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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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hatten
der Kommissarin beim Umzug geholfen. Dabei war Klößchen eine Bücherkiste auf
den Fuß gefallen — und der Schoko-Fan hatte Goethes gesammelte Werke verflucht:
nicht den Inhalt, aber das Gewicht.
    Glockner hielt hinter dem
Streifenwagen.
    Ein Architekt mit Neigung zu
moderner Sachlichkeit hatte das Haus erbaut, in dem Irma wohnte. Es sah aus wie
ein weißer Würfel mit etlichen Glasflächen, die teils Fenster waren, teils
Wände. Hinter denen hingen mausgraue Vorhänge — in allen Etagen — , weil die
Bewohner sonst wie auf einer Bühne gelebt hätten.
    Spätestens, wenn die Vorhänge
in die Reinigung müssen, dachte Tim, ist das dann Fakt.
    „Jetzt wird es mir bewusst“,
sagte Gaby: „In allen Wohnungen die gleichen grauen Vorhänge. Blöd! Für den
ersten Stock hätte ich Gelb genommen. Und ganz oben Blau.“
    Alle stiegen aus. Auch die
beiden Uniformierten aus dem Streifenwagen. Es waren dieselben, die Irmas
Verschleppung miterlebt hatten. Anhand eines Fotos war die Kommissarin
inzwischen von ihnen identifiziert worden.
    Kein parkender Wagen weit und
breit, dachte Tim. Hier ist niemand mehr. Die Pistoleros haben die Biege
gemacht.
    „Ihr wartet hier!“, sagte
Glockner.
    Dagegen gab’s keinen
Widerspruch. Tim, Gaby, Karl und Klößchen stellten sich an den Zaun. Die Latten
rochen nach Teerfarbe. In dem kleinen Garten, der das Haus umgab, sah die Erde
noch frisch aus. Grassamen war gesät worden, hatte aber noch keinen Rasen
hervorgebracht. Man hatte Sträucher gepflanzt, an denen noch die Etiketten
hingen. Zwei waren eingegangen, vertrocknet — die anderen erst hüfthoch.
    Offenbar war die Haustür nur
angelehnt. Tim beobachtete, wie Glockner sie aufschob.
    Die Beamten traten ins Haus.
    Tim spürte, wie seine Freunde
die Luft anhielten. Jetzt würde es sich erweisen. Im günstigsten Fall hatten
die Pistoleros ihre Geisel — die gefährliche Zeugin — mitgenommen, eine Station
weiter verschleppt. Unvorstellbar — aber dennoch möglich — war die grauenvolle
Möglichkeit, dass Irma — nicht mehr lebte.
    „Lieber Gott!“, flüsterte Gaby.
Mit einer Hand umklammerte sie eine Zaunlatte, mit der andern suchte sie Schutz
zwischen Tims kräftigen Händen.
    Sekunden verstrichen. Später
würden TKKG erfahren, dass auch die Wohnungstür nicht geschlossen, sondern nur
angelehnt war, geradezu einladend.
    Jetzt erschien Spechti an der
Haustür. Er wirkte erleichtert, grinste jedenfalls wie ein Model beim
Interview.
    „Die Wohnung ist leer. Ihr
könnt kommen.“
    Vier Seufzer der Erleichterung.
Alle wetzten los, sogar Klößchen beeilte sich.
    In Irmas Wohnung, die TKKG ja
schon kannten, hatten sich die Beamten verteilt. Blicke suchten. Angerührt
wurde nichts.
    Und Gabys Vater sagte gerade:
„...sehe ich da eine gute Chance auf Fingerabdrücke. Sicherlich haben die Kerle
was angefasst. Spechti, ruf die Kollegen vom Erkennungsdienst an. Wir brauchen
sie.“
    „Jedenfalls haben sie Irma
nicht... nicht umgebracht“, rief Gaby. „Und sie werden es auch nicht tun. Sie
haben eine Polizistin als Pfand. Also werden sie einen Kuhhandel versuchen.
Einen Deal: Irmas Leben gegen Straffreiheit. Ja!“
    „Irgendwas in der Art ist zu
erwarten“, nickte Glockner. „Fasst bitte nichts an. Aber seht euch um. Ihr wart
ja schon hier. Ihr kennt die Wohnung. Vielleicht fällt euch was auf.“
    „Irmas private Pistole“, sagte
Tim, „müsste hinter den Büchern dort liegen. Direkt hinter Goethes Faust,
erster und zweiter Teil. Irma hat uns das Kanönchen gezeigt und dann dort
versteckt. Die Waffe liege dort immer, hat sie gesagt.“
    Glockner griff hinter die
Bücher, fand aber nichts. Er fuhr mit der Hand hinter der gesamten Buchreihe
entlang — ohne Erfolg. „Falls die Waffe nicht woanders liegt, könnte das
bedeuten: Irma hat versucht, an die Pistole zu kommen, wurde aber dabei
überwältigt.“
    In diesem Moment fand
Polizeimeister Müller VI Irmas Umhängetasche. Sie lag hinter der Couch.
    Die sorgfältige Durchsuchung
brachte Irmas entladene Dienstwaffe ans Licht und die üblichen Dinge, die
Frauen mit sich herum schleppen. Aber Dienstausweis und Brieftasche fehlten —
nicht das Portemonnaie, in dem etwas Münzgeld und Briefmarken waren, außerdem
die entwertete Einlasskarte zu einer Kunstausstellung und eine Telefonkarte mit
Schmetterlings-Abbildungen auf der Rückseite, nämlich Schwalbenschwanz,
Tagpfauenauge, Apollofalter, Postillion und Schwarzflecken-Bläuling.
    Spechti hatte sich beim Öffnen
der

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