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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Tasche dünne Gummihandschuhe übergestreift. Die ließ er jetzt an und hielt
die Hände vor sich wie ein Chirurg vor seiner ersten Operation.
    „Das Telefonbuch fehlt“, sagte
Karl.

    Alle sahen ihn an.
    „Welches Telefonbuch?“, fragte
Gabys Vater. „Unser städtisches, dickleibiges, zweibändiges
Teilnehmer-Verzeichnis liegt neben dem Apparat.“
    Irmas Festanschluss stand in
einem Regal an der Wand.
    „Aber sie hat außerdem ein
privates Verzeichnis“, erklärte Karl. „Ein hübsches, altmodisches Telefonbuch,
in Leder gebunden. Ich weiß das so genau, weil es aus einer der Umzugskisten
rausfiel, die ich transportiert habe. Irma zeigte mir das Buch. Alle
Eintragungen waren in Tinte geschrieben. Alles Freunde oder gute Bekannte,
sagte sie.“
    „Vielleicht liegt es woanders“,
meinte Spechti.
    Sie suchten. Doch Irmas
privates Telefonbuch war nicht mehr da.
    In diesem Moment klingelte der
Apparat im Regal.
    Einer der Freunde?, dachte Tim
rasch. Ein guter Bekannter? Oder die Dekorationsfirma, die den Auftrag hat, die
grauen Vorhänge gegen andere auszutauschen, haha?
    Glockner hatte schon die Hand
zum Hörer ausgestreckt, zögerte aber.
    „Ich glaube, das sind sie.“
    „Die Pistoleros?“, fragte
Klößchen.
    Der Kommissar nickte. „Kann
mich täuschen. Aber ich habe so das Gefühl. Wenn die anrufen, dann wollen sie
verhandeln. Zu leicht dürfen wir’s ihnen nicht machen. Die wissen natürlich,
dass Irmas Kollegen jetzt hier sind. Aber... wir könnten uns ja auch ein wenig
verspäten. Und ein Bekannter meldet sich, der zufällig vorbeikommt und die Tür
offen findet. Tim, du hast so was schon gemacht. Du bist cool. Willst du?“
    Ein Sprung — und Tim hatte den
Hörer in der Hand.

7.
Verschleppt zum Seuchen-Acker
     
    Irma konnte nichts sehen. Sie
saß im Fond des dunklen VW, Hajo, die Stahlfeder, neben ihr. Bert fuhr.
    Die beiden hatten ihr
Heftpflaster über die Augen geklebt und dann eine Sonnenbrille aufgesetzt. So
war die Kommissarin aus ihrer Wohnung hinaus geführt worden und — mit Hajos
Hilfe — in den Wagen gestiegen. Nur aus unmittelbarer Nähe hätte ein Passant
oder ein Nachbar bemerken können, dass Irmas Augen verklebt waren.
    Immerhin, dachte sie, kann das
bedeuten: Sie wollen mich am Leben lassen. Aber ich soll nicht wissen, wohin
sie mich bringen. Oder sie machen das nur, um mich in Ruhe zu wiegen. Damit ich
denken soll, dass es so läuft. Damit ich mich still verhalte, nicht um mich
schlage, damit sie’s bequemer haben. Aber die Überlegung ist müßig, denn fügen
muss ich mich sowieso.
    Wohin ging die Fahrt? Anfangs
hörte Irma Straßengeräusche. Dann wurde es stiller. Aber immer noch befanden
sie sich in der Stadt. Etwa zehn Minuten vergingen. Jetzt wehte nur noch lauer
Wind zu den Fenstern herein. Die Muzak ( Hintergrundmusik ) bestand aus
Vogelstimmen, dem Rauschen von Blättern und Zweigen, einmal fernem
Glockenläuten.
    Wir sind im Umland, dachte sie.
Die Stadt liegt hinter uns. Aber wo sind wir?
    Die beiden redeten kein Wort.
Offenbar brauchten sie das nicht. Blicke zur Verständigung genügten.
    Und weiter ging die Fahrt.
Endlich, nach etwa einer Dreiviertelstunde, brach Bert das Schweigen.
    „Kennst du den
Gniprasch-Acker?“, fragte er.
    „Fragst du mich?“, wollte Irma
wissen, obwohl ihr klar war, dass er sie meinte.
    „Ja, dich. Hajo kennt ihn.
Also?“
    „Nein, kenne ich nicht. Nie
gehört.“
    „Das ist ein ehemaliges
Truppen-Übungsgelände.“
    „Aha.“
    „Jetzt Sperrgebiet. Weil dort
mit radioaktiver Munition rumgeballert wurde und die noch anderen
gesundheitsschädlichen Irrsinn betrieben haben, ist die Gegend verseucht.“
    „Wollt... wollt ihr mich dort
hinbringen?“
    „Erraten. Aber keine Sorge! Bei
‘nem kurzen Aufenthalt von einigen Tagen fallen dir nicht gleich die Haare aus.
Oder die Zähne. Jedenfalls ist die Gegend sicher. Weil da niemand rumsockt.“
    „Und ich? Was soll ich dort?“
    „Du logierst ein in ‘nem
Bunker. Der ist nicht sehr gemütlich. Aber mit ‘nem Fünf-Sterne-Hotel rechnest
du ja sicherlich nicht. Ja, wir kerkern dich ein. Die schweren Beton-Türen kann
man von außen verriegeln. Durch die Schießscharten kriegst du Luft. Also keine
Panik. Außerdem kommt Hajo nochmal vorbei. Bringt dir ‘nen Kasten Limo, Futter
und Decken. In ein paar Tagen kommst du ohnehin frei.“
    „Was... habt ihr vor?“
    „Wissen wir noch nicht.
Wahrscheinlich werden wir mit deinen Kollegen verhandeln.“
    „Das... macht doch

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