Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
nachgesucht hatte.
    Am 7. März verbreitete sich in der Stadt das Gerücht, daß die von den Gebrüdern Kip angemeldete Berufung verworfen worden sei. Diese Nachricht bestätigte sich auch in vollem Umfange; sie rief aber nirgends das Gefühl von Verwunderung hervor. Von der ersten Verhandlung in der Sache an hatte man eine Verurteilung, ja ein Todesurteil erwartet, und niemand zweifelte daran, daß diesem eine Hinrichtung folgen werde.
    Kein Mensch dachte natürlich daran. daß der Gouverneur in der scheinbar so klar liegenden Angelegenheit an die Königin gehen, noch daran, daß Hawkins zu diesem Zwecke so drängende Schritte bei jenem getan haben könnte.
    Die Einwohnerschaft Hobart-Towns rechnete also darauf, daß die Vollziehung des Urteils demnächst stattfinden werde, und es ist von der angelsächsischen, wie von der lateinischen Rasse bekannt, daß solch aufregende Ereignisse bei beiden eine unwiderstehliche, ungesunde Neugier entfesseln.
    Erfolgt nach englischem Gesetze das Henken Verurteilter jetzt nicht mehr auf einem öffentlichen Platze, sondern nur in Gegenwart dazu berufener Zeugen, so ist das als ein Fortschritt zu bezeichnen. Die Menschenmenge sammelt sich bei solchen Gelegenheiten aber nichtsdestoweniger in der Nähe des betreffenden Gefängnisses.
    So strömten auch vom 7. März an, noch vor dem Aufgange der Sonne, ja meist schon in den ersten Stunden nach Mitternacht, hier zahllose Neugierige zusammen, um die schwarze Flagge, das Zeichen einer vor sich gehenden Hinrichtung, hissen zu sehen.
    Natürlich befanden sich darunter Flig Balt und Vin Mod, doch auch Len Cannon und seine Kameraden, die alle Hobart-Town noch nicht verlassen hatten. Der Bootsmann und sein Spießgeselle wollten die schwarze Flagge nach Vollstreckung des Urteils mit eigenen Augen niederholen sehen. Dann erst waren sie ja sicher, daß andere für ihr Verbrechen gebüßt hatten. Dann war an eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht mehr zu denken, und die Elenden kehrten mit ihren Gefährten nach der Schankstube in den »Fresh-Fishs« zurück, die gestohlenen Piaster in Whisky und Gin umzusetzen.
    Weder Frau Gibson noch deren Sohn wollte in dieser Zeit in Hobart-Town bleiben; beide gedachten erst nach dem traurigen Abschluß der Angelegenheit dahin zurückzukehren. Als Nat diese Absicht gegen Hawkins äußerte, begnügte sich der Reeder zu antworten.
    »Du hast recht, Nat… es ist besser so!«
    Seit der Urteilsverkündung war Hawkins wiederholt den Matrosen Hobbes, Wickley und Burnes, sowie dem Schiffsjungen Jim begegnet. Die wackeren Leute hatten sich noch nach keiner neuen Anmusterung umgesehen, und vielleicht wollten sie sogar warten, bis der »James-Cook« unter einem neuen Kapitän wieder auslaufen sollte.
    Sie wußten übrigens, daß sie auf Herrn Hawkins rechnen konnten, wenn dieser für die Brigg oder ein anderes Schiff seines Hauses neue Mannschaft suchte. Es versteht sich von selbst, daß sie mit Flig Balt, Vin Mod und mit ihren anderen Genossen von der alten Besatzung der Brigg jeden Verkehr abgebrochen hatten.
    Der 19. März war herangekommen; in der Stadt begann man sich zu wundern, daß der Befehl zur Hinrichtung noch immer nicht eingetroffen war, ein Umstand, der Flig Balt und Vin Mod in deren persönlichem Interesse natürlich beunruhigte. Übrigens hatten sie, wenn die Hinrichtung für längere Zeit aufgeschoben würde, den Entschluß gefaßt, Hobart-Town zu verlassen, und im Hinblick hierauf suchten sie schon nach einem bald zum Auslaufen fertigen Schiffe.
    Da traf im Laufe des 25. eine vom
Lord chief-justice
abgesandte Depesche an Se. Exzellenz den Gouverneur von Tasmanien ein.
    Dessen Gesuch hatte vor Ihrer Majestät der Königin von England und Kaiserin von Indien Gnade gefunden: die über die Gebrüder Kip verhängte Todesstrafe war in die zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verwandelt worden.
Achtes Kapitel.
Port-Arthur.
    Einen Monat nach dem Tage, wo den zum Tode Verurteilten eine Strafverwandlung zugebilligt worden war, arbeiteten zwei Männer unter der Fuchtel der Profose der Strafanstalt von Port-Arthur.
    Die beiden Gefangenen gehörten nicht derselben Rotte an. Einer von dem anderen getrennt und verhindert, auch nur zwei Worte oder einen Blick zu wechseln, gehörten sie nicht einmal derselben Tischgenossenschaft an und teilten auch nicht dieselbe Zelle. Sie gingen, jeder nach seiner Seite, bekleidet mit der schimpflichen Jacke des Galeerensträflings zu ihrer Arbeit hinaus, immer überhäuft von dem

Weitere Kostenlose Bücher