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Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Titel: Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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die Quelle des Bösen?«
    Hasmonaean strich mit den Fingern über das Gras. »Oh, Basilides’ Anhänger würden vom Sturz des Lichts aus der Pleroma hinab in die tiefsten Tiefen des Abgrunds sprechen. Andere Mystiker haben andere Bezeichnungen. Zu Anfang existierte das Reshimu einfach als reines Licht, doch schon bald wurde dieses Licht verunreinigt. Es wurde sauer und gerann zu Klümpchen, die sich in der Leere ausbreiteten. Als Gott die Schiffe aus reinem Licht in diese Klümpchen einführte, verdarben sie, wurden ebenfalls sauer und brachen auseinander. Und ihre Fülle ergoß sich über das Universum. Aus jenen ursprünglichen Teilen des Lichts kam all das hier …«, er umfaßte mit einer Geste Himmel, Meer und Erde, »… ins Sein. Und wie die meisten klugen Menschen wissen, ist alles grundsätzlich chaotisch.«
    »Die meisten Menschen meines Glaubens betrachten das Universum als grundsätzlich geordnet«, wandte Rachel ein.
    »Das liegt daran, daß sie nur die Oberfläche der Realität erkennen.«
    Rachel spielte mit ihrem Becher. »Demnach ist das Chaos mit dem Reshimu gleichzusetzen?«
    »Das trifft es nicht ganz. Das Chaos ist eine Folge der Isolierung des Reshimus in der Leere. Als Gott den Stöpsel in die Parfumflasche steckte, verurteilte er das Aroma zu einem tragischen Schicksal. Im perfekten Gleichgewicht kann sich ein Kreisel ewig drehen. Doch Perfektion existiert nur in Gott. Die Isolierung des Reshimu zerstörte diese Perfektion. Die Bewegungen des ›Kreisels‹ wurden unregelmäßig, chaotisch, und er begann zu taumeln. Die wahre Natur der Schöpfung besteht darin, gegen sich selbst zu kämpfen, immer auf der Suche nach einem Gleichgewicht, das sie niemals finden kann. Wir erleben diesen Kampf als Leiden.«
    Rachel holte tief Luft. Die Worte kamen ihr sonderbar vertraut vor, als hätte sie das alles schon früher einmal gehört. Im hintersten Winkel ihres Verstandes vernahm sie eine sanfte Stimme, die von Gott und Milcom sprach, und von der ›nackten Singularität‹. Adom. Schmerz durchzuckte ihr Herz.
    »Einige Denker«, fuhr Hasmonaean fort, »haben die Vermutung geäußert, das Reshimu sei sauer geworden, weil es krank vor Sehnsucht war und sich beständig an die Vollkommenheit erinnerte, die es doch nie mehr erreichen konnte.«
    Erinnerungen an ihre Begegnung mit Gott quälten Rachel. Wieder spürte sie die Hitze des Flusses aus Feuer auf ihrem Gesicht und hörte Epagaels arrogante Stimme. »Wie kann ein Gott so grausam sein, einen Teil von sich selbst abzutrennen, nur um seine Neugier zu befriedigen? Das ist doch so, als würde man seine Hand abhacken, nur um zu sehen, wie sie blutet.«
    »Doch sobald die Hand einmal abgetrennt ist, spürt der Körper ihre Schmerzen nicht mehr. Die Hand könnte bis in alle Ewigkeit vor Schmerz schreien, und der Körper würde es nicht einmal wissen.«
    »Wollen Sie damit sagen, Gott weiß nichts von unserem Leid?«
    »Nein, nein. Das weiß er schon.«
    »Aber wie kann er das wissen, wenn er dieses Universum nicht betreten kann?«
    »Am Anfang schuf er engelhafte Wesen, die in der Lage waren, die universelle Leere zwischen dem Schatz und dem Abgrund zu durchqueren. Und die haben es ihm gesagt – viele tausend Male.«
    »Und das kümmert ihn nicht?«
    »Er liebt es, die Muster chaotischer Turbulenzen zu betrachten. Sie sind wirklich sehr schön, müssen Sie … mußt du wissen.« Zögernd streckte Hasmonaean einen Arm aus und streichelte sanft über Rachels Hand. Sie drehte ihre Hand, so daß die Handfläche nach oben zeigte und sich ihre Finger ineinander verhakten. Hasmonaean drückte ihre Hand fest und schloß für einen Moment die Augen, als wolle er sich ganz auf diese Berührung konzentrieren.
    Als er die Augen wieder öffnete, sagte er: »Gott kannte keine Neugier, bevor er die Leere schuf. Doch seitdem ist sie seine größte Leidenschaft geworden.« Seine Stimme klang bitter.
    »Dann muß sich die Saat der Neugier doch auch schon im reinen Licht befunden haben«, meinte Rachel. »Stammt der ursprüngliche Makel dann nicht eher von Gott als aus der Isolierung in der Leere?«
    Hasmonaean lächelte bewundernd. »Eine gute Frage. Viele brillante Männer und Frauen haben sie ebenfalls gestellt. Aber ich glaube nicht, daß sie Recht damit haben. Ich vermute eher, daß das Licht zu Beginn weder gut noch böse war, aber durch die Teilung ebenso verunreinigt wurde wie durch die Leere. Bevor es den Abgrund schuf, empfand das Licht weder Haß noch Neid, weder

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