Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
solltet ihr auch alle das Seil nehmen und das Boot ins Wasser ziehen - außer dir, Trotter. Du gehst ins Boot. Mach es dir hinten am Heck bequem.« Er verstummte, studierte Leidas ausdrucksloses Gesicht. »Von Fiedler und Igel hätte ich nichts anderes erwartet, aber hatte ich dir nicht die Verantwortung dafür übertragen, alles vorzubereiten?«
    Leida zuckte die Schultern.
    Elster seufzte. »Kannst du uns irgendwie ein Segel für das Boot machen?«
    »Wir haben keinen Wind.«
    »Schon möglich, aber vielleicht kommt der noch!«, sagte Elster erschöpft.
    »Ja«, antwortete Leida. »Wir haben Leinwand. Aber wir werden einen Mast brauchen.«
    »Nimm Fiedler und mach einen. Und ihr anderen bringt endlich dieses Boot ins Wasser.«
    Trotter kletterte hinein und hockte sich ans Heck. Er streckte die langen Beine aus und ließ einen Arm über die Bordwand baumeln. Die ganze Zeit fletschte er die spitz zugefeilten Zähne - das sollte wohl ein Lächeln sein.
    Elster drehte sich um und schaute Kalam und den Schnellen Ben an, die beide breit grinsten. »Also?«, fragte er. »Worauf wartet ihr noch?«
    Das Grinsen erstarb.

Kapitel Neun
    Hast du jenen gesehen
    der abseits steht,
    dessen Art in einem Ritual
    über den Tod hinaus verdammt ist -
    Heerscharen gleich
    einer Pollenplage wirbelnd -
    er steht abseits
    der Erste unter all jenen
    die jemals verhüllt wurden
    und dennoch ausgestoßen und allein
    ein T'lan Imass
    wandernd wie eine
    niemals gefallene Saat
    Das Lied von Onos T'oolan
    Toc der Jüngere
     
    T oc der Jüngere beugte sich im Sattel nach vorn und spuckte aus. Vor drei Tagen hatte er Fahl verlassen, und er sehnte sich nach den hohen Mauern der Stadt. Um ihn herum erstreckte sich die Rhivi-Ebene flach und ohne Konturen, nur das allgegenwärtige gelbe Gras wogte wellenförmig im Nachmittagswind hin und her.
    Er kratzte sich an der Wunde, die sich dort befand, wo früher sein linkes Auge gewesen war, und murmelte leise vor sich hin. Irgendetwas stimmte hier nicht. Er hätte sie schon vor zwei Tagen treffen müssen. Zurzeit lief wirklich überhaupt nichts so wie geplant. Da war zunächst das Verschwinden von Hauptmann Paran, noch bevor er Elster überhaupt getroffen hatte; dann diese Geschichte mit dem Schattenhund, der die letzte überlebende Magierin der Zweiten angegriffen haben sollte und angeblich eine Blutspur aus vierzehn toten Soldaten zurückgelassen hatte. Toc vermutete, dass er angesichts all dieser Ereignisse nicht übermäßig überrascht darüber sein sollte, dass auch dieses Treffen schief gegangen war.
    Chaos schien ein Merkmal dieser Zeit zu sein. Toc streckte sich und stellte sich in den Steigbügeln auf. Zwar gab es hier keine Straße im eigentlichen Sinne, doch die Handelskarawanen hatten einen groben Pfad in die Karten eingetragen, der fast am westlichen Rand der Ebene in nordsüdlicher Richtung verlief. Mittlerweile gab es so gut wie keinen Handel mehr, doch Generationen von Wagenzügen hatten ihre Spuren hinterlassen. Das Zentrum der Ebene war die Heimat der Rhivi - kleiner, braunhäutiger Menschen, die im Kreislauf der Jahreszeiten der Wanderung ihrer Herden folgten. Obwohl sie nicht kriegerisch waren, hatte das malazanische Imperium sie zum Handeln gezwungen, und jetzt arbeiteten sie als Kundschafter und kämpften Seite an Seite mit Caladan Bruths Tiste-Andii-Legionen gegen das Imperium.
    Laut den Berichten der Moranth hielten sich die Rhivi zurzeit weit im Norden und Osten auf, wofür Toc dankbar war. Er fühlte sich sehr einsam in dieser Ödnis, aber wenn man es recht bedachte, , konnte Einsamkeit sehr wohl das kleinere Übel sein.
    Tocs Auge weitete sich. Es schien, als wäre er doch nicht so allein. Etwa eine Länge voraus kreisten Raben am Himmel. Toc fluchte und lockerte den Krummsäbel in der Scheide. Er kämpfte gegen das Verlangen an, sein Pferd zum Galopp zu treiben, und machte sich in einem schnellen Trab auf den Weg.
    Als er näher kam, sah er, dass das Gras auf der einen Seite des Karawanenwegs niedergetrampelt war. Nur das krächzende Gelächter der Raben durchdrang die Stille. Sie hatten bereits mit ihrem Festmahl begonnen. Toc zügelte sein Pferd, blieb jedoch leicht vornübergebeugt im Sattel sitzen. Keiner der Körper in seinem Blickfeld sah so aus, als würde er sich noch einmal bewegen, und die Tatsache, dass sich die Raben so unbekümmert zankten, war ein deutlicher Hinweis darauf, dass irgendwelche Überlebenden - falls es sie denn gegeben hatte - längst fort waren.

Weitere Kostenlose Bücher