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Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Höhle zurückgekehrt, besprachen sie ihre Lage, die sich, wenn es wieder hell wurde, höchst gefährlich gestalten mußte.
    Nach Durchstreifung der nächsten Umgebung von Port-Arthur und nach Absuchung des Waldes bis zur Landenge, dehnten die Verfolger ihre Nachforschungen jedenfalls nach der Küste hin aus, und die Hunde, die ja abgerichtet waren, die Fährten der Sträflinge aufzuspüren, entdeckten dann gewiß die kleine Höhle, worin sich Farnham und seine Genossen zusammengedrängt hatten.
    Während sie noch alles bedachten, was ihnen am nächsten Tage drohte, erwähnte O’Brien auch einmal den Namen der Gebrüder Kip, da er sich des Dienstes erinnerte, den die beiden Holländer ihm geleistet hatten.
    »Nein, sagte er, nein… das sind keine Meuchelmörder!… Sie haben es geleugnet… ich glaube ihrem Worte!
    – Und es sind großherzige Männer, setzte Macarthy hinzu. Wenn sie uns verrieten, hätten sie wohl erwarten dürfen, daß das ihnen hoch angerechnet würde… sie haben es aber nicht getan!
    – Von der Angelegenheit der Ermordung des Kapitäns Gibson habe ich in Hobart-Town wiederholt reden hören, bemerkte Farnham, dort gibt es mehrere Personen, die sich für die Gebrüder Kip warm interessieren, und dennoch glaubt man nicht, daß sie unschuldig verurteilt worden seien.
    – Sie sind aber unschuldig!… Ganz bestimmt! behauptete O’Brien. Und wenn ich jetzt daran denke, mich geweigert zu haben, ihnen die Hand zu drücken! Ach, die armen Menschen!… Nein, sie sind nicht schuldig, und dennoch müssen sie im Bagno von Port-Arthur mitten unter dem Abschaum der Verbrecherwelt schmachten… ebenso wie wir da geschmachtet haben… Wir, nun ja, wir waren hier wegen des Versuches, unser Vaterland den Krallen Englands zu entreißen, und wir hatten draußen Freunde, die sich um unsere Befreiung bemühten. Karl und Pieter Kip aber, die bleiben zeitlebens da eingekerkert!… O, wie undankbar von mir! Als sie uns aufsuchten und uns das von ihnen gefundene Blättchen übergaben, da hätte ich zu ihnen sagen müssen: »Laßt uns zusammen entfliehen! Unsere Landsleute werden euch als Brüder aufnehmen!«
    Langsam verstrich die regnerische, eisige Nacht. Die Flüchtlinge litten von der Kälte, und dennoch erwarteten sie den Tag nur mit größter Besorgnis. Ein Gebell, das ihnen zuweilen ans Ohr schlug, verriet, daß die Hunde auf der Halbinsel losgelassen worden waren. Bei ihrer Gewohnheit, die Sträflinge schon aus der Ferne zu wittern und die Tracht der Anstaltsinsassen zu erkennen, entdeckten die Tiere früher oder später jedenfalls die Felsenhöhle, worin sich Farnham und seine Gefährten verbargen.
    Kurz nach Mitternacht war der Strand von der zunehmenden Flut bedeckt, da der Weststurm das Wasser hierher drängte. Das Meer stieg sogar so hoch, daß es den unteren Teil des Steilufers bespülte. Eine halbe Stunde lang standen die Flüchtlinge fast bis zum Knie im Wasser. Zum Glück schwoll dieses nicht noch weiter an, und der Ebbestrom führte es trotz der Fortdauer des Sturmes allmählich wieder zurück.
    Kurz vor Tagesanbruch zeigte der Sturm aber Neigung zur Abnahme. Der Wind lief nach Norden um, und die Bai wurde damit etwas leichter befahrbar. Farnham, O’Brien und Macarthy durften also hoffen, daß der Wogengang sich mildern werde. Als es hell wurde, war die Besserung schon sehr deutlich merkbar. Brandeten die Wellen auch noch an der Außenseite der Klippen, so hätte schon jetzt doch ein Boot an der Rückseite der Saint-Jamesspitze anlegen können.
    Leider mußte der Abend abgewartet werden, ehe sich die Flüchtlinge wieder herauswagen konnten.
    Farnham machte aus den Lebensmitteln, dem Zwieback und dem Dörrfleische, die er hierher geschafft hatte, drei gleiche Teile. Da der kleine Vorrat nicht erneuert werden konnte, sollte er sparsam verbraucht werden, weil ja auch eine Verzögerung von mehr als achtundvierzig Stunden nicht ausgeschlossen war. Süßwasser konnte am Abend leicht wieder aus dem Bache in der Nähe geholt werden.
    Ein Teil des frühen Morgens verstrich, ohne daß sich irgend etwas Auffälliges ereignete. Der Sturm legte sich gänzlich und zwischen den letzten Wolken des Osthimmels stieg die Sonne heraus.
    »Jetzt, meinte O’Brien, wird das Schiff, das auf der Reede von Hobart-Town liegt, in die Storm-Bai einfahren können und gegen Abend kann es in der Nähe der Halbinsel sein.
    – Man wird aber, antwortete Macarthy, auch die Küste desto sorgsamer überwachen.
    – Nur ruhig Blut,

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