Die Gebrüder Kip
draußen angelegt hat.«
Wie hätten sie das auch erwarten können, wo das Meer so wütend tobte, daß der durch den Sturm von den Wogenkämmen abgerissene Schaum in Fetzen über die Felsenwand flatterte.
Farnham und seine Gefährten wendeten sich jetzt nach links und kletterten nach dem Strande hinunter, um nach dem äußersten Landvorsprünge hinauszugehen.
Dieser bildete ein schmales, von Felsen umrahmtes Kap mit mehreren Wasserlachen und erstreckte sich zwei-bis dreihundert Fuß weit hinaus, wo er an einer Seite eine kleine, nach Norden offene Einbuchtung bildete. Hier hätte ein Boot ruhigeres Wasser gefunden, wenn es über die davor liegenden Klippen hinauskam, woran das Meer jetzt mit ungeheuerer Gewalt anbrandete.
Unter schwerem Kampfe gegen den stürmischen Wind gelangten die Flüchtlinge bis zur äußersten Spitze und suchten hier neben einem mächtigen Felsblocke einigen Schutz. Der Zettel Walters verlangte von ihnen, sich heute an der Saint-Jamesspitze einzufinden, und nun waren sie zur Stelle, freilich, wenigstens für diesen Abend, ohne die Hoffnung, abgeholt zu werden. Der Inhalt des Zettels berücksichtigte ja auch eine solche Verzögerung, sie erinnerten sich dessen Wort für Wort:
»Hätte das Wetter ihm (dem Schiffe) nicht gestattet, die Reede von Hobart-Town zu verlassen und in die Bai einzulaufen. dann warten, bis es vor jener Spitze sichtbar wird, und vom Abend bis zum Morgen scharf darauf Acht haben.«
Was blieb denn übrig. als diesen Anordnungen zu folgen?
»Wir wollen einen Unterschlupf suchen, riet O’Brien, eine Höhlung in der Felswand, worin wir die Nacht und den nächsten Tag verbringen können.
– Doch ohne uns zu weit von der Landspitze zu entfernen, bemerkte Macarthy.
– Kommt nur mit,« sagte Farnham.
In der Voraussicht auf schlechte Witterung hatte dieser bei seinem letzten Sonntagsausgange die wilde, öde Uferstrecke schon näher besichtigt, um an dem steil aufsteigenden Ufer nach einer Höhle zu suchen, worin sich die drei Flüchtlinge bis zum Eintreffen des Bootes verbergen könnten. Farnham hatte eine solche auch in einem Winkel dicht bei der äußersten Spitze gefunden und darin einigen Vorrat an Nahrungsmitteln niedergelegt, darunter Schiffszwieback und konserviertes Fleisch, die er in Port-Arthur eingekauft hatte, und ferner einen Krug, den er aus einem nahen Bache mit Süßwasser füllte.
Bei der jetzigen Finsternis und dem Geheul des Sturmes war es nicht gerade leicht, diese Höhle wiederzufinden, und es gelang den Flüchtlingen auch erst nach Überschreitung des ganzen Strandes, der nur wenig merkbar abfiel.
»Hier… hier ist es,« sagte endlich Farnham.
In einem Augenblicke waren alle drei in der höchstens fünf bis sechs Fuß tiefen Höhle verschwunden, wo sie vor dem Sturme Schutz fanden. Nur bei Hochflut und wenn gleichzeitig ein steifer Wind auf das Land zu wehte, mochte das Wasser bis an ihren Eingang vordringen können; die Lebensmittel, die für achtundvierzig Stunden bequem ausreichen mußten, fand Farnham an ihrem Platze.
Kaum waren seine beiden Gefährten und er in die Höhle geschlüpft, als ein dreifacher Kanonendonner zu ihnen herüberdröhnte, der selbst das Heulen des Sturmes übertraf.
Er kam von der Alarmkanone der Strafanstalt.
»Unsere Flucht ist entdeckt!« rief Macarthy.
– Ja, man weiß jetzt dort, daß wir entwichen sind, setzte O’Brien hinzu.
– Doch noch nicht wieder eingefangen, sagte Farnham.
– Und wir werden uns auch nicht fangen lassen!« erklärte O’Brien.
Zunächst war es nötig, daß die beiden Irländer sich ihrer Ketten entledigten, für den Fall, daß sie nochmals fliehen müßten. Farnham hatte sich dazu schon mit einer Feile versorgt, die nun dazu diente, ein Glied am Fuße zu lösen.
Nach achtjährigem Schmachten im Bagno waren jetzt O’Brien und Macarthy zum ersten Male nicht mehr mit der schweren Fessel des Galeerensträflings belastet.
Es lag auf der Hand, daß in dieser Nacht kein Boot irgendwo an der Küste landen konnte, und wie hätte es auch ein Schiff wagen sollen, sich der gefährlichen Klippenreihe zu nähern, die sich vom Hintergrunde der Storm-Bai bis zum Kap Pillar ausdehnt?
Die Erwartung der Flüchtlinge war jedoch so lebhaft erregt, daß diese die Umgebung der Landspitze dennoch unausgesetzt im Auge behielten. Da sie jetzt niemand sehen konnte, verließen sie auch einigemal ihren Schlupfwinkel und gingen, nach den Lichtern eines Schiffes spähend, am Strande hin und her.
Dann nach
Weitere Kostenlose Bücher