Die Gebrüder Kip
auch in Hobart-Town gekommen, wenn das Gericht nicht dem beklagenswerten Verlangen des Mobs der Stadt entsprochen und kein Todesurteil gefällt hätte. Am Tage der Hinrichtung sah man die Menge dann gewiß das Schafott gröhlend umschwärmen.
»Glaubst du, daß unser Vater uns hätte für schuldig halten können?« (S. 307.)
In erster Reihe würden die elenden Schurken Flig Balt und Vin Mod dann natürlich auch zu finden sein. Sie mußten sich ja mit eigenen Augen überzeugen wollen, daß Karl und Pieter Kip die Freveltat, deren Urheber sie selbst waren, mit dem Leben gebüßt hätten. Dann erst konnten sie in voller Sicherheit weiter ziehen und sich – ohne Besorgnis vor der Zukunft – in neue Abenteuer stürzen.
Nach der Verhandlung waren die beiden Brüder wieder ins Gefängnis abgeführt worden, und natürlich hatte sie die rohe Menge auf dem Wege dahin mit unflätigen Beschimpfungen überhäuft, und dabei eine so drohende Haltung angenommen, daß die Gerichtsdiener die Gefangenen beschützen mußten. Auf alle diese Anzapfungen antworteten die Brüder aber nur durch ein um so würdevolleres Auftreten und ein verächtliches Schweigen.
Als die Pforten des Gefängnisses sich hinter ihnen geschlossen hatten, führte der Oberwärter sie nicht wieder nach den Zellen, die sie bisher einzeln bewohnt hatten, sondern in die größere Zelle der zum Tode verurteilten Verbrecher. Inmitten dieses Abschaums der Menschheit genossen sie wenigstens den Trost, vereinigt zu sein. In den letzten Tagen ihres Lebens konnten sie sich da noch einmal gemeinsam der Erinnerung an die Vergangenheit hingeben – lebten sie noch einmal einer neben dem anderen bis zu den Stufen des Schafotts.
In dieser Zelle waren sie leider nicht zu zweien allein, wie sie es so sehnlich gewünscht hatten. Die Wächter durften sie Tag und Nacht nicht verlassen, mußten sie im Auge behalten, ihre Worte belauschen. Selbst wenn sie das Innerste ihres Herzens ausschütteten, waren die rohen Schergen in der Nähe, die für die Unglücklichen gewiß keine Spur von Mitleid empfanden.
Der unerhörten Ungerechtigkeit gegenüber, die zwei Schuldlose in den Tod schickte, machte Karl Kip seiner Empörung wiederholt in ungeschminkter, derber Sprache Luft, während sein Bruder, der ihn vergeblich zu besänftigen sachte, ruhiger blieb und seinem Schicksale gefaßter entgegenzusehen schien.
Auch Pieter Kip gab sich übrigens keinerlei Täuschung über den Erfolg der Berufung hin, die sie auf Anregung ihres Verteidigers unterzeichnet hatten. Ebenso hegte Karl nicht die geringste Hoffnung, daß die Berufung den Erfolg einer Wiederaufnahme des Verfahrens haben und daß die damit gewonnene Zeit hinreichend sein werde, die Wahrheit in vollem Glanze zutage treten zu lassen. Wenn sie sich die maßlosen Beschuldigungen vorstellten, die auf ihnen lasteten… von welcher Seite sollten sie dann noch Hilfe erwarten? Welches Eingreifen wäre mächtig genug gewesen, sie zu retten, wenn es nicht von der Vorsehung selbst kam?
Dann wendeten sich ihre Gedanken nach rückwärts, sie durchlebten alle die Kolbenschläge des Unglückes, die sie getroffen hatten, und vorzüglich gedachten sie des Schiffbruches der »Wilhelmina«, der Ursache so vielen Ungemaches, das sie endlich dahin gebracht hatte, wo sie jetzt waren. Ach, es wäre besser gewesen, wenn der »James-Cook« sie nicht von der Insel Norfolk gerettet, besser, wenn der Kapitän Gibson ihre Notsignale nicht bemerkt hätte! Vielleicht wären sie dann auf der öden, menschenleeren Insel Hungers gestorben, dann wäre ihnen wenigstens der schimpfliche Tod am Galgen, der Tod gemeiner Mörder erspart geblieben.
»Pieter!… Pieter! rief Karl Kip, o, unser armer Vater… wenn er noch lebte… wenn er seinen Namen entehrt sähe… diese Schande würde ihn töten.
– Glaubst du denn. daß auch er uns hätte für schuldig halten können?
– Nein, Bruder… niemals… niemals!«
Dann sprachen sie von den Personen, mit denen sie einige Wochen zusammen verlebt hatten, von den edelmütigen Rettern, die ihnen damals eine so warme Teilnahme erwiesen und denen sie so großen Dank schuldig waren. Daß Nat Gibson in seinem Übermaß von Schmerz gegen sie eine so klägerische Haltung angenommen hatte, das begriffen sie recht wohl und hielten es seiner Lage, der des Sohnes des Opfers, zugute. Konnten sie es ihm aber wirklich ganz vergeben, daß er in ihnen die Mörder seines Vaters sehen wollte?
Was Herrn Hawkins betraf, so hatten
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