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Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Titel: Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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sehr langer Zeit fühlte er sich wieder sicher. Er spürte, wie der Engel ihn auf die Stirn küßte, und hörte ihn sagen: »Ja, wir werden dafür sorgen, daß es besser wird. Gott wollte ja nicht hören. Er hatte bereits die wirbelnden Muster des Chaos gesehen und sich in den Bann ihrer Schönheit ziehen lassen. Ganz gleich, was die Engel ihm über das Leid in diesem Universum auch sagten, es kümmerte ihn nicht. Aber schon bald wird er zuhören müssen. Dafür werden wir sorgen. Schon bald, Mikael.«
    Kurz bevor Mikael endgültig einschlief, bekam er Kopfschmerzen, sehr schlimme Kopfschmerzen. Sybil hatte gesagt, es fühle sich an, als würde das Gehirn vergiftet, doch ihm kam es vor, als würden kleine Käfer ihre Gänge durch seinen Kopf fressen.
    Dann hörten die Schmerzen auf und der wärmende goldene Schleier kehrte zurück. Und Mikael schlief.

 
KAPITEL
25
     
     
    Es begann als Traum.
    Rachel hörte die wuchtigen Schläge eines Hammers, der auf den Amboß niederfuhr. Der Ton war von solcher Klarheit, daß sie im ersten Moment glaubte, es sei eine silberne Glocke, die sie da vernahm. Sie lauschte, und der Klang wurde lauter, so wie das Tempelläuten in ihrer Jugend, das sie zum Gottesdienst rief. Neugierig ging sie darauf zu.
    Sie fand sich auf einem schmalen, ungepflasterten Weg wieder. Ihre Kleidung bestand aus einer weißen, grobgewebten langen Robe. Zu ihrer Linken erstreckte sich ein Ozean, der unnatürlich blau und leer wirkte. Vögel schwebten über ihr im Sonnenlicht. In der Ferne sah sie einen Berg, dessen Kuppe so rund war, als wäre sie im Lauf der Jahrtausende von den salzigen Seewinden abgeschliffen worden. Dunkelgrüne Wälder bedeckten seine langstreckten Flanken.
    Die Schläge des Hammers wurden so laut, daß Rachel sie fast körperlich spüren konnte. Sie erkletterte einen Hügel und tauchte auf der anderen Seite in die engen Straßen einer Stadt ein. Eine uralte Frau hockte vor einem Lehmhaus und kämmte Wolle. Neben ihr kaute eine schwarzweiße Ziege an einem Büschel Stroh. Das alte Weib kicherte und winkte Rachel zu, als sie vorüberging. Weiter unten auf der Straße brüllte ein Mann wütend auf ein großes, buckliges Tier ein, das schwer mit Handelswaren beladen war. Das sonderbare Tier zerrte unwillig an seiner Leine und spuckte schließlich den Besitzer an. Rachel lachte laut über den verdutzten Gesichtsausdruck des Mannes.
    Als sie in eine schattige Seitengasse einbog, hob sie die Arme und versuchte ein paar Tanzschritte. Ein Gefühl völliger Freiheit erfüllte sie. All die Schrecken, die auf Rachels Seele gelastet hatten, existierten nicht mehr. Es spielte keine Rolle, ob die Magistraten sie finden und sie und jeden, den sie liebte, töten würden. Hier existierten die Magistraten nicht einmal. Es kam ihr so vor, als wäre sie aus ihrem eigenen Universum herausgetreten und hätte einen Zufluchtsort im Herzen von Zeit und Raum gefunden. Rechts und links von ihr erhoben sich zweistöckige Gebäude. Aus manchen der Fenster ragten Stangen heraus, an denen Wäsche zum Trocknen aufgehängt war, die sich leise im warmen Wind bewegte.
    Der würzige Geruch von Fleisch, das über einem Holzfeuer briet, erfüllte die Luft. Genußvoll atmete sie ein. Aber das ist nur ein Traum, Rachel. Schon bald wirst du aufwachen. Sie kämpfte gegen die Wahrheit an, indem sie schnell wie der Wind den Hügel hinablief. Als sie die Gasse verließ, platzte sie mitten in eine Art Fest hinein.
    Ein weitläufiger Platz breitete sich vor ihr aus, auf dem spielende Kinder und bellende Hunde herumtobten. Männer und Frauen saßen lachend an langen Tischen, auf denen Körbe voller Brot und Früchte standen. Ganz in der Nähe war der Grill aufgebaut. Flammen zuckten zum brutzelnden Fleisch der drei Tiere empor, die sich dort auf den Spießen drehten. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein großer Mann im Schatten der Bäume und ließ den Hammer auf ein Stück rotglühenden Metalls niederfahren. Jeder Schlag brachte Rachels Herz zum Erzittern. Er war es, der sie hierher gerufen hatte. Doch warum?
    Rachel beobachtete ihn, während sie sich langsam einen Weg durch die Menge suchte. Hier und dort schnappte sie Gesprächsfetzen auf, die sie nicht verstand, doch die gutturalen Laute dieser Sprache erinnerten sie an das Gamantische. Sie lächelte und genoß das Glücksgefühl, das sie erfüllte. Sie war entkommen … entkommen …
    Rachel erreichte den Kreis der Menschen, die dem Schmied bei seiner Arbeit zuschauten,

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