Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
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Ein normales menschliches Wesen – eigentlich jedes menschliche Wesen – hätte seinem Analytiker Recht gegeben. Hätte es auch irgendwann während dreier langer Wochen seinem Reise- und Bettgenossen gegenüber zugegeben, selbst wenn es nur geschehen wäre, um jemanden zu haben, mit dem er seine wenig Erfolg versprechende Hoffnung und seine tatsächlich bestehenden Ängste teilen konnte. Wan hatte nie gelernt, seine Gefühle der Umwelt mitzuteilen, weil er nie gelernt hatte, irgendetwas zu teilen. Er war im Hitschi-Himmel aufgewachsen, ohne während der entscheidenden Lebensphase ein mitfühlendes Wesen aus Fleisch und Blut an seiner Seite zu haben. So war er der Archetyp eines Soziopathen geworden. Das grauenvolle Verlangen nach Liebe trieb ihn dazu, seinen verlorenen Vater in den Schrecken des Alls zu suchen. Diese ungestillte Sehnsucht machte es ihm unmöglich, jetzt Liebe zu empfangen oder zu geben. Seine engsten Gefährten während dieser schrecklichen zehn Jahre waren die Computerprogramme gewesen, in denen die verstorbenen Intelligenzen gespeichert waren, die man Tote Menschen nannte. Er hatte sie kopiert und mitgenommen, als er sich ein Hitschi-Raumschiff aneignete. Mit ihnen unterhielt er sich, wie er nie mit Dolly, die aus Fleisch und Blut bestand, reden würde, weil er wusste, dass sie nur Maschinen waren. Ihnen machte es nichts aus, so behandelt zu werden. Für Wan waren auch menschliche Wesen aus Fleisch und Blut nichts anderes als Maschinen – Verkaufsautomaten, könnte man sagen. Er hatte die Münze, um das, was er wollte, aus ihnen herauszuholen. Sex. Gespräch. Oder die Vorbereitung seiner Mahlzeiten oder das Saubermachen nach seinen schweinischen Angewohnheiten.
Die Hitschi entdeckten sehr früh, wie man die Intelligenz, ja sogar nahezu die gesamte Persönlichkeit eines Toten oder Sterbenden in mechanischen Systemen lagern konnte – was die Menschen erst lernten, als sie zum ersten Mal auf den so genannten Hitschi-Himmel stießen, wo Wan aufwuchs. Robin hielt das für eine unschätzbar wertvolle Erfindung. Ich sehe das anders. Aber man kann mir natürlich Voreingenommenheit vorwerfen – jemand wie ich, der von Haus aus ein mechanischer Speicher ist, braucht so etwas ja nicht. Als die Hitschi das herausgefunden hatten, gaben sie sich nicht mehr die Mühe, Leute wie mich zu erfinden.
Ihm kam niemals der Gedanke, dass ein Automat auch Gefühle haben könnte. Auch nicht, wenn der Automat ein neunzehn Jahre alter Mensch weiblichen Geschlechts war, der dankbar gewesen wäre, eine Gelegenheit zu haben, ihm Liebe zeigen zu dürfen.
In der Lofstromschlaufe in Lagos, Nigeria, machte sich Audee Walthers Gedanken über das Maß seiner Verantwortung Janie Yee-xing gegenüber, als das Magnetband ihr Landefahrzeug erfasste. Sie wurden langsamer und gingen an der Zoll- und Einwanderungsstation zu Boden. Er hatte wegen seiner Spielerei mit verbotenem Spielzeug die Chance auf einen Job vertan, Yee-xing aber hatte durch ihre Beihilfe ihre gesamte Karriere ruiniert. »Ich hab’ eine Idee«, flüsterte er ihr zu, als sie im Vorzimmer Schlange standen. »Ich erzähl’ sie dir später.«
Er hatte wirklich eine Idee, und sie war ausgesprochen gut. Diese Idee war ich.
Ehe Walthers ihr seine Idee mitteilen konnte, musste er ihr erzählen, was er in diesem schrecklichen Moment am TPSE empfunden hatte. Sie gingen zuerst in das Transithotel in der Nähe der Landeschlaufe. Das Zimmer war kahl und heiß. Es gab ein mittelgroßes Bett, eine Waschkommode in der Ecke, ein PV-Gerät, in das der Reisende glotzen konnte, während er auf seinen Flug wartete, und Fenster, welche die heiße, drückende Luft an der afrikanischen Küste hereinließen. Die Fenster waren offen, allerdings mit sehr dichtem Fliegengitter versehen, wegen der unzähligen Insekten. Walthers konnte sich dennoch eines Fröstelns nicht erwehren, als er ihr von dem eiskalten, langsamen Wesen erzählte, dessen Verstand er an Bord der S. Ya. gespürt hatte.
Auch Janie Yee-xing fröstelte. »Aber du hast davon kein Wort gesagt, Audee!«, warf sie ein. Ihre Stimme klang etwas schrill, weil ihre Kehle wie zugeschnürt war. Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber warum nicht? Gibt es nicht …« Sie machte eine Pause. »Ja! Ich bin ganz sicher, dafür müsstest du einen Gateway-Bonus bekommen.«
» Wir , Janie!«, verbesserte er sie bestimmt. Sie schaute ihn an und akzeptierte die Partnerschaft mit einem Nicken. »Natürlich gibt es den. Eine
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