Die Gang: Roman (German Edition)
kann doch nicht wahr sein! Zum Kotzen! An welche Art Droge hattest du denn gedacht?«
Jeremy ging neben ihm her und lächelte. Falls Cowboy ihn für weibisch gehalten hatte, dann war dem durch diese Bemerkung ein Ende gesetzt worden. Cowboy war auf seiner Seite, ganz bestimmt.
»Bin gespannt, wie sie aussieht«, sagte Jeremy.
»Das musst du nicht.« Cowboy zeigte mit dem Rest seiner Waffeltüte auf eine Rettungsschwimmerstation nicht weit entfernt. Es war ein weiß angestrichener Schuppen auf Pfählen, mit einer Holztreppe, die zu einer Aussichtsplattform führte. Oben stand ein Mädchen und lehnte sich leicht nach vorn, die Hände auf dem Geländer.
»Ist sie das?«
»Das ist sie.«
Sie gingen auf die Rettungsschwimmerstation zu. Der Kopf des Mädchens war zur Seite gedreht, sodass Jeremy ihr Gesicht nicht sehen konnte. Aber sie war ein geradezu Ehrfurcht gebietender Anblick. Er nahm an, dass sie beinahe einen Meter achtzig groß war. Viele Mädchen dieser Größe waren nur Haut und Knochen, aber Tanya nicht. Ihre nackten Beine, bronzeschimmernd im Sonnenlicht, waren kraftvoll und wohlgeformt. Sie trug rote Shorts und ein weißes T-Shirt, das sie nicht in die Shorts gesteckt hatte. Weder die Shorts noch das T-Shirt lagen eng an, aber obwohl die Shorts eher locker fielen, konnte man die Rundung fester Pobacken erkennen. Der Wind drückte ihr T-Shirt gegen einen flachen Bauch und die hohen, festen Brüste. Die etwas zu groß geratenen Kleidungsstücke waren vielleicht dazu gedacht, ein wenig zu verbergen – gerade genug, damit sie nicht ständig von irgendwelchen Typen belästigt wurde. Aber sie hatten nicht den erwünschten Effekt. Nicht auf Jeremy. Es machte ihren Körper für ihn nur noch geheimnisvoller und aufreizender.
Ihr Haar, zu einem Pferdeschwanz gebunden, glänzte wie Gold.
Wenn ihr Gesicht auch nur im Geringsten zum Rest passen würde …
»He! Tanya!«, rief Cowboy vom Fuß der Treppe aus. Sie drehte sich um und sah von ihrem Aussichtspunkt herunter. Ihre Augen waren hinter einer Sonnenbrille verborgen.
Aber was er von ihrem Gesicht sehen konnte, war sogar noch besser, als er nach Cowboys Worten angenommen hatte. Nicht nur schön – sie war einfach hinreißend! Ihr Haar fiel wie ein Vorhang aus goldenen Schnüren bis auf die Brauen. Ihre Wangenknochen und das Kinn waren ausgeprägt, als hätte ein Bildhauer eine Kriegsgöttin aus Granit meißeln wollen, es sich dann anders überlegt und die scharfen Kanten runder, glatter und weicher gestaltet, mit einer Oberfläche wie Samt. Und als hätte er ihr zum Ausgleich für seine ursprüngliche Idee eine perfekte, feminine Nase gegeben, die groß genug war, um in einem solchen Gesicht gerade richtig zu wirken.
Ihre Haut war tief gebräunt, und die Zähne schimmerten leuchtend weiß, fast so, als strahlten sie ihr eigenes Licht aus. Ihr Mund war breit. Die Lippen, nur ein klein wenig dunkler als die Gesichtshaut, waren voll und üppig. Es sah aus, als wären ihre Lippen das Weichste an ihr. Sie gaben der hinreißenden Schönheit ihres Gesichts gleichzeitig etwas Verwundbares und kraftvoll Erotisches.
Cowboys Witz – war es ein Witz? – über die Männer, die fast ertranken, damit Tanya sie rettete, kam ihm auf einmal nicht mehr so abwegig vor. Der Wunsch, von solch einer Frau aus dem Meer gerettet zu werden, Mund-zu- Mund-Beatmung von diesen Lippen zu bekommen, konnte einen schon zu verzweifelten Maßnahmen greifen lassen. »Hallo, Cowboy«, sagte sie. Ihre Stimme war genau, wie Jeremy es erwartet hatte, klar und tief.
»Alles okay für heute Abend?«
Sie drehte sich zu Jeremy um. Er hatte das Gefühl, zu schmelzen, nur noch warme Flüssigkeit zu sein. Wenn er doch nur ihre Augen sehen könnte! Vielleicht war es aber auch besser, dass das gerade nicht möglich war.
»Mach dir keine Gedanken wegen Duke. Er ist in Ordnung. Tatsache ist, dass er heute Abend gern mitkommen würde. Ich habe ihm gesagt, dass es von dir abhängt. Und Liz will wissen, ob ihre Cousine mitkommen kann.«
»Nein.«
Jeremy sank innerlich zusammen. Er spürte einen Kloß in seinem Hals.
Ich hätte es wissen sollen. Das ist alles einfach zu gut gelaufen. Ich konnte Cowboy etwas vormachen, aber sie hat mich gleich durchschaut. Sie weiß, dass mit mir nichts los ist. Mist! Verdammte Scheiße!
Tanya trat vom Geländer zurück. Sie ging zur Treppe und sah ärgerlich auf Cowboy hinab. »Das ist eine Privatangelegenheit«, sagte sie. »Niemand von außerhalb. Ihr beiden, du und
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