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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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ein echter Zwerg. Er gab niemals auf. »Hana, die Schwertmeisterin!« rief er dazwischen. »Holt sie herbei! Sie wird Yppolitas Geschichte bestätigen!«
    Ulissa fuhr herum. »Wir kennen hier keine Schwertmeisterin Hana! Eine Frau dieses Namens liegt im tiefsten Kerker. Sie ist blind und verblödet. Ich sehe keinen Sinn darin, sie diesem kalten Wind auszusetzen. Soll sie bleiben, wo sie ist! Wir haben Wichtigeres zu tun!«
    Larix öffnete den Mund.
    »Meine Geduld mit dir ist erschöpft!« zischte Ulissa und gab der Amazone in Larix' Rücken einen Wink. »Noch ein Wort, und ich lasse dir die Gurgel durchschneiden!« Mit sachlicher Stimme fuhr sie fort: »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, bei dem Märchen der tausend Zufälligkeiten! Ein schlechtes Märchen! Es soll nicht ohne Folgen für die Thronschänderin bleiben. Höre, du Abschaum: Ich habe dir einmal meine Gnade gewährt. Du hast es mir übel gedankt. Dennoch hätte ich dir einen würdigen Tod bereitet, wenn du geschwiegen hättest. Aber du hast es vorgezogen, das haarsträubende Lügenmärchen deines Kumpanen öffentlich zu bestätigen. Oh, wieviel besser hätte dir Schweigen angestanden. Nun gut, du hast im Angesicht des Todes gezeigt, daß du alle Amazonenwürde verloren hast, würdelos soll dein Tod sein! Dir wird das schändlichste Ende zuteil, das je ein Mensch in Kurkums Mauern erlitten hat. – Ufa, bring Honig und Federn! – Usa, hol die Hunde her! – Dora, ich brauche das Duftwasser und den Wein aus meiner Kammer!«
    Keine der Amazonen rührte sich. Die Kriegerinnen blickten stumm zu den Offizierinnen hinüber. Die Offizierinnen sahen ihre Königin an.
    Wieder wurde es still im Burghof. Mir schien, daß diesmal sogar das Sausen des Windes leiser geworden war.
    Die Zeit verrann. Königin Ulissa fuhr mit dem Zeigefinger über das Heft ihres riesigen Schwertes. Ein kaum merkliches Zittern schwang in ihrer Stimme, als sie ihre Befehle wiederholte. Wieder gehorchten die Kriegerinnen nicht, doch diesmal ließ die Königin kein peinliches Schweigen entstehen. Ihre Augen suchten den Blick einer Kriegerin.
    »Ufa, das ist Gehorsamsverweigerung. Du enttäuscht mich sehr. Ich hatte dich für eine bessere Amazone gehalten. Dein Verhalten wird Folgen haben. Bist du bereit, sie zu ertragen?«
    Die Angesprochene zuckte unter jedem dieser Worte wie unter Peitschenhieben. Als die Königin geendet hatte, trat sie zögernd aus der Reihe heraus. Die Stimme einer Offizierin hielt sie auf: »Bleib, Ufa!«
    Ulissa wandte sich der Offizierin zu: »Du hast mir etwas zu sagen, nehme ich an? So sprich, Oda!«
    Das Gesicht der Offizierin war rot geworden. Ihr Atem ging in bebenden Stößen. »Meine Königin ...!«
    »Ja?«
    »Wir Anführerinnen ... und die Kriegerinnen bitten dich, Yppolita ein schnelles Ende zu gewähren.«
    »Wie die Verräterin zu bestrafen ist, entscheidet allein die Königin.«
    »...«
    »Ihr werdet euch meinem Befehl nicht fügen?« Ulissa war blaß geworden. Sie räusperte sich nervös, sah sich hilfesuchend um, zuckte schließlich die Achseln.
    »Schön – wie ihr wollt. Also bringen wir es hinter uns! Spannt ihre Hände in die Schellen am Block!«
    Yppolitas Stimme schallte durch den Hof: »Niemand braucht mich zu fesseln! Mein Hals wird nicht zucken – unter dem Schwert.«
    »Auch das ... auch das sei dir gewährt!« Ulissa unterstrich ihre Worte mit einer lässigen Handbewegung. Sie wandte sich an die Offizierinnen. »Ich nehme an, das geschähe auch in eurem Sinne?«
    Die Angesprochenen nickten. Mit einem leisen Raunen der Kriegerinnen war die Spannung verflogen. Einen wahnwitzigen Augenblick lang hatte ich gehofft, die Amazonen könnten sich gegen ihre Königin erheben, aber Ulissa war zu klug, um es so weit kommen zu lassen. Sie hatte gespürt, daß sie zu weit gegangen war, und hatte schnell und geschickt den Rückzug angetreten. Der Augenblick der Hoffnung war vorüber.
    Yppolita rückte einen halben Schritt vor, beugte sich und preßte Schultern und Hals gegen den Block. Die Königin trat hinzu. Ihre Hände umklammerten rechts über links den langen, mit rotem Band umwickelten Griff des Zweihänders. Die Kälte drückte gegen meine Brust und schnürte meine Kehle zu. Die Zeit verhielt ihren Schritt, aber meine Gedanken wollten nicht stillstehen. Ich dachte darüber nach, ob ich hinschauen oder die Augen schließen sollte.
    Ulissa hob das Schwert, legte die Klinge auf der linken Schulter ab, wechselte noch einmal den Griff ihrer Hände

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