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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Zwei Rippen gebrochen. Ebenso die Nase.
    Die Verletzungen an seinem Körper werden mit der Zeit heilen. Aber wahrscheinlich wird die Zeit die tiefer liegenden Wunden nicht heilen können – die Qual und die Erniedrigung, ausgezogen und zusammengeschlagen zu werden, die Angst, die er auf den Schienen der Achterbahn in schwindelnder Höhe über der Promenade erlebte, eine ganze Nacht lang, mit dem Wissen, dass der Tag nicht nur die willkommene Wärme des Sonnenlichts bringen würde, sondern auch einen heranbrausenden Achterbahnwagen.
    Solche Wunden heilen vielleicht nie.
    Harrison Bentley wird die Narben sein Leben lang tragen. Warum?
    Wir wissen, warum, liebe Einwohner von Boleta Bay. Wir alle wissen, warum.
    Er hat ein Verbrechen begangen und wurde entsprechend dafür bestraft.
    Was für ein schreckliches Verbrechen der Mann begangen hat?
    Wir kennen auch die Antwort auf diese Frage.
    Er hat sich der Obdachlosigkeit schuldig gemacht. Er war ein »Troll«. Und er ist der Gerechtigkeit in Form des Großen Groben Griesgrams Billy begegnet.
    Er ist nicht das erste Opfer dieser Schläger, die unsere Stadt durchstreifen, besonders unseren Strand und unsere Promenade, auf der Jagd nach Trollen, und die diejenigen brutal zurichten, die in unserer Gesellschaft ganz unten stehen. Er ist nur der jüngste Fall.
    Die hiesigen Autoritäten wissen von mindestens zwanzig Fällen, bei denen Bettler von Teenagerbanden angegriffen wurden. Die ersten Angriffe, im vergangenen Sommer, waren vergleichsweise harmlos, wenn man die Brutalität vor Augen hat, mit der Harrison Bentley behandelt wurde. Die Opfer wurden gefesselt und geknebelt und zur Stadtgrenze gefahren. Sie wurden Meilen vor der Stadt ausgesetzt, verängstigt, aber unverletzt. Man warnte sie, nie wieder nach Boleta Bay zurückzukommen. Aber bald schon reichten diese »Pennertransporte« der Bande von Jugendlichen nicht mehr. Statt sie aus der Stadt zu bringen, wurden die Streuner brutal zusammengeschlagen und liegen gelassen – auf der Straße, am Strand, in der Dunkelheit unter der Promenade, im Schatten zwischen den Karussellen und Spielbuden des »Vergnügungsparks«. Immer mit einer Karte versehen, die ihn – oder sie – als ein weiteres Opfer des Großen Groben Griesgrams Billy auswies.
    Aber selbst das erwies sich als zu zahm für die brutale Bande, die die Nacht durchstreift. Sie behielten das Schlagen bei, reicherten aber ihr Repertoire um einige neue und perverse Variationen an.
    Vor vier Wochen fand ein Jogger am frühen Morgen eine Bettlerin, die nur als Mad Mary bekannt ist, mit Handschellen an das Geländer der Promenade gefesselt. Mary war verprügelt worden. Anders als die vorigen Opfer hatte man sie ausgezogen und jeden Zentimeter ihres Körpers mit grüner Farbe bepinselt.
    Biff, das nächste Opfer, hatte man mit roten und gelben Streifen bemalt.
    Lucys Pobacken waren an einer Bank auf der Promenade festgeklebt. Die Plastikschüssel, mit der sie üblicherweise ein wenig Kleingeld von Passanten erbettelte, hatte man ihr ans Gesicht geklebt. James wurde auf ein Karussellpferd gesetzt, die Hände auf dem Rücken gefesselt, eine Henkersschlinge um den Hals. Wäre er in der Nacht oder den frühen Morgenstunden heruntergefallen …
    Harrison war an die Gleise der Achterbahn gebunden. Es wird damit nicht zu Ende sein. Unsere hiesige Jugendbande wird wieder zuschlagen, mehr Gräueltaten begehen, mit immer größerer Wildheit und Brutalität über die Obdachlosen in unserer Stadt herfallen.
    Und daran tragen wir die Schuld.
    Wir sind ihre Komplizen.
    Wir haben Angst vor den »Pennern, Wermutbrüdern und Spinnern«, die scheinbar überall sind, immer eine bettelnde Hand ausgestreckt. Wir behandeln sie, als würden sie eine schreckliche Krankheit verbreiten, und zwar durch ihre bloße Anwesenheit.
    Sie verbreiten eine Krankheit.
    Die Krankheit, die sie verbreiten, heißt Schuldgefühle. Wir haben ein Zuhause, Familien, Essen, Kleider und zahllose Luxusgegenstände. Sie haben nichts. Und weil sie uns daran erinnern, hassen wir sie.
    Und wir wollen, dass sie verschwinden.
    Die Trolljäger wollen auch, dass sie verschwinden. Die Trolljäger, unsere Kinder, reagieren auf die »Penner« ebenso wie die Erwachsenen – mit Angst und Hass. Sie haben den Ekel auf unseren Gesichtern gesehen. Sie hörten unsere gemurmelten Flüche, unser höhnisches Gelächter. Und ein paar von ihnen, vielleicht nur eine Handvoll, haben sich aufgemacht, uns den Gefallen zu tun und die Stadt zu

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