Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
wirklich zu Ende. So lange sie noch lebten, und wäre es selbst innerhalb der Mauern eines Bagno, würden sie doch ihre Unschuld beteuern, und wer konnte denn wissen, ob nicht ein Zufall die Behörden noch auf die Spur der wirklichen Schuldigen führte.
    Nach einer Beratung von fünfunddreißig Minuten ertönte die Glocke der Jury wieder. Sofort nahmen die Geschworenen ihren Platz im Verhandlungssaale wieder ein, sie hatten sich also über ihren Spruch geeinigt.
    Sich drängend, stoßend, hoch erregt und unter großem Lärm stürmten die Zuhörer wieder herein.
    Auch die Richter erschienen sogleich wieder an ihrem Tische und der Vorsitzende verkündigte die Fortsetzung der Verhandlung.
    Der Obmann der Geschworenen wurde aufgefordert, deren Entscheidung mitzuteilen.
    Diese lautete auf »Schuldig« in jeder Hinsicht und ohne Empfehlung mildernder Umstände.
    Jetzt wurden auch Karl und Pieter wieder hereingeführt. Sie gingen nach ihrem Platze, vor dem sie stehen blieben.
    Der Präsident und die Beisitzer berieten einige Augenblicke über die Auswerfung der Strafe für das Verbrechen des Mordes, d. h. der Tötung mit Überlegung.
    Die Angeklagten wurden zum Tode verurteilt, und bei der Verkündigung dieses Urteils machten sich einige Zeichen des Beifalls bemerkbar.
    Nach einem schmerzerfüllten Blicke nahmen sich die beiden Brüder an der Hand, ihre Arme öffneten sich, und ohne ein Wort zu äußern, drückten sie einander innig ans Herz.
Siebentes Kapitel.
In Erwartung der Hinrichtung.
    Von der irdischen Gerechtigkeit hatten die Brüder also nichts mehr zu hoffen: sie hatte sich gegen sie ausgesprochen, sogar ohne Zubilligung mildernder Umstände bezüglich des Verbrechens, dessen man sie bezichtigte. Kein Einwurf des Verteidigers war der Jury von Bedeutung erschienen. Weder die ebenso sichere wie würdige Haltung der Angeklagten bei der Verhandlung, noch der aufwallende Ingrimm Karl Kips, der sich zuweilen in Ausdrücken der Entrüstung Luft machte, oder die ruhigeren Erklärungen Pieter Kips hatten etwas auszurichten vermocht gegen die angeführten Tatsachen, gegen die so hinterlistig auf sie gehäuften Beschuldigungen, gegen die Aussagen des elenden Flig Balt, die zuletzt noch durch die Erklärung des Schiffsjungen Jim bestätigt wurden.
    Bei der Versicherung Karl und Pieter Kips, das Mordinstrument nie wieder in ihren Händen gehabt zu haben, und gegenüber ihrer völlig begründeten Behauptung, daß ein solcher Kriß die gebräuchlichste Handwaffe bei den Eingebornen Melanesiens sei und daß der, an den die Zwinge paßte, jedenfalls einem Bewohner von Kerawara, der Insel York oder einer der Nachbarinseln gehören werde, war wohl zunächst ein gewisser Zweifel berechtigt. Die Aussage des Schiffsjungen, der den vorliegenden Dolch in der Kabine der Brüder liegen gesehen hatte, bewies aber – wenigstens für die Richter – doch, daß die Mordwaffe dieselbe sei, die sie von dem Wrack und an Bord des »James-Cook« mitgenommen hätten, ohne sie darauf jemand zu zeigen.
    Die Verurteilung gewährte der Einwohnerschaft von Hobart-Town eine unverkennbare Befriedigung. In den begreiflichen Haß gegen die angeblichen Mörder des Kapitäns Harry Gibson mischte sich nicht wenig von der bei der angelsächsischen Rasse so hervortretenden Dünkelhaftigkeit, für die es ja keiner weiteren Beweise bedarf. Ein Engländer war es, der hier einem Verbrechen zum Opfer gefallen war, und Holländer waren es, die ihn getötet hatten, wer hätte unter solchen Umständen das geringste Mitleid mit den Verurteilten empfinden können? – Kein Mensch in der Stadt, nicht eine einzige der zahlreichen Zeitungen Tasmaniens, wagte die Stimme zu erheben, um einer Umwandlung der Strafe das Wort zu reden.
    Den Abscheu, der den Sohn des Opfers gegen die Gebrüder Kip erfüllte, darf man diesem ja nicht zum Vorwurf machen. Er glaubte an ihre Schuld so fest, wie er an Gott glaubte, an eine Schuld, deren Nachweis nicht auf schwanken Annahmen, sondern auf greifbaren Tatsachen beruhte. Ableugnungen, Verwahrungen… das war alles, was die Angeklagten übereinstimmenden und bestimmten Zeugnissen entgegensetzen konnten. Nachdem er schon fast daran verzweifelt hatte, die Mörder seines Vaters zu entdecken, hatte er sie jetzt in der Hand, die zwei Ungeheuer, die jenem ihre Rettung verdankten und doch seine Güte, seinen Edelmut mit einer verruchten Mordtat vergolten hatten. Von irgend welchen mehr oder weniger anzuerkennenden Gründen und Einwänden, die zu

Weitere Kostenlose Bücher