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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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sehr resolut.«
    »Also praktisch ein Dickkopf«, stimmte Abby mit einer Güte zu, die sie keineswegs empfand.
    Fanny lachte: »Ja, wenn du so willst – allerschlimmste Tante! Jedenfalls habe ich vor, Stacy Calverleigh zu heiraten, was immer Onkel James sagen oder tun mag!«
    Abby wußte sehr gut, daß für feurige Halbwüchsige nichts so aufpulvernd ist wie Widerspruch, und antwortete daher sofort: »O sicher! Aber weißt du, dein Vater war ein vorzüglicher Vorreiter bei der Fuchsjagd, und er pflegte zu sagen, daß man über schweren Boden immer so leicht wie möglich reiten soll. Ich bin davon überzeugt, daß ihr – du und Mr. Calverleigh – damit warten solltet, Onkel James eure Absicht zu erklären, bis du ihm einen Beweis der Dauerhaftigkeit deiner Zuneigung liefern kannst.«
    »Das wäre ihm gleichgültig, das mußt du doch wissen! Und wenn du damit sagen willst, ich müsse warten, bis ich großjährig bin – o nein, so Herzlos kannst du nicht sein! Vier ganze Jahre -! Sobald du Stacy kennengelernt hast, wirst du es verstehen!«
    »Ich werde mich freuen, ihn kennenzulernen, und wünschte, daß es bald sein könnte.«
    »Und ich auch!« sagte Fanny eifrig. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie er mir fehlt! Er mußte nämlich nach London fahren, sagte aber, nur auf einige Tage, also ist er vielleicht Ende der Woche wieder in Bath. Jedenfalls aber nächste Woche – darauf kannst du dich verlassen!«
    Das wurde mit einem strahlenden Blick mitgeteilt. Darauf folgte ein scheu-schwärmerischer Bericht über die erste Begegnung Fannys mit Mr. Calverleigh und eine Beschreibung seiner vielfachen Reize. Abby lauschte und machte die passenden Bemerkungen, ergriff jedoch die erste sich bietende Gelegenheit, Fannys Gedanken eine andere Richtung zu geben. Sie lenkte deren Aufmerksamkeit auf den Berg von Kleiderstoffen, die sie in London erstanden hatte, und verlangte zu wissen, ob sie Fanny gefielen. Das klappte sehr gut, und bei dem Begeisterungsausbruch über eine Spinnwebgaze und dem Problem, ob ein himmelblauer Krepp mit Band oder Musselin aufzuputzen sei, sowie bei der Erörterung, ob bei einem Tageskleid zirkassische oder bäuerliche Ärmel vorzuziehen seien, vergaß Fanny vorübergehend Mr. Calverleigh und ging gleich darauf zu Bett, um – wie Abby hoffte – von Mode zu träumen.
    Am folgenden Morgen schien es, daß dies der Fall gewesen war, denn Fanny besuchte ihre Lieblingstante, bevor diese noch aufgestanden war, voll Eifer darauf aus, ihr mehrere Modebilder in der neuesten Nummer des Ladies’ Home Journal zu zeigen, und voll Hoffnung, Abby schmeichelnd überreden zu können, noch vor dem Frühstück zu einem Besuch des Ateliers an der South Parade aufzubrechen. Das mißlang Fanny, denn Abby wies darauf hin, daß Tante Selina, keine Frühaufsteherin, sehr verletzt wäre, wenn sie von dem Ausflug ausgeschlossen würde. Außerdem erinnerte sie Fanny daran, daß Selina in allen Geschmacksund Modefragen unfehlbar war.
    Fanny schmollte zwar, gab jedoch nach, da sie wußte, daß diese Behauptung der Wahrheit entsprach. Sie mochte ja viele Ideen ihrer Tante als altmodisch abtun, Selinas Blick für Elegantes und Kleidsames jedoch war noch nie bezweifelt worden. In ihrer Jugend war sie zwar die am wenigsten hübsche, wohl aber die modischeste der Wendover-Töchter gewesen; in ihren mittleren Jahren und in angenehmen Verhältnissen lebend, erfreute sie sich des Rufes, die bestangezogene Dame von Bath zu sein. Wenn Fanny auch nicht wie Abby ihren Rat suchte, so war sie doch klug genug, ihr Urteil zu respektieren. Als sie gleich darauf Selina die Skizze eines viel zu überladenen Straßenkleides zeigte, wurde ihre heimliche Sehnsucht, in diesem Werk im Freien gesehen zu werden, durch Selinas verheerende Kritik im Keim erstickt.
    »Aber Liebes!« sagte Selina, vor Abscheu die Nase rümpfend. »All diese Rüschen und Falten und Bänder – so kitschig!«
    Also ward von diesem Modebild nichts mehr gesehen, und zu gegebener Zeit begaben sich alle drei Damen in Miss Wendovers neuem Landauer zur South Parade, wo Madame Lisettes elegante Schauräume lagen.
    Madame Lisette, eine geborene Eliza Mudford, erfreute sich hoch-aristokratischer Kundschaft; obwohl sie der besondere Schützling der Prinzessin Elizabeth war, in deren Dienst sie ihre Laufbahn begonnen hatte, und es ihr an Aufträgen der vornehmsten und mondänsten Besucherinnen von Bath keineswegs mangelte, standen doch die Damen Wendover unter ihren

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