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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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...
    »Neinnnn!!!! Bitte nicht! Hielfähh!«
    Die Zeterstimme eines Feilschers schallte über den Hof, quäkend, zitternd vor Entsetzen und doch so dumpf, als ob sie aus einer Tonne käme.
    Tatsächlich pendelte plötzlich ein Faß hoch über dem Hof. Es hing an dem Haken eines der hölzernen Kräne, mit denen die Burgmauer hier und da bestückt war. Der Kran war mit Hilfe eines Seiles, das oben hinter den Zinnen verschwand, über den Hof hinausgeschwenkt worden. Wann das geschehen war, konnte ich nicht sagen. Wie alle anderen im Hof hatte ich nur Augen für das Geschehen am Richtblock gehabt.
    Jetzt wandten sich die Blicke aller Anwesenden zu dem sprechenden Faß. Das erhobene Richtschwert in den Händen der Königin zitterte. Vielleicht hätte Ulissa zugeschlagen, wenn ich nicht von hinten einen Stoß erhalten hätte und nach vorn gestolpert wäre, während meine Handfessel klirrend aufs Pflaster fiel. So richtete die Königin die Schwertspitze gegen mich, um den vermeintlichen Angriff abzuwehren.
    »Noch einen Schritt, und ich durchbohre dich!«
    Ich blieb stehen. Dedlana! schoß es mir durch den Kopf. Nur sie konnte meine Fessel gelöst haben.
    »Hier spricht Mimmel«, jammerte das Faß, »der Häuptling der Zehnteler! Amazonen, hört auf mich!«
    Ulissa blickte sich hastig um, winkte ein paar Kriegerinnen heran, gab leise Befehle und rief: »Mir steht zwar nicht der Sinn danach, einer quiekenden Tonne zuzuhören, aber da ich dich im Moment nicht daran hindern kann, so rede nur. Wovon willst du sprechen, großer Häuptling?«
    Noch während Ulissas Worte durch den Hof hallten, eilte eine der Amazonen mit einem Wurfhaken an einer Leine herbei. Sie schleuderte den Haken über das Seil, mit dem man den Kran herumschwenken konnte, und riß an der Leine. Das Kranseil spannte sich, dann fiel das Ende von der Zinne herab. Nun konnte der Kran von der auf der Burgmauer versteckten Gestalt nicht mehr bewegt werden.
    »Von Yppolita«, antwortete die Stimme aus dem Faß. »Sie war unschuldig, damals vor zwei Jahren ...«
    »Das ist sehr reizvoll«, erwiderte die Königin und gab zwei, drei Kriegerinnen einen Wink. Die Amazonen legten Brandpfeile in ihre Bögen und zündeten sie an. »Zufällig gab es einige Zeugen, die Yppolitas Schandtat mit eigenen Augen beobachtet haben. Ich kann mich nicht erinnern, daß der Häuptling der Zehnteler zu diesen gehörte.«
    »Yppolita hat geschlafen, als ...«
    Ulissa lachte schallend auf. » Daß sie geschlafen hat, wirft niemand ihr vor. Sie tat es nicht allein – wie jeder weiß. Meine Geduld ist am Ende.« Sie gab den Schützinnen das Zeichen. Drei Brandpfeile zuckten hoch und bohrten sich mit dumpfem Schlag in das Faß. Ulissa fuhr fort: »So, nun sag schnell den Rest deiner Geschichte auf – viel Zeit bleibt dir nicht mehr ...«
    »Neiiin! Neiiin!« gellte Mimmels Stimme. »Laß mich herunter!«
    »Das würde ich gern«, antwortete die Königin, »aber wer immer dich in dieses Faß gesteckt und in die Luft geschwenkt hat, er hat die Türen zur Burgmauer abgesperrt. Ich fürchte, wir werden dir nicht mehr helfen können. Bleibt die Frage, ob du verbrennen, ersticken oder in die Tiefe stürzen wirst.«
    Gelbe Flammen leckten an dem Faß hinauf.
    Mimmels Stimme überschlug sich: »So ... so ... so sollen es alle hören: Ulissa hat ihre Schwester betäubt, bevor sie, o ja, sie selbst, den Bauern zu Yppolita führte. Ich kann das beweisen ... ich ...«
    Mit fahriger Hand bedeutete Ulissa ihren Kriegerinnen, weitere Pfeile in das Faß zu schießen. Sieben oder acht Geschosse schlugen ein und verwandelten die Tonne in einen Feuerball. Aber Mimmel verstummte nicht: »Ich habe es in mein Buch eingetragen: ›Schlafpulver, geschmacklos, leichte Wirkung, für Ulissa, Prinzessin von Kurkum ...‹«
    Mit einem Krachen stürzte der brennende Faßboden in den Hof, ein Eisenreif und einzelne Dauben folgten. Fast gleichzeitig tauchten oben auf der Mauer die Köpfe zweier Amazonen auf. »Hier ist niemand!« riefen sie herab.
    Am Kran hingen nur noch ein paar flammende Holzstücke, doch Mimmels Stimme klang noch immer zu uns herab:
    »›... für Ulissa, Prinzessin von Kurkum, Bezahlung: ein Goldring mit Bernstein, darin ein kleiner Perainekäfer.‹ Ich nehme an, der Ring ist bekannt. Ich besitze ihn noch und kann ihn vorlegen – genau wie mein Hauptbuch.«
    »Nun, Königin, da staunst du?« rief eine andere Stimme, die haargenau wie Viburns klang. »Den Bauernsohn hast du in jener Nacht schnell

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