Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)

Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)

Titel: Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
den Namen aus, den ich schon Jahrzehnte nicht mehr ausgesprochen hatte. »Sigfrid Seelenklempner, bitte, ich möchte mit dir reden.«
    Einen Augenblick lang dachte ich, er käme nicht. Aber dann tauchte in der Ecke bei der Bar plötzlich ein Lichtnebel auf, dann ein Aufblitzen, und da saß er.
    Er hatte sich in den dreißig Jahren nicht verändert. Immer noch trug er einen dunklen Anzug vom gleichen Schnitt, wie man ihn von Sigmund Freuds Porträts her kennt. In seinem nicht mehr jungen, ausdruckslosen Gesicht war kein Fältchen hinzugekommen, und seine Augen funkelten wie eh und je. In einer Hand hielt er als Requisite einen Block, in der anderen einen Bleistift – als ob er es nötig gehabt hätte, sich Notizen zu machen!
    Höflich begrüßte er mich. »Guten Morgen, Rob. Offensichtlich scheint es dir gut zu gehen.«
    »Du hast immer mit dem Versuch begonnen, mich aufzubauen«, sagte ich. Er lächelte ein wenig.
    Sigfrid Seelenklempner gibt es nicht wirklich. Er ist nichts anderes als ein psychoanalytisches Computerprogramm. Physisch existiert er nicht. Was ich sah, war lediglich ein Hologramm, und was ich hörte, waren Worte aus einem Synthesizer. Er trägt nicht mal einen Namen. Ich nenne ihn nur »Sigfrid Seelenklempner«, weil ich damals, vor Jahrzehnten, nicht mit einer namenlosen Maschine über die Dinge reden konnte, die mich in Angst versetzten. »Ich nehme an«, vermutete er nachdenklich, »du hast mich gerufen, weil dir etwas Kummer bereitet.«
    »Das stimmt.«
    Mit geduldiger Neugier schaute er mich an. Darin hatte er sich auch nicht verändert. Mir standen damals schon sehr viel bessere Programme zur Verfügung – vor allem eines, Albert Einstein, sodass ich mich mit den anderen kaum noch abgab –, aber Sigfrid war immer noch ziemlich gut. Er hatte die Ruhe weg. Er weiß, dass das, was mir im Kopf herumschwirrt, Zeit braucht, bis es sich in Worte fassen lässt; deshalb hetzt er mich auch nicht.
    Andererseits lässt er mich aber auch nicht in den Tag hineinträumen. »Kannst du mir sagen, was dich in eben diesem Augenblick bedrückt?«
    »Eine Menge. Verschiedene Dinge«, antwortete ich.
    »Wähle eines«, schlug er geduldig vor. Ich zuckte mit den Achseln.
    »Man hat’s nicht leicht in dieser Welt, Sigfrid. So viel hat sich zum Guten verändert. Trotzdem sind die Leute … Scheiße! Ich mache es schon wieder, nicht wahr?«
    Verschmitzt lächelte er mich an. »Was machst du denn?«, ermutigte er mich.
    »Sagen, dass mich eine Sache beunruhigt, aber nicht was . Dem wahren Grund versuche ich auszuweichen.«
    »Das scheint mir eine kluge Erkenntnis zu sein, Robin. Willst du jetzt versuchen, mir den wahren Grund zu nennen?«
    »Ich möchte «, sagte ich. »Ich möchte es so sehr, dass ich beinahe anfange zu weinen. Das habe ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gemacht.«
    »Du hattest ja auch sehr lange nicht das Bedürfnis, mich zu sehen«, erklärte er. Ich nickte.
    »Ja. Stimmt genau.«
    Wieder wartete er eine Zeit lang, drehte nur ab und zu den Bleistift zwischen den Fingern. Auf seinem Gesicht lag der Ausdruck freundlichen und höflichen Interesses. Zwischen den Sitzungen konnte ich mich hauptsächlich an diesen urteilsfreien Gesichtsausdruck erinnern. Dann sagte er: »Die Dinge, Robin, die dich tief im Innern belasten, sind nicht leicht zu definieren. Du weißt das. Wir haben das schon vor Zeiten gemeinsam herausgefunden. Es ist nicht so überraschend, dass du mich all die Jahre nicht aufsuchen musstest. Offensichtlich ist dein Leben gut verlaufen.«
    »Ja, wirklich sehr gut«, stimmte ich zu. »Wahrscheinlich zehnmal besser, als ich es verdient habe … Moment mal! Drücke ich damit eine verdrängte Schuld aus? Minderwertigkeitsgefühle?«
    Er seufzte, lächelte aber immer noch. »Du weißt ganz genau, Robin, dass es mir lieber wäre, wenn du nicht wie ein Analytiker reden würdest.« Ich lächelte zurück. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Lass uns mal die gegenwärtige Situation ganz objektiv betrachten! Du hast alle Vorkehrungen getroffen, dass uns niemand stören kann – oder belauschen? Dass jemand etwas hört, was du nicht einmal deinem engsten und liebsten Freund anvertrauen könntest. Du hast sogar Albert Einstein, deinem Datenbeschaffungssystem, den Auftrag gegeben, sich zurückzuziehen und dieses Gespräch von allen Datenspeichern abzuschirmen. Es muss also etwas sehr Privates sein, das du mir zu berichten hast. Vielleicht ist es etwas, das du fühlst, dich aber schämst, es

Weitere Kostenlose Bücher