Die Gang: Roman (German Edition)
hatte recht, jetzt aufzuhören. Ich denke, wir sollten alle Schluss machen, aber keiner wird auf mich hören. Außer dir vielleicht. Hast du noch etwas für mich übrig, Jeremy?«
»Aber klar. Selbstverständlich.«
»Ehrlich?«
»Ja.«
Und er wusste, dass das keine Lüge war.
»Was ist mit Tanya?«, fragte sie. Er hörte den Schmerz in ihrer Stimme.
»Da läuft überhaupt nichts.«
»Ich habe gesehen, wie sie dich küsste.«
»Na ja, sie war betrunken. Und ich auch. Das hatte nichts zu bedeuten. Sie hat an diesem Abend jeden geküsst, nachdem du weg warst. Ich denke, sie war einfach dankbar, dass wir sie nicht sitzen ließen wie Nate.«
»Erzähl mir nicht, dass es dir nicht gefallen hat.«
»Ich wünschte, du wärst es gewesen.«
Noch längeres Schweigen. Dann sagte sie: »Da bin ich sicher.«
»Ich meine es wirklich. Sie ist nicht … mein Typ, weißt du? Sie ist irgendwie unheimlich.«
»Das hätte ich dir vorher sagen können.«
»Ich wollte nach der Party mit dir zusammen sein.«
»Ich wollte auch mit dir zusammen sein. Bis du sie geküsst hast.«
»Sie hat mich geküsst. Ich konnte nichts dafür.«
»Das hat mir wirklich wehgetan. Sehr wehgetan. Ich meine, ich weiß, dass sie hinreißend aussieht und dass jeder Kerl auf der Welt scharf auf sie ist – nicht zu vergessen Karen, um Gottes willen. Aber ich dachte … ich dachte, es wäre etwas zwischen uns, weißt du?«
»Da ist ja auch etwas. Ich mag dich wirklich. Als ich auf der Party gemerkt habe, dass du weg warst, hat es mich total umgehauen. Ich bin auch sofort gegangen. Es hat überhaupt keinen Spaß mehr gemacht. Ich konnte nicht bleiben, nachdem du weg warst. Ich fühlte mich so fehl am Platz. Und so einsam, auf einmal.«
»Es tut mir leid«, murmelte sie.
»Nein, mir tut es leid. Ich habe alles verdorben.«
»Wie bist du nach Hause gekommen?«
»Gelaufen.«
»O nein! Du bist gelaufen? Das sind doch Meilen. Ich dachte, einer der anderen hätte dich gefahren.«
»Nachdem du weg warst, wollte ich mit den andern nichts mehr zu tun haben.«
»Du musst die ganze Nacht gebraucht haben.«
»Nur ein paar Stunden.«
»Gott, das tut mir so leid! Ich weiß, ich hätte nicht einfach so gehen sollen. Ich habe mich deswegen schon ziemlich mies gefühlt. Aber ich musste einfach, weißt du? Es hat mich völlig aus der Fassung gebracht.«
»Können wir uns irgendwann treffen?«
»Warum habe ich wohl angerufen, du Blödmann?«
Er konnte ihr Lächeln beinahe sehen, als sie das sagte. Ihr strahlendes Shiner-Lächeln.
»Meine Mom hat eine Verabredung«, sagte sie. »Ich bin allein hier. Sie wird ein paar Stunden lang weg sein. Ich dachte, du magst vielleicht vorbeikommen.«
»Das wäre großartig.«
Tanya.
Tanya würde bald anrufen!
Er hatte es vergessen. Er konnte kaum glauben, dass er es vergessen hatte. Das Versprechen, dass sie anrufen und sich später mit ihm treffen würde, war schließlich den ganzen Abend über sein einziger Gedanke gewesen!
»Großartig«, sagte Shiner. »Ich gebe dir die Adresse. Hast du einen Bleistift und …«
»Warte. Ich kann nicht. Ich kann nicht vorbeikommen. Es wäre toll, aber meine Mutter ist hier, und ich kann mich nicht davonschleichen.«
»Du musst dich nicht davonschleichen. Sag ihr einfach, du würdest noch ein bisschen mit dem Rad herumfahren oder so was. Es ist noch nicht so spät. Ich würde mich wirklich freuen, wenn du kommst.«
Jeremy seufzte.
Sie ist allein, dachte er. Lieber Himmel! Wir könnten alles Mögliche machen. Sie will es auch, sonst würde sie mich nicht bitten, vorbeizukommen, wenn ihre Mutter nicht da ist. Das würde sie nicht riskieren. Sie muss mich wirklich sehr mögen.
Aber Tanya!
»Ich kann einfach nicht«, sagte er. »Mom lässt mich nicht aus dem Haus. Ich habe Hausarrest wegen gestern Nacht. Ich bin spät heimgekommen, und sie weiß auch, dass ich getrunken habe. Es hat mich wirklich erwischt. Sie wird mich nicht weglassen.«
»Du willst also nicht bei mir vorbeikommen, aber auf Trolljagd gehen.«
»Bis dahin wird Mom schlafen. Außerdem habe ich nur gesagt, dass ich vielleicht gehen werde. Ich habe nicht gesagt, dass ich auf jeden Fall gehe.«
»Sind sie letzte Nacht nach der Party noch losgezogen?«
»Glaube ich nicht. Ich bin direkt nach Hause gegangen. Warum?«
»Nichts«, murmelte sie. Sie schwieg für einen Augenblick. »Pass auf, wenn du zum Trolljagen später rausschleichen kannst, könntest du ja auch hier vorbeikommen. Ich bin sicher, Mom wird den
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