Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
geduldig. »Einige sind unsere eigenen Datenspeicher, einige sind Hitschi-Fächer, manche etwas ganz anderes. Du musst lernen, mit ihnen in Beziehung zu treten.«
»In Beziehung?«
»Dich durch sie zu informieren, Robin. Als ob es Nachschlagewerke in einer Bibliothek wären. Wie Bücher in einem Regal.«
»Bücher brüllen einen aber nicht an! Und die hier brüllen!«
»Na sicher! So machen sie sich bemerkbar – genauso wie Bücher sich in den Regalen den Augen bemerkbar machen. Du brauchst aber nur das anzuschauen, welches du willst. Da ist besonders eines, das es für dich leichter machen wird, glaube ich. Sieh zu, ob du es findest.«
»Finden? Wie soll ich denn danach Ausschau halten?«
Es kam ein Geräusch wie Seufzen. »Also gut«, sagte er. »Wir können es ja mit einem Kunstgriff versuchen, Robin. Ich kann dir nicht die Position angeben, weil ich nicht annehme, dass du bereits ein Bezugssystem hast …«
»Stimmt, verdammt noch mal!«
»Ja. Aber es gibt da einen alten Trick bei Tierdressuren, der ein Tier dazu bringt, komplizierte Handlungen auszuführen, die es nicht versteht. Ich entsinne mich an einen Zauberer, der einen Hund dazu anhalten konnte, ins Publikum zu laufen, eine bestimmte Person auszuwählen und von ihr ein bestimmtes Objekt zu nehmen …«
»Albert«, bettelte ich. »Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, mir eine deiner langatmigen Anekdoten zu erzählen!«
»Nein! Das ist keine Anekdote. Es ist ein psychologisches Experiment. Es funktioniert prima bei Hunden – ich weiß nicht, ob man es schon jemals an einem erwachsenen Menschen ausprobiert hat. Wir werden ja sehen. Du machst jetzt Folgendes: Beweg dich in irgendeine Richtung. Wenn diese stimmt, sage ich dir, dass du weitermachen sollst. Sobald ich das nicht mehr sage, hörst du mit dem auf, was du gerade machst. Überlege! Probiere verschiedene Möglichkeiten aus. Wenn das neue Ding oder die neue Richtung sinnvoll ist, fordere ich dich auf weiterzumachen. Kannst du das tun?«
Ich antwortete: »Gibst du mir dann auch ein Zuckerstückchen, wenn es vorbei ist, Albert?«
Leises Lachen. »Zumindest die elektronische Entsprechung, Robin. Fang jetzt an, dir etwas auszudenken!«
Ausdenken? Wie? Es hatte aber keinen Zweck, Fragen zu stellen, denn wenn Albert mir mit Worten das »Wie« hätte erklären können, brauchten wir jetzt nicht den Trick eines Hundedompteurs zu versuchen. Ich fing also an … Dinge zu tun.
Ich kann nicht genau erklären, welche Dinge ich tat.
Aber ich bewegte mich. Irgendwie bewegte ich mich. Und die ganze Zeit über sagte Alberts Stimme zu mir: »Nein. Nein. Nein. Das ist es nicht. Nein. Nein …«
Und dann: »Ja! Ja, Robin, mach so weiter!«
»Ich mache weiter.«
»Nicht reden, Robin! Nur weitermachen! Immer weiter! Weitersoweitersoweitersoweitersoweiterso – nein. Stop!
Nein.
Nein.
Nein.
Nein – ja! Weitersoweitersoweitersoweiterso – nein – ja! Weiter – stop! Da ist es, Robin. Da ist der Band, den du aufschlagen musst.«
»Hier? Das Ding? Diese Stimme, die klingt wie …«
Ich brach ab. Ich konnte nicht weitersprechen. Sehen Sie, ich hatte die Tatsache akzeptiert, dass ich tot war, nichts anderes als gespeicherte Elektronen in einem Datenfächer, und es nur noch schaffte, mit mechanischen Speichern oder anderen nicht lebenden Personen wie Albert zu sprechen.
»Öffne den Band!«, befahl er. »Lass sie zu dir sprechen!«
Sie brauchte keine Erlaubnis. »Hallo, Robin, Liebster«, ertönte die elektronische Stimme meiner lieben Frau Essie. Sie klang merkwürdig, etwas verzerrt, aber es gab keinen Zweifel, wer sie war. »Ist doch ein schöner Ort, wo du jetzt bist, oder etwa nicht?«
Ich glaube nicht, dass irgendetwas, nicht einmal die Erkenntnis meines eigenen Todes, ein so grauenvoller Schock für mich war, wie Essie unter den Toten zu finden. »Essie«, schrie ich. »Was ist mir dir geschehen?«
Sofort war Albert zur Stelle und sagte schnell und fürsorglich: »Es geht ihr gut, Robin. Sie ist nicht tot.«
»Aber sie muss es sein! Sie ist doch hier!«
»Nein, mein lieber Junge, nicht wirklich«, belehrte mich Albert. »Ihr Buch ist hier, weil sie sich teilweise selbst für das ›Jetzt-und-Später‹-Projekt eingespeichert hat. Teilweise auch bei den Experimenten, die zu meinem jetzigen Zustand führten.«
»Du Dreckskerl hast mich denken lassen, sie sei tot.«
Freundlich entgegnete er: »Robin, du musst diese Fleisch-und-Blut-Besessenheit deines Denkens ablegen. Spielt es
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