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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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verständigt. Die hat zu ‘ner Fangschaltung geraten und
Vorsicht befohlen. Na ja.“
    „Ist Becker finanziell auf der
Höhe?“
    „Ein Gipfelstürmer.“
    „Hat er mehr Geld als Anna?“
    „Die hatte mal Geld. Jetzt
nicht mehr. Das dumme Mädchen hat alles verschwendet.“
    „Aber die Villa, das
Grundstück.“
    „Mehr ist ihr nicht geblieben.
Allerdings ist das ein schöner Besitz.“
    Eine neue Situation, dachte
Tim. Wenn Anna mittellos ist, kann sie kein Lösegeld aufbringen. Es sei denn...
    „Letzte Frage, Gero: Würde
Becker seiner Tussi finanziell unter die Arme greifen — im Notfall? Mit einer
wirklich großen Summe, meine ich.“
    „Geht’s um Erpressung, Tim?“
    „Möglicherweise. Wir wissen es
noch nicht. Ist bis jetzt nur Vermutung.“
    „Hm... Hm...! Tja, bei der
Frage muss ich passen. Wie ich Becker einschätze, gibt es nur zweierlei, wofür
er seine ewige Seligkeit eintauschen würde: Geld und die Aussicht zehn
Zentimeter größer zu werden.“
    „Wie hoch ist er?“
    „Wie ein Schäferhund mit
Zylinder.“
    „Er rückt also kein Geld raus —
nicht mal für eine Liebste.“
    „Ich weiß es nicht, Tim.
Möglich ist alles. Manchmal spenden Mafiabosse für die Erdbebenopfer, dass
einem die Tränen kommen.“
    „Hoffentlich habe ich Sie nicht
zu lange aufgehalten, Gero.“
    „Für mich ist jetzt der
Höhepunkt des Tages.“
    „Dann Gute Nacht! Und vielen
Dank!“
    Tim klappte das Handy zu,
schloss das Flurfenster und lief die Treppe hinunter in den Parterre-Flur, wo
sich die so genannte Besenkammer befindet, eine Telefonkabine. Dort lag das
zweibändige, kiloschwere, städtische Telefonbuch aus. Die Firma Becker
& Henrich war eingetragen. Außerdem fand er die privaten Anschlüsse
der beiden — einschließlich der Handy-Nummern. Die Eintragung Norbert Becker
gab’s zwar neunmal. Aber nur einer hatte — dankenswerterweise — den Zusatz:
Bauunternehmer.
    Es ging auf halb vier. Draußen
wurde der Nachthimmel graustichig. Selbstverständlich rief Tim jetzt niemanden
an. Becker und/oder die bei ihm weilende Anna wären sicherlich gar nicht an den
Apparat gegangen. Oder Tim hätte unwiederbringlich alles Wohlwollen verspielt
und keine Auskunft bekommen.
    Jetzt also nicht. Aber nachher
um sieben!
    Der TKKG-Häuptling schlich ins
Adlernest zurück, schlüpfte unter die dünne Sommerdecke und schlief sofort ein.
    Gerade begann ein angenehmer
Traum, als Tim an der Schulter gepackt und gerüttelt wurde. Ein Untier im
Adlernest, das ihn aus dem Bett zerren wollte?
    Er fuhr hoch, die Faust schon
geballt.
    Klößchen stand vor ihm,
schlaftrunken zwar, aber mit blitzenden Augen.
    „Verschlafen! Du hast
verschlafen, Tim. Der Wecker ist abgestellt. Du willst doch den
Szene-Schleicher anrufen!“

    „Wieso bist du wach?“
    „Ha! Weil ich meinen
Mini-Reisewecker unters Kopfkissen gelegt habe. Dann piepst er nur wie ‘ne
Maus. Aber wenn ich durch die Tiefschlafphase durch bin, höre ich alles.“
    „Danke, Willi, für deine
Hilfe.“ Tim gähnte. „Aber die Quarktorte ist schon gegessen. Nachher um sieben
erzähle ich dir alles. Jetzt brauche ich Schlaf. Sonst werde ich, wie du weißt,
zum Schulversager und so weiter. Also, Gute Nacht!“

17.
Todesfälle
     
    Im Buchenforst hing der
Morgennebel zwischen den Bäumen. Frühe Vögel übten Begrüßungs- und
Paarungsgesänge. Eine Rehgeiß verhoffte am Rande einer Dickung und erste
Sonnenstrahlen spiegelten sich in den braunen Augen. Das Tier verhielt sich
vorsichtig, aber ohne Angst — als wüsste es, dass die Jagdsaison für weibliches
Rehwild nicht vor dem 1. September beginnt. Und dann bis Ende Januar dauert.
Schonzeit! Allerdings nicht für Böcke. Für die hieß es aufpassen. Jagdzeit von
Mitte Mai bis Mitte Oktober.
    Bei einem kapitalen Rehbock
wollte Lothar Henrich heute zum Schuss kommen. Becker hatte was anderes vor.
    Er kam allein zu dieser sehr
frühen Stunde. Der Motor seines Jeeps dröhnte. Eine geschotterte Waldstraße
führte durch den Buchenforst, war auch im Winter mit Schneeketten befahrbar.
Die Straße endete beim Jagdhaus, einem wahrhaft stattlichen Gebäude:
Blockhäusig, aber unterkellert und winterfest, alle Fenster ringsum elegant
vergittert. Menschenfeinde, Aussteiger, Jagdaufseher hätten darin wohnen
können. Normalos wäre es zu einsam gewesen.
    Das Jagdhaus stand am Rande
einer Lichtung. Norbert Becker hielt und stieg aus. Sorgfältig sah er sich um.
Aber hier war niemand. Nicht mal Jogger und Pilzsammler liebten

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