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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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dagegen wäre dort zu Hause. Wenn sie überlebte. Sie wird überleben, sagte Hannah zu sich selbst, in der Hoffnung, dass es so war. Paul würde sie finden – womöglich hatte er sie schon gefunden – und sie in den Norden bringen, und die beiden würden Hannah finden. Um all das betete sie die ganze Nacht hindurch, auch wenn sie nicht wusste, zu wem oder was sie betete. Doch sie wurde von einem Gefühl geleitet, das Ähnlichkeit mit dem Glauben hatte.
    Von Maxon aus fuhr sie nach Norden, fuhr auf Nebenstraßen nach Maryland und dann nach Pennsylvania, und schließlich kam sie in Harrisburg auf die I-81. Es wäre vielleicht schneller gegangen, wenn sie an der Küste entlanggefahren wäre und dann die I-87 genommen hätte, doch das hätte bedeutet, dass sie mehr Bundesstaatengrenzen hätte passieren und durch viele dicht besiedelte Landstriche hätte fahren müssen. Der heftige Schneefall trug dazu bei, dass sie langsamer als gewollt vorankam, doch schon bald merkte sie, dass dies eher ein Segen als ein Fluch war. Der Schneefall umhüllte sie wie ein Mantel und machte sie nahezu unsichtbar, und die Bundesstaatenpolizei war viel zu sehr damit beschäftigt, den Verwundeten und verzweifelten Menschen zu helfen, die mit ihren Fahrzeugen liegen geblieben waren, als dass sie die Zeit gefunden hätte, nach Verchromten Ausschau zu halten. Sie war an mindestens zwölf Unfallorten vorbeigekommen, die in unregelmäßigen Abständen in das grelle rote und blaue Licht der Polizei- und Unfallwagen getaucht wurden, wie Albträume, an die man sich nur halb erinnert. Jedes Mal, wenn sie vorbeifuhr, schaute sie nach vorn und überließ die Opfer ihren Tragödien, weil sie nicht wollte, dass deren Leid sich in ihr Gedächtnis grub.
    Sie war es nicht gewohnt, unter so widrigen Bedingungen zu fahren, doch der Lieferwagen war dieser Aufgabe durchaus gewachsen. Trotzdem verstrichen die Kilometer mit qualvoller Langsamkeit. Sie hatte gehofft, bis Champlain durchfahren zu können, doch als die Morgendämmerung anbrach, hatte sie noch nicht einmal die Grenze zu New York erreicht. Sie musste einen weiteren Tag im Lieferwagen schlafen, und das hieß, sie musste irgendwo anhalten und sich eine Decke oder einen Schlafsack kaufen. Obwohl sie schon alles am Körper trug, was sie an Kleidung besaß, hatte sie sich bereits in Greensboro fast zu Tode gefroren. Und hier im Hinterland von New York war es um einiges kälter. Sie hatte sich überlegt, eine Decke aus Aidans Haus mitzunehmen, ein winzig kleiner Diebstahl, den sie am Ende jedoch nicht begehen konnte. Sie hatte Alyssa Dale schon zu viel weggenommen.
    Im Außenbezirk von Scranton entdeckte sie das bekannte Hologramm eines Sport- und Freizeitgeschäftes und fuhr heran. Der mit Schnee bedeckte Parkplatz war fast leer, doch die Lichter in dem Laden waren noch an. Sie parkte ein und eilte zum Eingang, besorgt, sie könnten ihren Wunsch einzukaufen ablehnen. Als der uniformierte Sicherheitsmann Hannah sah, griff er warnend an seine Schusswaffe, doch er machte keinen Schritt auf sie zu, und so konnte sie durch den Kassenbereich gehen. Einer der Kassierer war ein Gelber. Die Campingabteilung war am anderen Ende des Geschäftes. Sie ging Gang für Gang durch die Regale, die alle mit Waren vollgestopft waren. Hannah wunderte sich über so viel Zeug, von dem das meiste keinerlei Nutzen hatte. Vor einem Jahr hätte sie das noch ganz anders gesehen. Damals hätte sie es nicht für möglich gehalten, ohne bestimmte Dinge leben zu können. Auf ihren Port, ihren Kaffee am Morgen, ihre gute Schere und ihre Bibel hätte sie nicht verzichten wollen. Auch auf ihre Schwester, ihre Eltern und Aidan nicht.
    Sie nahm den am besten bewerteten Schlafsack, den sie finden konnte, und ging dann in die Lebensmittelabteilung, um einige Snacks und Wasser in Flaschen mitzunehmen. Dann stürzte sie zu den Kassen. Der gelbe Kassierer hatte einen Kunden, doch Hannah wartete, auch wenn an den anderen Kassen keine Schlangen standen. Hannah erhoffte sich eine Art Identifikation zwischen ihnen, eine Art Blutsverwandtschaft, wie sie es mit dem gelben Motorradfahrer erlebt hatte. Doch der Gelbe war kurz angebunden und ablehnend. Zuerst war sie getroffen, doch dann empfand sie Mitleid mit ihm. Warum sollte er nicht mürrisch sein, dieser kahl werdende Mann im mittleren Alter, der keinen Ehering trug, der in einem kleinstädtischen Laden in der Pampa arbeitete und gezwungen war, als Verchromter zu leben? Und dies womöglich noch

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