Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey
müßt Ihr in einer Besserungsanstalt leben, und ebenso das verflixte Kupplerweib, das Euch weitervermittelt hat.«
So widerfuhr der armen Schneiderin die gleiche Behandlung, die ihm eine Freude gemacht hatte, eine vielleicht seltsame, aber doch zugleich große und sehr verdienstvolle, indem sie mich bei sich aufgenommen hatte.
Oh, ihr edlen Menschen, die ihr euch ganz der Jugend widmet, laßt euch dieses Beispiel zu Herzen gehen! Denn während ihr dieses lest, kann man vielleicht etwas Schlimmes gegen euch planen!
Mein treuloser Liebhaber führte genau das aus, was er mir angedroht hatte. Anstatt mich zu meinem Vater zu bringen, nahm er mich zu sich zurück. Er ließ mich keinen Augenblick allein. Ich weiß nicht, ob er damit nur erreichen wollte, daß ich nicht mit der Schneiderin sprechen konnte. Bestimmt hätte ich nichts unterlassen, ihr seine Absichten mitzuteilen. Ihr geschicktes Talent beim Finden von Auswegen, geschult durch ihre lange Erfahrung, durch Mühen und Freuden, hätte uns rasche Hilfe verschafft, die uns vor dem bevorstehenden Unglück bewahrt hätte. Sie konnte auf die Hilfe von guten Freunden zurückgreifen und hätte bestimmt auch ein Versteck gewußt, wo wir in aller Ruhe unsere Rache hätten vorbereiten und unsere Anstrengungen vermehren können.
Die schwierige Lage schon, in der wir uns durch den Verrat meines Liebhabers befanden, machte all seine Drohungen überflüssig. Die unwürdige Behandlung, die er mir zuteil werden lassen wollte, und seine Drohungen, aber noch mehr, glaube ich, das Gerede von den Freuden, vermittelten mir einen Vorgeschmack auf die Angst und die Schrecken, die ich in dem Kloster kosten würde, das mir wie ein Grab vorkäme. All das erzeugte in mir eine sehr traurige und melancholische Stimmung.
Mein treuloser Liebhaber dagegen zeigte eine liebenswerte Freundlichkeit. Welch ein Widerspruch!
Auch die Schneiderin, die nicht wußte, worauf dies zurückzuführen war, war sehr beunruhigt. Ich bemerkte ihre Unruhe, ohne daß ich ihr etwas mitteilen konnte. Sie sann auf Mittel und Wege, um mich zu zerstreuen, aber leider vergeblich. Damit konnte sie keinen Erfolg haben.
Wie angenehm war ich jedoch davon berührt! Wie glücklich wären wir gewesen, dem bevorstehenden Schicksal zu entgehen! Ich suchte nach günstigen Gelegenheiten. Aber mein Verräter vereitelte sie alle aufgrund meiner geringen Erfahrung. Sein rattenhafter Eifer stand meinem Erfolg entgegen. So war es für mich unmöglich, diese Frau und mich zu retten. Trotz all meiner Bemühungen für sie war sie jetzt mit in meine mißliche Lage verwickelt.
Mein Vater kam am nächsten Morgen mit einer Verfügung von N. einem Beamten des Königs, um mich und meine angebliche Kupplerin mitzunehmen. Man brachte uns in die Providence. Eine solche Anstalt nennt man in Paris Sainte-Pelagie, Madelonettes, Saint-Martin oder einfach »das Hospital«.
Man ist bestimmt überrascht, jetzt hier so einfach meinen Vater auftauchen zu sehen. Ich hatte ihn seit acht Monaten nicht gesehen. Unter welch mißlichen Umständen traf ich aber meinen Erzeuger wieder! Er wußte nicht, wo ich war. Der Leser empfindet ohne Zweifel die gleiche Beklemmung, in der ich mich befand, als ich ihn vor mir auftauchen sah.
Bei Gott! Wie hätte ich jemals mit seinem Besuch rechnen können? Wer konnte ihm nur von meinem Aufenthaltsort und von meinem sehr harmlosen Treiben berichtet haben? Ist meine Vermutung richtig, daß mein Liebhaber zu einer solchen hinterfotzigen Tat fähig war?
Er war sein einziger Informant, wie ich später selbst aus dem Munde meines Vaters vernommen habe. Dieser Verbrecher hatte die Stirn, meine Eltern durch einen seiner Freunde zu informieren, daß ich bei der Trupador, einer Schneiderin und Kupplerin, in der Fischgasse sei und daß ich mich dort jedem Erstbesten hingeben würde.
Mein Vater, der nichts von meinem Verhältnis mit dem Sohn des alten Beamten wußte, hielt ihn für einen der ehrlichsten Menschen auf der Welt.
»Ohne ihn«, sagte er zu mir, »wärst du für dich selbst und für mich auf immer verloren gewesen, meine Tochter! Ich bin ihm sehr verpflichtet!« fügte er noch hinzu.
Ich wäre sehr glücklich gewesen, wenn mein Vater es nur bei den Worten belassen hätte, aber er wollte, daß ich bestraft werde. Ohne nach meiner Meinung zu fragen, brachte er mich mit einer regelrechten Eskorte in ein Kloster auf dem Lande, wo Dirnen, Frauen und Mädchen gebessert werden sollten.
Ich wurde also in die sogenannte Providence
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