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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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schimmernde Rüstung kann ziemlich schwer sein.«
    »Also hältst du mich für einen Ritter?«
    Sie lächelte. »Du bist nahe genug dran.«
    »Und du bist ein Edelfräulein in Nöten?«
    »Manchmal.«
    »Du bist ein ziemlich hartes Fräulein.«
    »Ich bin nicht so hart«, sagte sie, und ein sanfter, bittender Ausdruck trat in ihre Augen. Es war derselbe Ausdruck, den er gesehen hatte, als Joan davon sprach, wie sie Woodrow Abernathys Leben mit diesem einen Tritt zerstört hatte. Es war der Ausdruck eines kleinen Mädchens, das man in den Arm nehmen muss, um ihm zu sagen, dass alles gut wird.
    Dave stand von seinem Stuhl auf. Er setzte sich auf die Bank, und Joan rutschte hinüber zu ihm, spreizte die Beine, legte sie um seine Hüften und presste sich an ihn. »Es ist schon in Ordnung, wenn man hart ist«, flüsterte er und berührte dabei ihre Lippen mit seinen. »Ich mag es, wenn du hart bist. Aber ich mag es auch, wenn du anders bist. Ich mag alles an dir. Fast alles.«
    Sie legte den Kopf zurück. Der verwundbare Ausdruck war aus ihren Augen verschwunden und der Übermut zurückgekehrt. »Oh? Willst du damit etwa andeuten, dass ich nicht vollkommen bin?«
    »Na ja, da ist eine Kleinigkeit …«
    »Ich weiß. Ich bin größer als du. Ich werde immer flache Schuhe tragen. Und dir kaufe ich Schuhe, die dich größer machen.«
    »Mach dir keine Gedanken. Mir gefällt, dass du so groß bist. Dein Körper ist vollkommen, gerade so, wie er ist. Jeder Zentimeter von dir …«
    »Du hast noch nicht jeden Zentimeter gesehen.«
    »Das werde ich aber.«
    »Abwarten. Was stimmt nicht mit mir?«
    »Du wirst bestimmt nicht böse werden?«
    »Vielleicht werde ich es.« Er sah einen Anflug von Sorge in ihren Augen. »Was ist es, Dave?«
    »Ich will nicht, dass du feige bist. Aber … manchmal … Wie neulich, als du auf die verdammte Achterbahn geklettert bist, um dem Typen zu helfen, den sie festgebunden hatten. Wie du vor mir hergelaufen bist, um den Kampf zu beenden. Wie du jetzt auch so entschlossen bist, heute Abend auf die Promenade zu gehen. Ich will dich nicht verlieren. Ich will dich nie verlieren!«
    »Willst du damit sagen, ich hätte mehr Mut als Verstand?«
    »Ich will deinen Verstand nicht beleidigen. Aber weniger Mut könnte eine Verbesserung darstellen.«
    »Wie reizend.«
    »Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert. Ich liebe dich.«
    »Du liebst mich?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Ich liebe dich auch.«
    »Helden werden nicht alt, Joan. Und ich will, dass du alt wirst. Ich will mit dir zusammen alt und klapprig werden.«
    »Dann werden wir uns aneinander anlehnen«, flüsterte sie.
    »Genau.«
    »Das könnte mir gefallen.«

36
    Als das Telefon klingelte, sprang Jeremy vom Sofa auf und rief: »Ich geh schon.«
    Seine Mutter blickte nur kurz von ihrem Buch auf, nickte und las weiter.
    Es war eigentlich noch zu früh für Tanyas Anruf. Er wusste es, ohne auf seine Armbanduhr zu sehen. Ihm war den ganzen Nachmittag und Abend über schrecklich bewusst gewesen, wie langsam die Zeit vergehen konnte. Die Minuten waren nur so gekrochen, als er auf der Promenade darauf wartete, dass das Banjomädchen sich mit Nate treffen würde. Und nach seinem zweiten Anruf bei Tanya und ihrem Versprechen, ihn um neun Uhr anzurufen und sich mit ihm zu treffen – nur du und ich –, kroch die Zeit noch langsamer dahin.
    Der Anruf kam eine halbe Stunde zu früh.
    Aber das ersparte ihm eine quälende halbe Stunde des Wartens.
    Er riss den Hörer vom Telefon an der Küchenwand. Obwohl er ziemlich sicher war, dass seine Mutter wegen der Geräusche des Fernsehers im Wohnzimmer nichts hören konnte, sprach er leise. »Hi, Tanya.«
    »Na fantastisch!«
    Das war nicht Tanyas Stimme.
    »Shiner?«
    »Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss.«
    »Nein, das ist schon in Ordnung.« Sein Gesicht brannte. »Es war nur … Tanya hatte gesagt, sie würde mich wegen heute Abend anrufen. Du weißt, wegen der Trolljagd.«
    Shiner schwieg ein paar Sekunden. »Geht es heute Abend weiter?«
    »Na ja, ich weiß es nicht. Deswegen wollte sie ja anrufen.«
    »Ich nehme an, du willst hingehen.«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden.« Er merkte, dass es tief in seinem Inneren wehtat, sie zu belügen.
    »Wirklich?«
    »Was ist mit dir?«
    »Auf keinen Fall. Ich habe dir ja gesagt, ich bin fertig damit. Und ich denke, du solltest auch aufhören.«
    »Ich habe darüber nachgedacht.«
    »Es wird völlig ausarten. Eigentlich ist es das schon. Nate

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