Die Gefangene des Elfen 2: Insel des Vergessens (Elven Warrior Series) (German Edition)
aus etwas Gras, einigen Bäumen und meiner Hütte zu bestehen scheint. Mit einem Mal bin ich mir sicher, dass der See groß und tief sein muss. Das andere Ufer kann ich nicht erkennen, aber es ist unmöglich, zur anderen Seite zu schwimmen. Es ist nicht nur ein Gefühl. Ich weiß es. Und ich weiß auch, dass ich vollkommen allein bin.
Dennoch macht es mir keine Angst, allein zu sein. Diese Insel scheint ihre ganz eigene Magie zu besitzen. Sie gehört mir, und ich bin damit glücklich, für immer hier zu bleiben. Ich werde einfach am Ufer sitzen und meine Füße im kühlen Wasser baden, während ich in den Nebel hinausblicke. Es ist wunderschön hier. Anscheinend gibt es nichts auf dem Eiland, das als Nahrung dienen könnte, aber ich fühle mich nicht hungrig. Eigentlich denke ich, dass ich überhaupt nicht mehr essen muss, niemals. Vielleicht ist hier alles möglich.
Trotz meiner neuen Kleider bin ich immer noch verdreckt und stellenweise mit Blut beschmiert. Daher streife ich schnell das Kleid und Untergewand ab, bevor ich ins Wasser wate. Es gibt weder Seife noch ein Handtuch, aber das Bad fühlt sich auf meinem nackten Körper himmlisch an. Nach und nach wasche ich all das Blut, all den Schmutz von mir ab, sämtliche Überbleibsel meines anderen Lebens. Es ist mir inzwischen gleichgültig, was früher mit mir geschehen ist. Vielleicht ist es besser, wenn ich mich nicht erinnere.
Dennoch gibt es immer noch so etwas wie eine entfernte Erinnerung, die meinen langen Schlaf des Vergessens überstanden hat. Das Wissen ist irgendwo in den Tiefen meiner Seele versteckt, wie ein lebendes, fühlendes Wesen. Jedes Mal, wenn ich es für einige Augenblicke vergesse zu ignorieren, lässt allein der Gedanke, dass es noch da ist, mein Herz weinen vor Kummer. Es macht mich wütend, dieses unbekannte Wesen. Was ist es nur, dieses Flüstern, dieser Gedanke, der mir immer wieder im letzten Moment entgleitet, wenn ich nach ihm suche? Aber nein, ich will mich nicht erinnern. Lass mich in Ruhe, flüstere ich, inständig hoffend, dass dieser ungewünschte Teil meiner Selbst meinen Wunsch befolgt.
Plötzlich fühle ich, dass es seine Veränderung geben wird. Ich kann es in der Luft riechen. Selbst der Nebel scheint sich anders zu bewegen als zuvor. Er streckt seine bleichen Finger nach mir aus, als ob er mich warnen will. Ich blicke auf das Wasser nieder, das gerade noch so still und ruhig war, glatt wie ein Spiegel. Jetzt sind da winzige Wellen, die meine Brüste umspielen. Es fühlt sich wie Berührung eines Geliebten an, und für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und genieße die Vorstellung. Aber eine Veränderung würde den kostbaren Frieden stören, den ich gerade erst gefunden habe, und ich will nicht, dass so etwas passiert. Wütend steige ich aus dem Wasser und ziehe mich rasch an. Dann stehe ich am Strand, lausche in die Stille hinein.
Etwas kommt durch den dichten Nebel. Zuerst weiß ich nicht, was es ist, doch dann nimmt allmählich die lang gezogene Form eines schmalen Schiffes Gestalt an. Es ist ein eher kleines Gefährt, aber seine Schönheit raubt mir den Atem. Obgleich es stark einem Drachenboot der Wikinger ähnelt, besteht es nicht aus Holz. Es ist komplett aus Silber, verziert mit unzähligen Symbolen in einer unbekannten Sprache. Ich weiß instinktiv, dass nur ein Zauber dieses Schiff aus Metall so leicht über das Wasser dahingleiten lassen kann, ohne auch nur das leiseste Geräusch zu verursachen.
Als das Schiff wie ein silberner Dolch den Nebel durchschneidet, sehe ich ihn am Bug stehen. Einen Mann - falls er überhaupt ein Mann ist und nicht ein Geist, der einem anderen Leben entstammt und mich nun heimsucht. Groß und breitschultrig, trägt er Hosen aus weichem schwarzen Leder, Stiefel und eine lange weiße Tunika, die sich über seinen starken Muskeln spannt. Ein Schwert in einer juwelenbesetzten Scheide hängt an einem Gürtel um seine Taille.
Auch wenn ich ihn durch den Nebel noch nicht ganz klar sehen kann, fühle ich bereits seine beeindruckende Gegenwart. Seine stolze Haltung und offensichtliche Stärke lassen keinen Zweifel daran, dass er ein Krieger sein muss. Jede seiner Bewegungen strahlt Macht aus, und mit einem Mal laufen kleine Schauer der Erregung über mein Rückgrat. Sein langes, goldenes Haar fällt wild und offen über seine Schultern und verleiht ihm das Aussehen eines heidnischen Engels. Mein Mund fühlt sich trocken an. Ich kämpfe gegen das Verlangen, vor Entzücken zu
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