höflichen Gebärde.
    Celean erwiderte den Gruß. Ich mochte es mir einbilden, aber der Winkel ihrer Hände schien einen höflichen Gruß von Gleich zu Gleich anzudeuten.
    Vashet schien es nicht zu bemerken oder sagte jedenfalls nichts dazu. »Ich wünsche, dass ihr beide gegeneinander kämpft.«
    Celean musterte mich erneut. Ihr schmales Gesicht ließ, wie es für die Adem typisch war, keine Regung erkennen. Der Wind zerrte an ihren Haaren und ich bemerkte einen erst halb verheilten Schnitt, der von der Augenbraue zum Haaransatz verlief.
    »Warum?«, fragte Celean ruhig. Sie klang nicht ängstlich, sondern mehr so, als sehe sie nicht den geringsten Grund, warum sie gegen mich kämpfen sollte.
    »Weil ihr einiges voneinander lernen könnt«, antwortete Vashet. »Und weil ich es sage.«
    Sie machte eine Geste.
Aufgepasst.
»Celeans Ketan ist außergewöhnlich gut. Sie hat jahrelange Erfahrung und kann sich mühelos gegen zwei Mädchen ihrer Größe behaupten.«
    Vashet klopfte Celean zweimal auf die Schulter.
Vorsicht.
»Kvothe dagegen kennt den Ketan noch nicht lange und muss noch viel lernen. Aber er ist viel stärker und größer als du und hat längere Arme. Und er besitzt die Verschlagenheit des Barbaren.«
    Ich sah Vashet an, weil ich nicht wusste, ob sie sich über mich lustig machte.
    »Außerdem«, fuhr Vashet an Celean gewandt fort, »wirst du als Erwachsene wahrscheinlich so groß wie deine Mutter sein, du solltest dich also beizeiten im Kampf gegen Größere üben.«
Aufgepasst.
»Und noch eins: Er spricht unsere Sprache noch nicht lange, und du wirst dich darüber nicht lustig machen.«
    Celean nickte. Es fiel mir auf, dass Vashet ihr nicht verboten hatte, sich aus anderen Gründen über mich lustig zu machen.
    Vashet richtete sich auf. »Und keine absichtlichen Verletzungen«, sagte sie streng. Sie hob die Hand und zählte an den Fingern die Regeln ab, die sie mir für den waffenlosen Kampf beigebracht hatte. »Ihr dürft fest zuschlagen, aber nicht in böser Absicht. Passt auf Kopf und Hals auf, die Augen sind sowieso tabu. Jeder ist für die Sicherheit des anderen verantwortlich. Versucht nicht weiterzukämpfen, wenn einer sich klar ergibt. Verständigt euch durch Handzeichen und beendet den Kampf.«
    »Das weiß ich doch alles«, sagte Celean.
Ärger.
    »Man kann es nicht oft genug wiederholen«, erwiderte Vashet.
Strenger Tadel.
»Einen Kampf zu verlieren ist entschuldbar, die Beherrschung zu verlieren nicht. Aus diesem Grund habe ich
dich
ausgewählt und nicht einen kleinen Jungen. Habe ich falsch gewählt?«
    Celean blickte zu Boden.
Entschuldigung
und
beschämte Zustimmung.
    »Gegenseitige Verletzungen aus Achtlosigkeit widersprechen ebenfalls dem Lethani«, schloss Vashet an uns beide gewandt.
    Ich konnte zwar auch nicht verstehen, inwiefern es dem Lethani entsprach, wenn ich ein zehnjähriges Mädchen verprügelte, hielt aber lieber den Mund.
    Vashet ließ uns allein und ging zu einer vierzig Schritte entfernten Steinbank, auf der bereits eine Frau in roten Söldnerkleidern saß.Celean sah ihr nach und machte eine komplizierte Geste in ihre Richtung, die ich nicht kannte.
    Dann wandte sie sich mir zu und musterte mich erneut. »Du bist der erste Barbar, gegen den ich kämpfe«, sagte sie nach einer langen Pause. »Sind bei euch alle rot?« Sie hob die Hand an ihre Haare, um zu verdeutlichen, was sie meinte.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nur wenige.«
    Sie zögerte, dann streckte sie die Hand aus. »Darf ich sie berühren?«
    Ich musste fast lächeln, konnte mich aber gerade noch beherrschen. Gehorsam senkte ich den Kopf und beugte mich ein wenig nach vorn, damit sie an meinen Kopf kam.
    Celean fuhr mir mit der Hand durch die Haare. Anschließend rieb sie einige Haare zwischen Daumen und Zeigefinger. »Sie sind weich.« Sie lachte leise. »Obwohl sie wie Metall aussehen.«
    Sie ließ die Haare los und trat wieder zurück, wie es die Höflichkeit gebot. Mit einer Geste bedankte sie sich höflich, dann hob sie die Hände. »Bist du bereit?«
    Unsicher nickte ich und hob ebenfalls die Hände.
    Ich war nicht bereit. Noch ehe ich

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