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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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riskieren Leib und Leben für eine einzige lächerliche Burg inmitten von Feindesland.»
    Agnes sah all ihre Hoffnungen begraben. Zugleich packte sie eine furchtbare Angst um ihren Geliebten. Mitfühlend wie eine gute Freundin ergriff Antonia ihre Hand.
    «Es ist wegen Widerholds Adjutanten, nicht wahr?»
    «Woher –?»
    Antonia lächelte. «Manches hat sich sogar bis nach Straßburg herumgesprochen.»
     
    Eine Woche später öffnete Agnes auf ein heftiges Klopfen hin die Tür: Vor ihr, im stürmischen Herbstregen und nass bis auf die Haut stand Sandor.
    Wortlos sahen sie sich an. Das Wasser rann Sandor über die Hutkrempe, über Stirn und Wangen. «Darf ich hereinkommen?»
    Da fiel Agnes ihm um den Hals, küsste ihm den Regen aus dem Gesicht, umarmte ihn, bis sie ebenso nass war wie er.
    «Du bist am Leben», flüsterte sie wieder und wieder. «Dem Herrgott sei Dank, du bist am Leben!» Schließlich zog sie ihn ins Haus.
    «Ist der Hohentwiel übergeben?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Dann – dann musst du wieder zurück?»
    «Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich ohne dich nirgendwo hingehe.» In seine grünen Augen trat ein Strahlen, das auf sein ganzes Gesicht überging. «Das heißt – wenn du mich noch willst.»
    Statt einer Antwort zog sie ihm den Hut vom nassen Haar, streifte ihm Mantel und Lederwams von den Schultern und nahm ihn bei der Hand.
    «Komm. David und Matthes sind erst gegen Mittag zurück.»
    Sie führte ihn hinauf auf den Dachboden, wo sich ihre Schlafstelle befand. Dort liebten sie sich, erst scheu und behutsam, als fänden sie zum ersten Mal in dieser Nähe zueinander, dann immer leidenschaftlicher und voller Lust.
    Als sie endlich Ruhe fanden, schmiegte sich Agnes in seine Armbeuge und schloss die Augen. Sie hatte gewusst, dass er sein Versprechen wahr machen würde, und doch konnte sie immer noch nicht glauben, dass dies kein Traum war. Sie erinnerte sich an die Dachshöhle, damals als sie nach ihrem Kampf gegen den Tod den Lichtschimmer durch den Eingang fluten sah. Auch wenn der Krieg noch nicht zu Ende war: Vor ihnen lag ein heller, verheißungsvoller Lichtschein.
    Sandor küsste ihren Hals. «Woran denkst du?»
    «Dass Träume manchmal wahr werden. Sogar in solchen Zeiten.» Plötzlich stutzte sie. «Du bist doch nicht desertiert?»
    Sandor lachte leise. «Nein. Widerhold hat mich gehen lassen. Besser gesagt, er hat mich nach Stuttgart geschickt. Er hat wohl meine Trauermiene nicht mehr ertragen.»
    Er beugte sich über sie und sah sie an.
    «Ich bin schon den zweiten Tag hier. Sei mir nicht böse, wenn ich jetzt erst gekommen bin, doch ich musste noch zwei Dinge hinter mich bringen. Auch wenn ich es kaum ausgehalten habe.»
    «Und – was war das?»
    «Ich hatte eine Audienz beim Herzog, um meine Dienste anzubieten. Es war Widerholds Einfall. Allerdings   –», jetzt lag Unsicherheit in seinem Blick, «hat sich unser Regent sehr bedeckt gehalten. Er schätze zwar meine Fähigkeiten, aber angesichts der leeren Schatullen könne er mir kaum Hoffnung machen.»
    «Was ist, wenn der Herzog ablehnt?»
    Er lachte. «Dann geh ich als Tagelöhner in die Weinberge.»
    «So ernst ist es dir mit uns?»
    «Bitterernst. Du wirst mich nicht mehr los. Heute früh war ich in der Stiftskirche.»
    «Um zu beten?»
    «Aber Agnes! Um das Aufgebot zu erstellen! Für unsere Hochzeit.»
    Sie schwankte zwischen Schluchzen und Lachen, als sie ihn an sich zog und sie sich trotz ihrer Erschöpfung ein weiteres Mal liebten. Schließlich hörten sie von unten Männerstimmen. Matthes, David und Mugge waren heimgekommen.
    Agnes erhob sich und zog ein trockenes Kleid über. Alle sollten diese wunderbare Nachricht erfahren. Aber dann zögerte sie. Sie öffnete die Dachluke und sah hinaus. Der Sturm hatte sich verzogen.
    Mit einem Mal fühlte sie sich hin und her gerissen zwischen unaussprechlichem Glück und Trauer. Wie viele hatte dieser Krieg in seinen unersättlichen Schlund gezerrt – den Küchenjungen Franz, ihre erste Liebe Kaspar, Matthes’ beide Freunde, die alte Else, Lisbeths Eltern, dann Lisbeth selbst mit ihrem Tross, den treuen Gefährten Andres und letztendlich auch ihre Mutter. Nur Andres hatte eine Spur hinterlassen, ihn konnte sie immer sehen, wenn der Sternenhimmel sich über ihr auftat.
    Sandor war neben sie getreten. «Freust du dich nicht? Du bist so still.»
    «Dort draußen», sagte Agnes leise, «sind Tausende und Abertausende, die leben in Angst und Elend. Der Krieg hat dieses

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